Der Sergeant überlegte eine Sekunde, »Schon wieder ein Anruf. Lassen Sie mich raten. Der Anrufer wollte anonym bleiben und mich nur anschwärzen. Natürlich nur ganz zufällig, wenn gerade sie vom FBI bei uns auftauchen. Bei Nash war es ebenfalls so ein Anruf, der uns auf die Spur gebracht hat. Irgendjemand verfolgt wohl das Ziel mich aus dem Weg zu räumen. Aber warum mit Kandiszucker? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!«
»Wer war sonst noch in der Wohnung außer ihnen? Sie hatten heute Abend definitiv Besuch. Weiblichen Besuch wie ich vermute und hatten ein bisschen Spaß in der Horizontalen, wie ich am Zustand des Betts erkennen konnte«, wollte Spears wissen.
»Gute Ermittlungsarbeit Special Agentin Spears«, lobte Barber. »Sie haben recht. Ich war nicht alleine. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mich einmal die Woche eine junge Dame besucht. Auf die näheren Details muss ich hoffentlich nicht eingehen.«
»Mal abgesehen davon, dass sie eine Prostituierte in Anspruch nehmen, was übrigens illegal ist, geht es mir darum aufzuklären, warum man zu solchen Mitteln greift. Ganz zu schweigen von der Unfähigkeit, wenn man statt einer Droge Kandiszucker versteckt. Angenommen, der Fall Edwin Nash und dieses Schauspiel hier gehören zusammen, muss die Dame, die sie regelmäßig besucht, darin verwickelt sein. Eine andere Möglichkeit würde mir auf die Schnelle jetzt nicht einfallen. Wie heißt die Dame, wo arbeitet sie und wo ist sie zu finden?«, fragte Spears ganz offen heraus.
Barber wollte das nicht einfach so beantworten. Es war ihm mehr als unangenehm von der FBI Agentin ertappt worden zu sein. Wenn sie das wüssten, könnte er auch gleich einen Aushang auf dem Revier machen. Allerdings war es offensichtlich, dass seine bevorzugte Servicemitarbeiterin etwas damit zu tun haben musste und er es nicht mehr verschweigen durfte. Deswegen erzählte er ganz offen davon, dass aufgrund seines Jobs nicht viel Zeit für eine Beziehung blieb. Seine erste Ehe war am Zeitmangel zerbrochen und durch die vielen Schichten auf dem Revier gelang es ihm nicht eine andere Dame für sich zu begeistern. Natürlich hatte er, wie jeder andere Mensch auch, das Bedürfnis nach Körperkontakt und Nähe. Sein Gehalt war zwar nicht sehr üppig, aber einmal die Woche leistete er sich eine junge Frau aus diesem Gewerbe. Sie nannte sich Madeleine und arbeitete auf freiwilliger Basis bei Emma Reed. Ihr Etablissement war nicht ortsgebunden. Sie unterhielt außerhalb Portlands mehrere kleinere wirklich heruntergekommene Läden und tarnte sie als Bar.
Sie selbst leitete ihre Geschäfte über das Internet und Telefon. Wo sie allerdings ihre Unterkunft hatte, wusste niemand. Spears wollte nicht glauben, dass man ihren Aufenthaltsort nicht ganz einfach herausfinden konnte. Eine Abfrage der Telefongesellschaft oder der IP Nummer ihres Computers waren eine Sache von wenigen Minuten. Barber fing an zu schmunzeln und erklärte, »Stellen sie sich das nicht so einfach vor. Emma Reed hat gute Verbindungen bis in die höchsten Kreise von Portland. Fragen Sie mal einen Staatsanwalt nach einem Beschluss. Das dauert keine Stunde bis sie eine Absage erhalten, weil die Beweise, die sie vorlegen, zu gering waren oder nicht ausreichen würden. Die Sitte hat schon die ganzen Ermittlungsakten der letzten Jahre vorgelegt, die alle auf Emma Reed hindeuteten, aber ein Beschluss blieb ihnen immer versagt.«
»Ich darf annehmen, dass die Staatsanwälte ebenfalls alleinstehende Männer sind?«, fragte Spears grinsend.
»Sehr gut geraten Agentin Spears. Aber leider falsch. Drei der vier Staatsanwälte sind verheiratet, inklusive des Oberstaatsanwalts.«
»Verstehe. Sie haben wohl Abends sehr lange im Büro zu tun und bearbeiten dort die Stressbälle in den Dekolletés der Damen. Falls die Ehefrauen davon erfahren, steigt die Scheidungsrate sprunghaft an. Darum will natürlich auch niemand, dass in diese Richtung ermittelt wird.«
Cooper Knight flüsterte seiner Kollegin etwas zu. Er wollte diese Aufräumarbeiten nicht auch noch erledigen. Spears dachte ein bisschen darüber nach, dann gab sie ihm einen Wink, der Zustimmung signalisierte. Cooper verließ daraufhin die Küche des Sergeants und zückte sein Telefon. Währenddessen unterhielten sich der Hausbesitzer und die Agentin weiter. Er erklärte ihr, dass auch viele hochrangige Politiker der Stadt in die Aktivitäten von Emma Reed verstrickt waren. Selbst der Bürgermeister der Stadt war bei ihren Angestellten als Kunde gelistet. Sozusagen hatte es Emma Reed im Laufe der Zeit geschafft alle wichtigen Stellen erfolgreich zu infiltrieren. Niemand traute sich in dieses Wespennest zu stechen.
Spears musste einsehen, dass in dieser Richtung einiges passieren musste. Eine Unternehmerin im Bereich der Prostitution kontrollierte die Stadt. Dieser ganze Sumpf musste trockengelegt werden. Es war nicht hinnehmbar von illegalen Aktivitäten, denen viele Entscheidungsträger verfallen waren, blockiert zu werden. Trotzdem brauchten sie die Hinweise dieser Madeleine, wer denn hinter dem Komplott gegen den Sergeant stand. Emma Reed fiel dabei aus. Sie konnte kaum ein Interesse daran haben, einen Kunden loszuwerden, der jede Woche eines ihrer Mädchen buchte. Laut Barbers Aussage hatte sie mit Drogen auch nichts Hut. Ihr Geschäft war ebenfalls illegal, aber die Strafen dafür waren weit niedriger. Barber gab aber auch zu, dass einige ihrer Mädchen, die sie kontrollierte, abhängig von diesem Zeug war. Sie verkauften ihre Körper, um an das benötigte Geld zu kommen, ihre Sucht zu finanzieren.
Kurz darauf kam Cooper Knight wieder zurück. Er hatte in Washington angerufen und mit dem Verantwortlichen ihres Einsatzes gesprochen. Er wollte sich um das weitere kümmern. Knight zeigte seiner Kollegin den Daumen nach oben. Damit wusste sie auch Bescheid, dass der Agentenführer im Hauptquartier ihrer Bitte entsprochen hatte. Während sie zu dritt die Kanne frischen Kaffees genossen, stellten sie immer neue Vermutungen auf, wer ein Interesse daran haben könnte, Sergeant Barber aus dem Weg zu räumen. Der Beamte kannte seine Kandidaten schon lange genug. Keiner der beiden Barone, die in der Stadt den Markt kontrollierten, hatten ernsthafte Versuche unternommen, ihn loszuwerden. Mehrheitlich bekam er sogar aus den beiden Lagern Hinweise zu größeren Lieferungen. Scheinbar waren Arthur Antunes und Kylie Richardson nicht bestrebt einem Neuankömmling einen Teil der Stadt zu überlassen.
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