Langsam ging schon die Sonne auf und der Parkplatz wurde etwas belebter. Das war nicht gerade das, was sich Stuart erhofft hatte. Er wollte das Geschäft im Wert von 300.000 Dollar möglichst abwickeln, solange es noch dunkel war. Vor allem war das Einkaufszentrum nicht gerade der beste Ort, um unerkannt Geschäfte abzuwickeln. Plötzlich hielt direkt vor ihm ein Mittelklassewagen mit einem Nummernschild aus Oklahoma. Der Fahrer des Wagens war ungewöhnlich. Er wirkte wie ein junger Student auf Klassenfahrt und nicht wie ein Waffenhändler. Stuart stieg aus und ging auf den Fahrer zu.
Der entschuldigte sich sofort, »Tut mir leid, ich bin verdammt spät dran, aber ich wurde auf dem Highway aufgehalten. Ihre Lieferung liegt im Kofferraum.«
Ohne Umschweife öffnete der junge Mann die Heckklappe und im Gepäckfach des Wagens kam eine länglich zugenagelte Holzkiste zum Vorschein. Stuart sah sie einen Moment schweigend an. Dann ging er zu seinem Transporter zurück und öffnete eine Seite der Ladefläche. Die Holzkiste war sehr schwer und der junge Student musste ihm helfen sie zu verladen. Als sie sicher auf seiner Ladefläche lag, war ihm auch ganz schön warm geworden. Der Student schien keine Ahnung zu haben, was er da durch die Gegend gefahren hatte, aber das störte Stuart auch nicht. Sein Geschäftspartner hatte ihm bei der Bestellung schon mitgeteilt, dass die Lieferung von einem dritten durchgeführt wurde. Begründet wurde das durch Sicherheitsbedenken. Stuart Clarke konnte das gut verstehen. Niemand wurde gerne mit scharfen Waffen auf der Straße angehalten. Vor allem nicht mit den Waffen, die er bestellt hatte.
Die vollautomatischen M 16 waren schon lange in den USA verboten. Kaufen konnte man sie im freien Handel nicht. Diese automatischen Gewehre waren ausschließlich dem Militär vorbehalten und konnten auf dem Markt nicht erworben werden. Stuart hatte über seinen Kontakt allerdings zwei davon organisieren können. Für nur 150.000 Dollar das Stück waren sie ein Schnäppchen gewesen. Clarke war schon immer ein Waffennarr und einmal in seinem Leben wollte er eine davon sein Eigen nennen dürfen. Bei seinem Jahr bei der Army, die er im Rahmen der Wehrpflicht ableisten musste, bekam er sie nur bei Berufssoldaten zu sehen, aber nie selbst eines davon in die Hand.
Der Student fuhr ohne ein weiteres Wort wieder davon und ließ Clarke alleine. Er schlug die Tür seines Lieferwagens zu und setzte sich mild lächelnd hinter das Steuer. Glücklich über die erfolgte Lieferung fuhr er vom Parkplatz des Lincoln Centers und fuhr in Richtung des Six Flags over Texas Vergnügungsparks davon. Auf den Straßen war zu dieser Zeit nicht wirklich viel los, was Stuart Clarke ein schnelles vorankommen ermöglichte. Erst in der Moore Street, südlich des Turner-Parks in Dallas hielt er den himmelblauen Transporter wieder an. Stuart stieg aus und verriegelte die Garagentür bevor er sich die Holzkiste vornahm.
Mit einem Brecheisen hebelte er den Deckel ab und fand unter Holzwolle seine Gewehre in einem Ständer. Die Magazine waren an den Enden unter einer Menge an Holzwolle verborgen. Die beiden M 16 sahen in ihrem leicht glänzenden Schwarz wundervoll aus. Vorsichtig streckte Stuart seine Hände aus und ließ seine Finger über das kühle Metall gleiten. Ein großes Lächeln zeigte sich in seinem Gesicht. Er hatte seinen Herzenswunsch vor sich. Funktionstüchtige M 16, komplett neu und unbenutzt. Munition hatte er bereits im Vorfeld dafür besorgt. Allerdings füllte er nur eines der Magazine auf. Die anderen blieben leer. Ein Gewehr wollte er zum Feuern verwenden, das andere allerdings war nur zu Dekozwecken gedacht.
