»Die meisten Opfer sind junge Frauen die in prekären Lebensumständen stecken. Bevorzugt sprechen sie Studentinnen an, die mit dem Kleingeld was sie als Kellnerin verdienen ihr Leben und ihr Studium finanzieren. Sie locken sie alle mit kleineren Beträgen, wie 2000 bis etwa 5000 Dollar für einfache Botendienste. Irgendwo etwas abholen und an einem anderen Ort wieder abstellen. Die Polizei tappt nach wie vor im Dunkeln. Sie haben sogar schon versucht einen Verdächtigen nur zu beschatten und darauf zu warten, wer das gelieferte Päckchen abholt, aber auch nach drei Tagen war noch niemand daran interessiert. Als sie das Paket dann selbst geholt haben war es leer. Der Inhalt war wie von Zauberhand verschwunden, obwohl sie das Paket die ganzen drei Tagen nicht aus den Augen gelassen hatten. Was die Beamten in Texas versucht haben wäre auch mein erster Ansatz gewesen. Die haben nur den Lieferant mit Zivilbeamten beobachtet und darauf gewartet was passiert. Aber auch nach mehr als einem Monat wurde er nicht wieder beauftragt. Irgendjemand der Gruppierung die hinter SNB steht muss entweder die ganzen Kuriere überwachen, oder Verbindungen in die höchsten Polizeikreise haben.«
»Das wird ja immer besser«, maulte Ashleigh Spears ihren Kollegen an. »Da verschwindet Material aus Paketen die überwacht werden und die Kuriere werden nicht mehr eingesetzt, wenn wir sie im Auge behalten. Das ist ja wie verhext! Aber könnten wir nicht mit ein bisschen Überwachungstechnik zumindest die Empfänger ausfindig machen?«
»Wie soll das gehen?«, fragte Cooper verwirrt. »Die lassen ihre Pakete nicht unbeaufsichtigt. Wir können da nicht einfach einen Sender anbringen und darauf warten, dass es abgeliefert wird.«
Spears lächelte geheimnisvoll, »Wenn wir einen Kurier umdrehen können dann schaffen wir es auch ein Paket nachzuverfolgen.«
Während die Boeing in zehn Kilometer Höhe weiter Richtung Westen flog diskutierten die beiden Ashleighs Vorschlag. Die Frage war nur wie man einen Kurier umdrehen konnte ohne das die SNB Leute nichts davon mitbekamen. Ganz egal aus welcher Perspektive sie das Problem aber auch betrachteten kamen sie zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. Das Problem war einfach nicht zu lösen. Jede Möglichkeit die sie besprachen, führte immer wieder in die gleiche Sackgasse. Eine Lieferung die nicht aus den Augen gelassen wurde konnte man nicht einfach mit einem Sender versehen, ohne dass es jemand mitbekam. Sie brauchten andere Lösungsansätze.
Dann berichtete Cooper vom letzten Kurier den die Kollegen in Portland festgenommen hatten. »Edwin Nash hat fast 18 kg Crystal Meth aus dem Kofferraum eines Wagens der an einer Umgehungsstraße abgestellt war herausgeholt. Sein Auftrag war es die hochgefährliche Droge nach Sacramento in Kalifornien zu bringen. Als er sie übernommen hatte wurde er von den Kollegen einkassiert. Leider hielt er sich für einen Geheimagenten der seinen Auftrag zu Ende bringen musste und fing an sich gegen seine Festnahme zur Wehr zu setzen. Ein junger Streifencop, der ihn mit seiner Dienstwaffe in Schach halten wollte, um seinen Vorgesetzten zu sichern war allerdings so nervös bei der Geschichte das sich ein Schuss gelöst hat. Er traf Mister Nash so unglücklich in den Oberbauch, dass sein Projektil erst den Magen durchlöcherte und anschließend die Milz zerfetzte. Der 19 Jahre alte Aushilfsarbeiter wurde in der Klinik notoperiert und konnte durch die Ärzte gerettet werden. Die Kollegen haben sein Appartement durchsucht und fanden nicht den geringsten Hinweis auf das SNB. Erst als sie ihn vernehmen konnten kam heraus, dass er dafür 2500 Dollar erhalten sollte, was in seinem Fall ungefähr drei Monatsgehältern entspricht. Der Wagen den man ihm zur Verfügung stellte war erst am Vorabend aus der Garage einer Familie gestohlen die einen Kurzurlaub in der Karibik verbringt.«
»Sehr clever«, summte Ashleigh, »Der Diebstahl des Wagens wäre also gar nicht aufgefallen bevor Nash seinen Auftrag beendet hatte. Wie haben die Kollegen davon erfahren, dass Mister Nash etwas erledigt?«
»Es gab einen anonymen Hinweis auf den Wagen in dem die Drogen versteckt waren.«
»Ein anonymer Hinweis auf gleich mal 18 kg Crystal Meth? Wer könnte ein Interesse daran haben so etwas zu verraten?«, fragte sie.
