[1]
Zum Begriff Hufen , VwProzR, 11. Aufl. 2019, § 10 Rn. 6 ff.
2. Teil Repetitorium im Verwaltungsprozessrecht› 2. Kapitel Aufbaufragen› D. Klagehäufung und Beiladung
D. Klagehäufung und Beiladung
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Um keine Sachentscheidungsvoraussetzungenhandelt es sich bei der Zulässigkeit einer Klagehäufung sowie der unterbliebenen Beiladung. Liegen nämlich die Voraussetzungen für eine Klagehäufung nach § 44 VwVO nicht vor, so werden die Klagebegehren getrennt[1]. Und im Falle einer zuvor übersehenen Beiladung kann nachträglich beigeladen werden[2]. Daher empfiehlt sich eine Erörterung beider Aspekte zwischen den Sachentscheidungsvoraussetzungen und der Begründetheit[3]. Während die Klagehäufungselten Eingang findet in Klausuren[4], ist die Beiladung nach § 65 VwGO in Übungs- und Examensklausuren häufiger anzutreffen. Mit Blick auf die Beiladungist die einfache und die notwendige Beiladung zu unterscheiden, § 65 VwGO. Voraussetzung für eine einfache Beiladung ist nach § 65 Abs. 1 VwGO, dass die rechtlichen Interessen eines Dritten berührt werden[5]. Sie steht im Ermessen des Gerichts („kann“). Kann die Entscheidung hingegen nur einheitlich auch dem Dritten gegenüber ergehen, so muss nach § 65 Abs. 2 VwGO beigeladen werden (notwendige Beiladung). Die in der Klausurpraxis bedeutsamste Fallkonstellation einer notwendigen Beiladung[6] bildet die Drittanfechtungsklage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung. Denn ist eine solche Klage erfolgreich, wird die Baugenehmigung gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO aufgehoben und damit zugleich die Rechtslage auch mit Wirkung für den Bauherrn gestaltet.
[1]
Hierzu sowie zu den Anforderungen Hufen , VwProzR, 11. Aufl. 2019, § 13 Rn. 14.
[2]
Kopp/Schenke , VwGO, 26. Aufl. 2020, § 65 Rn. 41.
[3]
Erbguth/Guckelberger , AllgVerwR, 10. Aufl. 2020, § 20 Rn. 33.
[4]
Zu den Anforderungen und Rechtsfolgen Hufen , VwProzR, 11. Aufl. 2019, § 13 Rn. 13 ff.
[5]
Beispiele bei Kopp/Schenke , VwGO, 26. Aufl. 2020, § 65 Rn. 8 f.
[6]
Weitere Beispiel bei Kopp/Schenke , VwGO, 26. Aufl. 2020, § 65 Rn. 17 ff.
2. Teil Repetitorium im Verwaltungsprozessrecht› 3. Kapitel Rechtsbehelfe in der Hauptsache
3. Kapitel Rechtsbehelfe in der Hauptsache
2. Teil Repetitorium im Verwaltungsprozessrecht› 3. Kapitel Rechtsbehelfe in der Hauptsache› A. Die Anfechtungsklage
A. Die Anfechtungsklage
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Teil 1: Sachentscheidungsvoraussetzungen einer Anfechtungsklage
1. |
Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs – § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO |
2. |
Anfechtungsklage als statthafte Verfahrensart – § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO |
3. |
Verfahrensartabhängige Sachentscheidungsvoraussetzungen a) Klagebefugnis – § 42 Abs. 2 VwGO b) Die Durchführung eines Vorverfahrens – §§ 68 ff. VwGO c) Die Einhaltung der Klagefrist – § 74 Abs. 1 VwGO |
4. |
Sachliche, instanzielle und örtliche Zuständigkeit des Gerichts – §§ 45 ff. VwGO |
5. |
Beteiligtenbezogene Sachentscheidungsvoraussetzungen – §§ 61 ff. VwGO |
6. |
Ordnungsgemäße Klageerhebung – §§ 81 ff. VwGO |
7. |
Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis |
8. |
Fehlen der Rechtshängigkeit und einer rechtskräftigen Entscheidung |
Teil 2: Begründetheit einer Anfechtungsklage
1. |
Obersatz |
2. |
Passivlegitimation |
3. |
Ermächtigungsgrundlage |
4. |
(formelle und materielle) Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen |
5. |
Rechtsverletzung |
II. Erläuterungen zum Aufbauschema – Zulässigkeitsfragen