* * *
Vereinigte Staaten, Cleveland (OH)
Für seinen großen Plan war alles vorbereitet, hatte er erst vor wenigen Sekunden am Telefon erfahren. Emma Reed, die Leiterin des Horizontalen Gewerbes in Portland, hatte das Päckchen erhalten. Auf die Kuriere war verlass gewesen. Am Telefon hatte sie ihm bestätigt, die verpackten Drogen im Versteck gefunden zu haben. Auch Madeleine hatte ihre Aufgabe erledigt und die Fracht bei ihrem Besuch des Sergeants unter seinem Kleiderschrank zu verstecken. Sie hatte sogar daran gedacht, das Päckchen ein bisschen zu öffnen und ein bisschen des Pulvers unter dem Schrank verteilt zu haben. Jetzt fehlte nur noch sein Anruf bei der Polizei, um den Sergeant der Drogenfahndung aus dem Weg zu räumen.
Noch ein letztes Mal zog er genüsslich an der angesteckten Havanna in seinem Büro und blickte wie üblich über die Wasseroberfläche des Lake Erie. Es war an der Zeit seinen Anruf bei der Polizei in Portland zu machen und Sergeant Barber an den Haken zu hängen. Falls die Polizisten schnell genug waren, könnten sie ihn sogar noch wegen Prostitution einsperren. Allerdings wollte das Emma vermeiden. Ihre Mädchen sollten nicht in seine kruden Pläne verstrickt werden und schon gar nicht bei der Arbeit verhaftet. Die Angelegenheiten von Emma Reed waren sowieso illegal und sie konnte keine Probleme mit den Cops der Sitte brauchen. Zudem würden sie noch auf ihn zurückfallen und die Unterhändlerin hatte kein großes Problem damit ihn zu verpfeifen. Er musste ihr zusichern, sie und ihre Mädchen aus seinen Angelegenheiten herauszuhalten.
Wenigstens war alles so weit vorbereitet. Nur Madeleine war noch bei dem Drogenspürhund zugange. Sobald er eine weitere Rückmeldung erhielt, konnte er anfangen. Über seinem gealterten Gesicht lag ein fröhliches Lächeln. Die gute Zigarre aus dem Humidor in seinem Büro schmeckte heute gefühlt noch besser als sonst. Eine handgerollten Cohiba Behike aus Kuba bestellte er über seinen Händler in Havanna. Die Qualität war ausgezeichnet und eine einzelne der besonderen Zigarren kostete ihn knapp 300 Dollar. Es waren die edelsten Zigarren, die man aus Kuba bekommen konnte. Er verfügte über genügend Geldmittel, sich jeden Monat eine Kiste mit 40 Stück dieser teuren Stäbe zu leisten. Geliefert wurden sie in einem speziellen Humidor, der nur für den Transport von Kuba in die Vereinigten Staaten zu gebrauchen war. Nach der Ankunft brachte er sie in seinem Schrank des Büros unter.
Für die Zeiten, in denen er sich eine davon ansteckte, galt strickte Ruhe. Sie waren etwas Besonderes und nicht für jeden Anlass gedacht. Zur Feier des Tages und im Hinblick darauf, die Bremse in Portland ausschalten zu können, nahm er sich die Ruhepause. Barber sollte ruhig noch ein bisschen auf Madeleine herumspringen, es wäre für die nächsten Jahre das letzte Mal für ihn. Ein Drogencop den man wegen Drogenbesitzes verhaftete, war in jeder Haftanstalt der Staaten ein gern gesehener Gast. Andere Mithäftlinge machten sich einen Spaß daraus sie bis an ihr Ende zu quälen. Genau das wünschte er sich für Barber, der ihn schon viele Millionen gekostet hatte.
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