Beispiel:
Nach § 58 AufenthG wird die Ausreisepflicht eines Ausländers durch die Abschiebung vollzogen, wenn die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint.
3. Arten der Vollstreckung
682
Das VwVfG des Bundes unterscheidet zwischen der Vollstreckung von Geldforderungennach §§ 1 ff VwVG(s.u. II.) und der Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungennach §§ 6 ff VwVG(s.u. III.). Letztere können wiederum eingeteilt werden in das „gestreckte Vollstreckungsverfahren“ und in den sofortigen Vollzug. Das gestreckte Vollstreckungsverfahrenknüpft an einen VA als Ausgangspunkt an und bildet den Regelfall. Der sofortige Vollzuggestattet unter qualifizierten Anforderungen die Vollziehung ohne vorausgehenden VA.
683
Lösung Fall 20 ( Rn 676):
Nein. Der Bescheid ist ein VA; es handelt sich nicht um eine schlichte Aufforderung, wie die Rechtsmittelbelehrung zeigt. Die Verpflichtung des A zur Zahlung ist durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag festgestellt. Auf diese Weise festgestellte Verpflichtungen können nicht durch VA vollstreckt werden. Die Behörde muss gegen A eine allgemeine Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht erheben.
II. Die Vollstreckung von Geldforderungen
684
Nach § 3 Abs. 2, 3 VwVG wird die Vollstreckung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen (Steuern, Gebühren, Beiträge, Sonderabgaben) durch eine Vollstreckungsanordnungeingeleitet. Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:
• |
Leistungsbescheid(das ist derjenige VA, der eine öffentlich-rechtliche Geldleistungspflicht zum Gegenstand hat), |
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Fälligkeitder Leistung, |
• |
Ablauf einer Frist von einer Woche seit Bekanntgabedes Leistungsbescheids bzw seit Eintritt der Fälligkeit, |
• |
vor Anordnung der Vollstreckung „soll“ der Schuldner mit einer Zahlungsfrist von einer weiteren Woche besonders gemahntwerden. |
685
Auf der Grundlage der Vollstreckungsanordnung kann entweder die Behörde selbst durch ihren Vollstreckungsbeamten oder im Auftrag der Behörde eine Vollstreckungsbehörde oder das Vollstreckungsgericht die Vollstreckung vornehmen. Vollstreckungsanordnung und Vollstreckungsauftrag sind keine VAe[7]. Die Vollstreckung läuft nach Vorschriften der Abgabenordnungab; diese Vorschriften lehnen sich wiederum an Regelungen der Zivilprozessordnung an. Die Vollstreckung ist unterschiedlich in Abhängigkeit davon, ob in bewegliche Sachen, Grundstücke oder Forderungen vollstreckt wird. Einzelheiten werden hier nicht dargestellt[8].
686
Der Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmen ist zunächst abzugrenzen vom Rechtsschutz gegen den Leistungsbescheid. Da es sich bei diesem um einen belastenden VA handelt, ist nach allgemeinen Grundsätzen die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO statthaft[9], ggf. nach Durchführung eines Vorverfahrens. Zu beachten ist, dass diese Rechtsbehelfe gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr 1 VwGOregelmäßig keine aufschiebende Wirkung entfalten[10]. Daher bedarf es im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1, 1. Alt. VwGO, dem gemäß § 80 Abs. 6 VwGO grundsätzlich ein Antrag bei der Behörde auf Aussetzung der Vollziehung vorauszugehen hat[11].
687
Für den Rechtsschutz gegen Vollstreckungsmaßnahmengibt es keine spezielle Regelung. Eindeutig ist, dass die Sachpfändung durch eine Verwaltungsbehörde einen VA darstellt[12]; gegen den VA ist mit Hilfe des Widerspruchs und erforderlichenfalls der Anfechtungsklage vorzugehen. Vollstreckt der Gerichtsvollzieher oder ein ordentliches Gericht, sind die Rechtsbehelfe der ZPO einschlägig.
688
Im Zusammenhang mit der Vollstreckung wegen Geldforderungen ist umstritten, auf welchem Wege der Vollstreckungsschuldner solche Einwendungengegen die zu vollstreckende Forderung geltend machen kann, die nach Erlass des VAentstanden sind.
Beispiele:
• |
Der Schuldner zahlt nach Erlass des VA; die Forderung ist deshalb erloschen. |
• |
Der Schuldner rechnet zulässig auf; damit ist die Forderung ebenfalls erloschen. |
Es lassen sich im Wesentlichen zwei Auffassungen unterscheiden[13]: Teilweise wird eine Vollstreckungsgegenklage beim VG nach § 767 ZPO iVm § 173 VwGO für zulässig gehalten[14]. Zu Recht wird jedoch wegen der besonderen Sachnähe der Verwaltungsgerichte überwiegend eine „normale“ Klage nach der VwGO für das richtige Rechtsschutzinstrument erachtet[15]. Die zulässige Klageart ist abhängig davon, gegen welchen „Akt“ sich die Klage wendet:
• |
Feststellungsklage – Klage auf Feststellung, dass der zu vollstreckende Anspruch nicht mehr besteht; |
• |
Anfechtungsklage – gegen einzelne Vollstreckungsmaßnahmen; |
• |
Leistungs- oder Verpflichtungsklage – entweder auf eine die Vollstreckung für unzulässig erklärende Äußerung der Behörde oder auf Widerruf des zugrunde liegenden VA. |
Die überwiegende Ansicht hält die Feststellungsklagefür statthaft[16].
Hinweis:
Es sind landesrechtliche Besonderheiten zu beachten; nach Art. 21 BayVwZVG entscheidet die Anordnungsbehörde „über Einwendungen gegen die Vollstreckung, die den zu vollstreckenden Anspruch betreffen“. Die Vollstreckung aus dem VA wird für unzulässig erklärt, wenn die Einwendungen begründet sind. Der Schuldner kann die Unzulässigkeit der Vollstreckung beantragen, wenn er eine Einwendung geltend macht. Wird die Entscheidung abgelehnt, besteht die Möglichkeit, Verpflichtungsklage zu erheben[17].
III. Die Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen
689
In der Klausurpraxisvon weitaus größerer Bedeutung als die Vollstreckung von Geldforderungen ist die Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen[18]. Die Verwaltungsvollstreckungsgesetze kennen drei Zwangsmittel:
• |
Ersatzvornahme, |
• |
Zwangsgeld mit subsidiärer Zwangshaft und |
• |
unmittelbaren Zwang. |
a) Die Ersatzvornahme
690
Nach § 10 VwVGkann, wenn der Pflichtige die ihm durch VA gebotene Handlung nicht ausführt, die Behörde einen Dritten mit der Vornahme auf Kosten des Pflichtigen beauftragen[19]. Die Ersatzvornahme kommt nur bei vertretbaren Handlungenin Betracht. Diese liegen vor, wenn andere Personen die Handlung durchführen können. Vertretbar ist daher insbes. das Abschleppen eines Pkw[20]. Höchstpersönliche Handlungen scheiden als Fälle der Ersatzvornahme aus.
Beispiele:
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Der Abriss eines Hauses ist eine vertretbare Handlung. Der Abriss des Hauses durch einen von der Behörde beauftragten Bauunternehmer ist rechtlich eine Ersatzvornahme. |
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Das Ableisten der (heute aufgehobenen) Wehrpflicht war eine höchstpersönliche Pflicht. Eine Ersatzvornahme schied daher aus. |
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