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In seiner Zwillingsstudiesuchte Galton nach Ähnlichkeiten, etwa bei Größe, Gewicht, Augenfarbe und gewissen Anlagen. Was Zwillinge immer unterschied: die Handschrift.
Francis Galton
Sir Francis Galton war ein Universalgelehrter, der sich unter anderem zu anthropologischen und kriminologischen Fragen (Klassifizierung von Fingerabdrücken) äußerte. Auch mit Geografie, Meteorologie, Biologie und Psychologie beschäftigte er sich eingehend. Er wurde in Birmingham in eine wohlhabende Quäkerfamilie hineingeboren und konnte angeblich schon im Alter von zwei Jahren lesen. Zunächst studierte er Medizin, dann wandte er sich der Mathematik zu. Während des Studiums litt er unter psychosomatischen Symptomen, die sich durch den Tod seines Vaters im Jahr 1844 noch verschlimmerten. 1853 heiratete Galton Louisa Jane Butler, die Ehe blieb kinderlos. Galton widmete sein Leben der Wissenschaft und dem Schreiben. Er erhielt viele Preise und Ehrungen, darunter mehrere Ehrendoktorwürden. Im Jahr 1909 wurde er in den Adelsstand erhoben.
Hauptwerke
1869 Genie und Vererbung
1874 English Men of Science: Their Nature and Nurture
1875 The History of Twins
DIE GESETZE DER HYSTERIE SIND UNIVERSAL
JEAN-MARTIN CHARCOT (1825–1893)
IM KONTEXT
ANSATZ
Neurowissenschaft
FRÜHER
1900 v. Chr.Auf dem ägyptischen Papyrus Kahun ist zu lesen, dass Verhaltensstörungen bei Frauen durch ein »Umherschweifen« der Gebärmutter verursacht würden.
um 400 v. Chr.Der griechische Arzt Hippokrates verwendet in seinem Buch Die Frauenkrankheiten den Begriff »Hysterie« für bestimmte Frauenleiden.
SPÄTER
1883Alfred Binet folgt Charcot an das Hôpital de la Salpêtrière in Paris und beschreibt später, wie dieser Hysterikerinnen mit Hypnose behandelte.
1895Sigmund Freud, ein ehemaliger Student Charcots, publiziert seine Studien über Hysterie .
Der französische Arzt Jean-Martin Charcot, der als Begründer der modernen Neurologie gilt, interessierte sich für den Zusammenhang zwischen Psychologie und Physiologie. In den 1860er- und 1870er-Jahren erforschte er die Hysterie. Mit diesem Begriff wurden damals Verhaltensauffälligkeiten bezeichnet, die nur bei Frauen auftraten und auf Probleme des Uterus (griech. hystera ) zurückgeführt wurden. Exzessives Lachen oder Weinen, wildes Um-sich-Schlagen, Ohnmachtsanfälle, Lähmungen, Krämpfe und zeitweilige Blind- und Taubheit galten als typische Symptome.
Nachdem er viele Fälle von Hysterie am Hôpital de la Sâlpetrière in Paris beobachtet hatte, glaubte Charcot, gewisse Gesetzmäßigkeiten ableiten zu können. Er behauptete, die Hysterie sei eine Erbkrankheit, deren Symptome durch Schock ausgelöst würden. 1882 schrieb er: »Bei einem hysterischen Anfall läuft alles immer nach demselben Muster ab. Es gilt für alle Länder, für alle Epochen, für alle Rassen, kurz gesagt: Es ist universal.« Die Suche nach einer biologischen Ursache schien ihm daher sinnvoll, doch seine Zeitgenossen lehnten seine Thesen ab. Manche glaubten gar, dass Charcots »Hysterikerinnen« sich nur hysterisch verhielten, weil er es ihnen suggeriert hatte. Einer seiner Studenten jedoch war von Charcots Forschungen fasziniert: Sigmund Freud. Die Beschäftigung mit der Hysterie brachte ihn schließlich zu seiner Theorie der Psychoanalyse. 
Charcothält in der Salpêtrière eine Vorlesung über Hysterie. Seiner Ansicht nach verlief sie stets in geordneten, klar strukturierten Phasen und ließ sich durch Hypnose heilen.
EIGENARTIGE SCHWÄCHEZUSTÄNDE
EMIL KRAEPELIN (1856–1926)
IM KONTEXT
ANSATZ
Klinische Psychiatrie
FRÜHER
um 50 v. Chr.Der römische Dichter und Philosoph Lukrez bezeichnet mit dementia einen Zustand des Außer-sich-Seins.
1874Wilhelm Wundt, Kraepelins Mentor, publiziert Grundzüge der physiologischen Psychologie .
SPÄTER
1908Der Schweizer Psychiater Eugen Bleuler prägt den Begriff »Schizophrenie« (griech. schizein für »spalten« und phren für »Geist, Gemüt«).
1948Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nimmt Kraepelins Klassifizierung psychischer Erkrankungen in ihre Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD) auf.
1950er-JahreChlorpromazin wird als erstes Neuroleptikum zur Behandlung von Schizophrenie eingesetzt.
Der deutsche Arzt Emil Kraepelin gilt als Begründer der modernen klinischen Psychiatrie. Er führte die meisten psychischen Erkrankungen, die er in seinem Compendium der Psychiatrie (1883) sehr detailliert klassifizierte, auf biologische Ursachen zurück. Unter anderem grenzte er die Dementia praecox – die vorzeitige Demenz – von später auftretenden Demenzerkrankungen wie z. B. der Alzheimer’schen Erkrankung ab.
Schizophrenie
1893 beschrieb Kraepelin die Dementia praecox, die heute Schizophrenie genannt wird, als »eine Reihe von Krankheitsbildern […], deren gemeinsame Eigentümlichkeit der Ausgang in eigenartige Schwächezustände bildet«. Später unterteilte er sie in vier Unterkategorien: Die erste Stufe, die Schizophrenia simplex, geht mit schleichendem Verfall und sozialem Rückzug einher. Die zweite Stufe, die Paranoia, manifestiert sich in Angstzuständen und Verfolgungswahn; Betroffene fühlen sich bespitzelt und sehen sich als Opfer übler Nachrede. Auf sie folgt die Hebephrenie, sie ist durch eine unzusammenhängende sprachliche Artikulation sowie häufig unangemessene emotionale Reaktionen und Verhaltensweisen gekennzeichnet, etwa lautes Lachen bei einem traurigen Anlass. Bei der vierten Stufe, der Katatonie, sind Bewegungen und Ausdruck extrem eingeschränkt. Die Patienten verharren oft stundenlang in derselben Position oder führen ständig die gleichen Bewegungen aus.
Kraepelins Klassifikation dient noch heute als Grundlage für die Diagnose von Schizophrenie. Durch Untersuchungen hat sich inzwischen bestätigt, dass die Gehirne Schizophrener biochemische und strukturelle Anomalien sowie Funktionsstörungen aufweisen. Kraepelins These, dass viele psychische Erkrankungen rein biologisch bedingt sind, hat die Psychiatrie stark beeinflusst. Bis heute werden viele psychische Erkrankungen mit Medikamenten behandelt. 
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