Hoch-/Tieffußtechnik
Der Einsatz von Hoch- und Tieffußnadeln oder Lang- und Kurzfußnadeln gestattet bei entsprechender Schlossschaltung eine Nadelgruppenauswahl, die während der Gestrickherstellung nicht verändert werden kann.
Die unteren und oberen Austriebsteile (1, 2) des in Bild 4.6 dargestellten Schlosses können in der Höhe über den Nadelfüßen verstellt werden. Da die Zungennadeln mit hohen und tiefen Nadelfüßen ausgestattet und mustermäßig in die Nadelkanäle gesetzt werden können, sind je nach Schlossschaltung und je nach Hebung/ Senkung des Schlossteiles Maschen, Henkel und Flottungen herstellbar. Die Maschen entstehen dadurch, dass die Austriebsteile die Nadeln ganz austreiben (Maschenschleifen hinter den Zungen) und die Abzugsteile die Nadeln nach der Fadenlegung wieder abziehen. Der Henkel entsteht durch Ausschaltung des oberen Austriebsteiles. Dadurch gelangt die Nadel mithilfe des unteren Austriebsteiles in die Fangstellung (Maschenschleifen noch auf der Zunge), erhält einen Faden und wird wieder abgezogen (Bild 4.54). In der nächsten Maschenreihe kann durch Schlossschaltung eine Masche oder ggf. noch ein Henkel gebildet werden.
Bild 4.54: Bildung des Henkels, 1 = Hochfußnadeln, 2 = Tieffußnadeln,
= eingeschaltetes Schlossteil,
= halb geschaltetes Schlossteil
Eine Musterung mit zwei oder mehreren Henkeln über der gleichen Masche nennt man eine Noppe (Bilder 4.55, 4.56, 4.57, 4.58).
Zur Bildung von Flottungen werden die unteren Austriebsteile ausgeschaltet (Bild 4.61), sodass die Nadeln nicht aus dem Nadelkanal austreten, dadurch keinen Faden erhalten und auch nicht Maschen bzw. Henkel bilden. Da andere Nadeln mit hohen Füßen möglicherweise Maschen bilden, flottiert der Faden hinter den Nadeln, die nicht ausgetrieben wurden (Bild 4.62). Um diese Vorgänge zur Bildung von Maschen, Henkeln und Flottungen noch anschaulicher zu machen, sollen zunächst die in den Bildern 4.57 und 4.62 dargestellten RL-Gestricke als Übung benutzt werden. In diesen Übungen soll eine einfache Nadelauswahl, die Hoch- und Tieffußtechnik verwendet werden.
Bild 4.55: Vier Henkel (Noppe) über einer Masche in einer RL-Einfaden-Maschenware
Bild 4.56: Mehrere Henkel über einer Masche in der RL-Einfaden-Maschenware (linke Warenseite), 1 = mehrere Henkel (Noppe), 2 = verhängte Masche
Bild 4.57: Gestrick mit Noppen, I = Hochfußnadeln, II = Tieffußnadeln, 1–4 = Maschenreihen
Bild 4.58: Noppen in einem RR-Gestrick,1 = Noppe
Bild 4.59: Nadellauf für das Maschenbild Bild 4.57
Bild 4.60: Schlossschaltungen für Maschenbild Bild 4.57
In der ersten Maschenreihe (Bild 4.57) werden von allen Nadeln (Hoch- und Tieffußnadeln) Maschen gebildet. Bei der Schlittenbewegung von rechts nach links bewegen sich die Nadeln über die eingeschalteten unteren und oberen Austriebsteile a und c (Bilder 4.59, 4.60). In der zweiten Maschenreihe sollen mit den Tieffußnadeln Henkel gebildet werden. Aus diesem Grunde wird das Schlossteil d halb ausgeschaltet, sodass die Hochfußnadeln stricken und die Tieffußnadeln fangen. In gleicher Weise wird die dritte Maschenreihe durch entsprechende Schaltung des oberen Austriebsteiles c gearbeitet. In der vierten Maschenreihe sind wieder alle Schlösser eingeschaltet, sodass alle Nadeln stricken.
Bild 4.61: Bildung der Flottung, 1 = Hochfußnadeln, 2 = Tieffußnadeln,
= eingeschaltetes Schlossteil,
= halb geschaltetes Schlossteil
Bild 4.62: Gestrick mit Flottungen, I = Hochfußnadeln, II = Tieffußnadeln, 1, 4 = Maschenreihen
Die erste Maschenreihe des Bildes 4.62 entsteht dadurch, dass wiederum alle Nadeln Maschen bilden. Die Schlossteile a und c (Bilder 4.63, 4.64) sind deshalb eingeschaltet. In der zweiten und dritten Reihe bilden die Hochfußnadeln Maschen und die Tieffußnadeln Flottungen. Dazu sind die unteren Austriebsteile b und a halb versenkt. In der vierten Maschenreihe sind die Schlösser wieder eingeschaltet.
Bild 4.63: Nadellauf für das Maschenbild Bild 4.62
Bild 4.64: Schlossschaltungen für Maschenbild Bild 4.62
Die Arbeitsweise mit Hoch-/Tieffußnadeln gestattet, dass z. B. Hochfußnadeln stricken und Tieffußnadeln fangen. Eine Umkehrung dieses Prozesses (Tieffußnadeln stricken, Hochfußnadeln fangen) ist nicht möglich. Deshalb sind die Mustereffekte von der Nadelgruppenauswahl abhängig, also nadelgebunden übereinander angeordnet (z. B. Bilder 4.65 und 4.66).
Lang/Kurzfußtechnik
Um dennoch Henkel, Flottungen oder dergleichen reihenweise versetzt arbeiten zu können, kann man Lang-/Kurzfußnadeln benutzen, die mustergemäß eingesetzt und von unabhängig schaltbaren, übereinander angeordneten Schlössern betätigt werden (Bilder 4.67, 4.68). Diese Arbeitsweise wird in der Rundstrick-Technologie mit „Zweikanaltechnik“ bezeichnet. Auch Muster mit farbigen und strukturierten Karos oder Längsstreifen (Bilder 4.69, 4.70) können mit dieser Lang-/Kurzfußtechnik (Bild 4.71) verwirklicht werden und wurden infolge der acht Schlösser (Bild 4.68) früher in der Flachstrickerei als Achtschlossmuster bezeichnet.
Bild 4.65: RR-Fangmusterung (Noppen) mit Hoch- und Tieffußnadeln im vorderen Nadelbett, H = Hochfußnadel, T = Tieffußnadel
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