Als er die Agents des FBI sah, bot er ihnen sogleich einen Sitzplatz an. Knight und seine Kollegin verzichteten allerdings darauf. Sie erachteten den Sergeant immer noch als schuldig. Die Beweise lagen ja direkt vor dem Schrank auf dem Boden. Spears trat auf das Päckchen zu, ging in die Hocke und schaute sich das Pulver etwas genauer an. Was sie dort sah, erinnerte zwar an die berühmte Droge, konnte es allerdings kaum sein. Crystal Meth waren eher gröbere Kristalle als das in dem Paket. Für Heroin oder eine andere gebräuchliche Droge auf dem Markt allerdings zu grobkörnig. Etwas in ihr zweifelte ernsthaft daran, dass die Kollegen hier das gefunden hatten, was sie erwarteten.
Vorsichtig tippte sie mit dem Finger in die Substanz des Päckchens. Einige Kristalle blieben auf der Fingerspitze hängen. Spears drehte sich zum Licht und besah sich die Körner auf ihrer Fingerspitze. Das konnte beim besten Willen kein Crystal Meth sein. Die Kristalle waren eher bräunlich als Transparent wie sie es eigentlich sein sollten, wenn es die Droge war. Die ganze Struktur war anders. Während Crystal Meth eigentlich längliche Kristalle bildete, waren das hier grobe und eckige Körner. Sie konnte sie auch nicht einfach zwischen den Fingern zerreiben. Langsam führte sie den Finger an ihre Nase und roch vorsichtig daran. Sie musste schmunzeln. Das, was sie da zwischen ihren Fingern hatte, war die gebräuchlichste und verbreitetste Droge weltweit. Um ganz sicherzugehen, tippte sie den Finger auf ihre Zunge.
Spears erhob sich wieder und stellte sich neben ihren Kollegen. Dann fragte sie, »Haben sie sonst noch etwas gefunden?«
»Bisher nicht, aber wir sind auch noch nicht fertig«, bekam sie vom leitenden Beamten mitgeteilt.
»Ich denke sie können die Durchsuchung aufgeben. Ich habe zwar schon viele Orte gesehen, an denen man Kandiszucker aufbewahrt, aber unter dem Kleiderschrank ist mir neu.«
»Kandiszucker?«, fragten Knight und der leitende Beamte wie aus einem Mund.
»Ja! Vielleicht feiert ihr Kollege gerne Teepartys in seinem Schlafzimmer während er sich mit einer Dame vergnügt. Ich habe schon so ziemlich alles gesehen, was es für Vorlieben in diesem Bereich gibt. Das ist natürlich sehr ungewöhnlich, aber nicht verboten. Zumindest fällt mir jetzt kein Bundesstaat unseres Landes ein, in dem Geschlechtsverkehr zwischen Erwachsenen mit einem Tee verboten wäre«, erklärte sie grinsend, während ihr Kollege ebenfalls neben dem gefundenen Plastikpäckchen auf die Knie sank und sich den Inhalt ansah.
Auch er tippte sich einige Kristalle auf die Zunge und schmeckte, bevor er niedergeschlagen bestätigte, »Das ist tatsächlich Kandiszucker.«
Barber gluckste auf seinem Bett und fing an zu lachen. »Verhaftet ihr mich jetzt, weil ich Kandiszucker in meinem Schlafzimmer habe, oder darf ich mir jetzt etwas anziehen?«
»Zucker ist kein Straftatbestand, Sergeant, allerdings sind wir mit der Durchsuchung noch nicht fertig«, beharrte der Einsatzleiter.