»Ein Drogendealer dem es angeboten wurde?«
»Unwahrscheinlich«, schüttelte Spears den Kopf, »zufällig weiß ich, dass die meisten Drogen an der Westküste über den Hafen von Seattle ins Land gelangen und Crystal Meth verkauft sich am besten in Los Angeles, Las Vegas oder in San Francisco. Sacramento liegt nicht weit von San Francisco entfernt. Gut möglich, dass es nur ein weiterer Übergabeort war an dem die 18 Kg aufgeteilt werden sollten. 6 kg werden extra abgepackt und die restlichen 12 kg werden durch einen weiteren Kurier weiter nach Süden geschafft. 1,5 Gramm davon kosten knapp 100 Dollar. Das sind also rechnerisch 1,2 Millionen Dollar. Die 2500 Dollar für Nash sind also nicht mehr als ein kleines Trinkgeld und er trägt das ganze Risiko.«
Cooper nickte nur stumm. Edwin Nash würde für einige Jahre hinter Gitter verschwinden. Er wusste zwar nicht was er da transportiert aber das spielte auch keine Rolle. Alleine die transportierte Menge war so groß, dass man ihm eine Verteilungsabsicht nachweisen konnte. Unwissenheit schützt nicht vor einer Strafe. Die Strafe für Drogenschmuggel über eine Bundesgrenze war so schon hoch genug, dass es keine Rolle mehr spielte, ob er es verkaufen wollte oder nicht.
3. Kapitel
Vereinigte Staaten, Cleveland (OH)
Es ärgerte ihn maßlos. Der ganze Plan war gescheitert. Er hatte für dieses Vorhaben extra mehr als eine Million riskiert und ein verdammter Streifencop mit seinem unruhigen Finger vereitelte ihn. Jetzt hatte er brillante Fotos, die ihm überhaupt nicht schmeckten. Warum musste der Sergeant genau an diesem verdammten Tag mit einem Frischling unterwegs sein, der sich schon in die Hose macht, wenn einer laut hustet? Das konnte einfach nicht wahr sein. Gut, der Auftritt seines Kuriers war gar nicht so übel wie er sich das vorgestellt hatte, aber die Folgen waren alles andere als das, was er geplant hatte. Ausgerechnet dieser Cop stand ihm in Portland noch im Weg.
Der Plan war eigentlich narrensicher. Sein Kurier sollte den verdammten Cop so weit reizen bis der sich nicht mehr halten konnte und dem Kurier etwas antut. Dann wäre er ihn wenigstens gleich los gewesen und die Nation wäre wieder durchgedreht. Ein dunkelhäutiger Kurier, jung und dämlich wie eine Landstraße, wird von einem Drogencop auf offener Straße verprügelt. Dazu die hübschen Fotos die er in Auftrag gegeben hatte schön unter die Medien verteilt und schon hätte er diesen Typen mindestens die nächsten tausend Jahre los. Die ganze afroamerikanische Bevölkerung hätte wieder etwas worauf sie einprügeln konnte und seine Geschäfte an der Westküste fielen nicht mehr ins Gewicht. Vor allem bekäme sie niemand mit, weil sie alle abgelenkt wären.
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