1. Zur Statthaftigkeit der Anfechtungsklage
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Ergibt eine Prüfung des Begehrens, dass der Kläger eine bestimmte hoheitliche Maßnahme angreift, ist zunächst zu prüfen, ob diese Maßnahme ein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfGist. Jedes der dort aufgeführten Kriterien muss erfüllt sein, um zur VA-Qualität einer Handlung gelangen zu können. Für die Klausurbearbeitung ist zu beachten, dass die Einordnung einer Maßnahme als Verwaltungsakt in vielen Fällen unproblematisch ist, etwa bei einer Anordnung durch einen Polizisten oder einer Baugenehmigung. In solch eindeutigen Fällen sind die Ausführungen knapp zu halten. Lediglich problematische Fälle sind zu vertiefen. Zur Wiederholung sei auf die einschlägigen Lehrbücher zum allgemeinen Verwaltungsrecht verwiesen[1]. Zudem muss der Verwaltungsakt dem Adressaten gegenüber wirksam geworden sein durch Bekanntgabenach § 41 VwVfG[2], und er darf nicht aufgehoben worden sein oder sich in sonstiger Weise erledigt haben (§ 43 Abs. 2 VwVfG).
78
Darüber hinaus muss der Verwaltungsakt belastendsein, also eine für den Betroffene nachteilige Regelung enthalten. Dies ist einfach zu bejahen bei Verwaltungsakten im bipolaren Verwaltungsrechtsverhältnis, welche sich ausschließlich an den Adressatenrichten, etwa eine Platzverweisung durch einen Polizisten oder die Abrissverfügung durch eine Bauaufsichtsbehörde. Allerdings kann auch ein den Adressaten begünstigender Verwaltungsakt für Dritte eine belastende Wirkung enthalten. Solche begünstigenden Verwaltungsakte mit belastender Drittwirkung[3] sind insbesondere im öffentlichen Baurecht anzutreffen: Die Baugenehmigung begünstigt den Bauherrn, belastet aber den Nachbarn, dessen Zufahrt zu seinem Grundstück beeinträchtigt wird. Auch in solchen Konstellationen ist eine Anfechtungsklage statthaft, die dann folgerichtig als Drittanfechtungsklage bezeichnet wird.
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Aus der Gegenüberstellung von § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO einerseits und § 43 Abs. 1, 2. Alt. VwGO andererseits ergibt sich, dass sich die Anfechtungsklage auf einen rechtswidrigenVerwaltungsakt bezieht, während bei einem nichtigenVerwaltungsakt die Nichtigkeitsfeststellungsklage statthaft ist. Wegen der oftmals diffizilen Abgrenzung zwischen schlicht rechtswidrigen und nach § 44 VwVfG nichtigen Verwaltungsakten gestattet die überwiegende Ansicht aber auch bei nichtigen Verwaltungsakten eine Anfechtungsklage[4].
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Besonderheiten gelten bei Nebenbestimmungenzu einem begünstigenden Verwaltungsakt[5]. Nach früher h.M. war hier zwischen einer Bedingung und einer Auflage zu unterscheiden: Die Bedingung war nicht selbstständig angreifbar, die Auflage als VA konnte eigenständig angefochten werden[6]. Nach inzwischen h.M., welche sich auf den Wortlaut des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO stützt („soweit“), können nunmehr grundsätzlich alle belastenden Nebenbestimmungen angefochten werden[7]. Eine isolierte Aufhebung als Frage der Begründetheit ist jedoch nur möglich, wenn der verbleibende Verwaltungsakt für sich genommen rechtmäßig ist[8]. Anders verhält es sich indessen bei der sog. modifizierenden Auflage, die anders als eine echte Auflage keine zusätzliche Leistungspflicht begründet, sondern den Inhalt einer Genehmigung modifiziert. Wegen dieser Wirkungsweise ist hier eine Verpflichtungsklage auf Erteilung einer „unmodifizierten“ Genehmigung statthaft[9].
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