Spears griff ein »Hören sie auf mit dem Unfug. Die ganze Wohnung sieht aus wie geleckt. Wenn sie bis jetzt nichts gefunden haben, werden sie auch nirgendwo anders etwas finden. Sergeant Barber lächelt vergnügt in die Runde, weil er weiß, dass ihm nichts passieren kann. Außer Zucker wäre mittlerweile verboten worden, dann könnten sie ihm etwas vorwerfen. Das ist aber, laut meinem letzten Stand nicht der Fall, also haben sie absolut nichts gegen ihn in der Hand. Sex ist kein Verbrechen, Zucker überall erhältlich und Körperpflege schon überhaupt nicht. Packen sie ihre Kollegen ein und kümmern sich um andere Fälle!«
Der Einsatzleiter gab sich geschlagen und gab Anweisung zusammenzupacken und die Wohnung zu verlassen. Immerhin war Spears Bundesagentin des FBI und gegenüber ihm weisungsbefugt. Seine Kollegen packten ihr mitgebrachtes Equipment zusammen und schlenderten damit zum Ausgang. Der Einsatzleiter war, der letzte der ging und die beiden Agenten mit dem Sergeant alleine ließ. Spears folgte ihm in den Gang und forderte Barber auf, sich etwas anzuziehen. Dann schloss sie die Tür zum Schlafzimmer und die beiden Männer blieben alleine zurück. Wenige Minuten später öffnete Barber die Tür und kam mit ihrem Kollegen aus dem Schlafzimmer.
»Darf ich ihnen einen Kaffee anbieten?«, fragte er die Agenten.
Spears antwortete nach einem kurzen Blick zu ihrem Kollegen »Gerne. Aber bitte mit normalem Zucker, falls sie welchen haben.«
Barber lachte mit tiefer Stimme und bat die beiden in die Küche an den runden Tisch aus hellem Kiefernholz. Er begann frischen Kaffee aufzusetzen. Die Agenten setzten sich auf die Stühle. Ashleigh ergriff erneut das Wort und richtete eine erste Frage an Barber.
»Treiben ihre Kollegen öfter solche Scherze mit ihnen, Sergeant?«
»Eigentlich nicht. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wer daran ein Interesse haben sollte. Wir verstehen uns untereinander gut auf dem Revier, aber solche Scherze erlaubt sich keiner von uns. Die Beamten haben schon mehr als genug zu tun, da muss man nicht noch eilig eine Durchsuchung beim Staatsanwalt beantragen, ein Team zusammenstellen und dann eine Wohnung auseinandernehmen. Außerdem ist es kaum möglich während ich unterwegs bin hier einzusteigen ohne, dass ich es bemerke. Nur meine Nachbarin besitzt einen Schlüssel zu meiner Wohnung. Aber die ist derzeit gar nicht in der Nähe. Sie wurde letzte Woche mit Verdacht auf eine Lungenentzündung in die Klinik gebracht«, erklärte er freundlich, als der Duft nach frischem Kaffee die helle Küche eroberte. Dann fügte er hinzu, »Mir scheint eher, dass man versucht hat mir etwas anzuhängen. Allerdings ist mir nicht klar, warum man dazu Zucker in meinem Schlafzimmer verstecken sollte.«
»Genau das ist der Punkt, der mir auch unbegreiflich ist. Ein Dealer, der etwas gegen sie hat, würde wohl kaum Zucker verstecken, sondern eine ganze Anzahl verschiedener Drogen überall deponieren und dann auf dem Revier anrufen und ein Verbrechen melden.«
Barber drehte sich zu ihr um, lehnte sich an die Anrichte und fragte, »Jemand hat die Dienststelle angerufen und ein Verbrechen gemeldet?«
Cooper Knight erwachte aus seinen Tagträumen mit seiner Kollegin in der Hauptrolle, »Es gab einen Anruf auf der Nummer des Drogendezernats. Ein Officer hat ihn entgegengenommen und die erforderlichen Schritte eingeleitet. Der Anrufer hat auch explizit auf das Schlafzimmer verwiesen, wo die Drogen angeblich liegen würden. Man hat den Anruf schon zurückverfolgt. Laut Auskunft der Technik kam der Anruf aus Fayetteville in Arkansas.«
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