Die Skull - und Piratenschiffe behielten den Druck aufrecht, während die Solarier den Beschuss einfach aussaßen. Dexter konnte es im Kopf des feindlichen Kommandanten förmlich rattern hören. Wenn er jetzt die Schilde senkte, würde er zweifelsohne weitere Verluste erleiden, war aber in der Lage, das Bombardement zu erwidern. Es kämpften sieben gegen ungefähr dreißig Einheiten. Das Ergebnis stand von Anfang an fest. Er hoffte insgeheim, dass der feindliche Kommandant nicht dermaßen kaltschnäuzig reagieren und die eigenen Leute bedenkenlos opfern würde. Dexter irrte sich.
Dombrowskis Kopf zuckte hoch. Das Hologramm spiegelte sich teilweise auf dessen Gesicht wider. »Die feindlichen Schiffe senken die Schilde.«
Dexter schloss die Augen. Das war viel früher, als er es erwartet hatte. Die Besatzung der Flaggbrücke verfolgte das ungleiche Gefecht auf dem Hologramm. Wenn man die Symbole über den transparenten Plot huschen sah, konnte man beinahe vergessen, dass es sich dabei um Menschen handelte, die in diesem Augenblick kämpften und starben.
Die sieben Großkampfschiffe schoben sich in den Nahkampfbereich. Ihre Raketenbatterien und Torpedorohre schwiegen, während Energiewaffen und Gaußgeschütze den überwiegenden Teil des Gefechts übernahmen.
Der Beginn des Nahkampfs verlief zunächst zugunsten der Skulls . Ihre Schiffe waren größer als die feindlichen Begleitschiffe in der ersten Feuerlinie des Gegners.
Die Majestic, die Theseus sowie die Manticore schossen sich den Weg frei an einem halben Dutzend Zerstörer und Fregatten. Als Nächstes verloren die Solarier zwei Angriffskreuzer und drei Nachschubtender, die den Piratenschiffen zu nahe kamen.
Zu guter Letzt erledigte die Theseus einen Kampfkreuzer. Damit erschöpfte sich Dexters Glück. Die solarischen Großschlachtschiffe schoben sich an ihren Begleiteinheiten vorbei und nahmen zuerst die Piratenschiffe aufs Korn.
Der Gegner ließ Sokolows Angriffskreuzern keine Chance. Trotz heftiger Gegenwehr schossen die Solarier einen nach dem anderen zusammen. Die Großschlachtschiffe des Gegners bekamen auch den einen oder anderen guten Treffer ab, doch die Feuerkraft war eine Nummer zu groß für Sokolows Besatzungen.
Am Ende war nur noch ein schwer angeschlagener Angriffskreuzer übrig. Dessen Besatzung entschloss sich, dem eigenen Tod Bedeutung zu verleihen. Sie leiteten alle verfügbare Energie in die Schilde. Diese schillerten unter dem unbarmherzigen Beschuss des Feindes. Lange würden diese das nicht aushalten. Das war auch nicht notwendig. Sie mussten nicht lange durchhalten, lediglich lange genug.
Der Angriffskreuzer ging auf vollen Schub. Die noch funktionsfähigen Antriebsaggregate katapultierten das Piratenschiff nach vorn. Die Solarier erkannten viel zu spät, was sich vor ihren Augen abspielte. Sie gingen auf Ausweichkurs, das Verhängnis war jedoch nicht mehr abwendbar.
Der Piratenkreuzer kollidierte mit einem der Großschlachtschiffe an der linken Flanke. Das Piratenschiff wurde zerschmettert. Das Großschlachtschiff hingegen war gewaltig genug, um den Zusammenstoß zu überstehen. Dennoch bohrte sich der Piratenkreuzer tief in die Eingeweide des solarischen Molochs. Sekundärexplosionen brachen sich sowohl an Steuer- wie auch an Backbord Bahn und die Antriebsaggregate setzten flackernd aus.
Jubel brach unter den Offizieren auf der Flaggbrücke aus. Dexter schloss sich nicht an. Es handelte sich um einen Erfolg, natürlich – allerdings um einen teuer erkauften.
Die drei Skull -Schlachtschiffe feuerten auf die Gegner, so schnell sich ihre Geschütze aufladen ließen. Bald schon waren sie aber von der Übermacht des Gegners umringt. Gaußprojektile, Raketen und Laserenergie prasselten aus allen Richtungen auf sie ein. Den Skulls gelang es, ein feindliches Großschlachtschiff auszuschalten sowie ein kleineres Schlachtschiff und eine weitere Fregatte zu zerstören. Nach und nach verblassten die Symbole der drei Skull -Einheiten, bis nur noch die roten Hologramme feindlicher Schiffe erkennbar waren. Diese formierten sich neu und nahmen zum wiederholten Mal die Verfolgung auf.
Dexter fluchte wortlos. Der Kampf hatte sie viel gekostet und kaum etwas gebracht. Tatsächlich hatte sich der Großteil des Gefechts in ihre Richtung verlagert. Die Solarier waren immer noch am Aufholen.
Dexter bereitete sich innerlich auf das Schlimmste vor. Den Verband von achtern konnte man vernachlässigen. Er lag etwas weiter zurück. Doch um den von steuerbord musste man sich kümmern, sonst war eine Flucht nahezu ausgeschlossen.
Er wollte gerade den Befehl geben, als Dombrowski sich ihm zuwandte und mit hektischer Stimme verkündete: »Aktivität bei L5. Wir orten eine Strahlungswelle. Es kommt etwas hindurch.«
Dexter und Sorenson wechselten einen erschrockenen Blick. »Wie viele?«, wollte der Admiral wissen.
»Energiesignatur deutete auf mindestens siebzig Schiffe hin.«
Dexter schloss die Augen. »Wir sind den Solariern wieder mal in die Falle gegangen.«
»Wie konnten sie das wissen?«, verlangte Sorenson mit aschfahlem Gesicht zu erfahren.
»Ich weiß es nicht«, gab Dexter zurück. »Eventuell haben sie inzwischen jeden Lagrange-Punkt jedes Systems besetzt. Das würde bedeuten, wir hatten niemals eine Chance.« Dexter wagte es nicht, seinen Freund und Vorgesetzten anzusehen. »Soll ich die Kapitulation anbieten?«
Sorenson antwortete zunächst nicht. Als er schließlich das Wort ergriff, war seine Stimme bar jeder Emotion. »Das würde voraussetzen, dass sie überhaupt bereit wären, diese anzunehmen. Ich bezweifle es.«
Die Solarier gaben noch einmal alles und hetzten ihnen hinterher. Bei diesem Schub würden irgendwann ihre Antriebe ausbrennen. Vor allem das Führungsschiff des Verbands an Steuerbord hatte es sehr eilig und setzte sich an die Spitze seines Kommandos.
»Schiffe kommen durch!«, meldete Dombrowski
Er hatte noch kaum ausgesprochen, da materialisierten die ersten Kampfschiffe bei L5. Zuerst nur ein Dutzend, dann erhöhte sich die Anzahl rasend schnell.
»Signalstation?« Dexter richtete sich auf. »Rufen Sie das Führungsschiff. Ich will mit dem verantwortlichen Offizier sprechen.«
»Abschuss!« Dombrowskis Stimme hallte über die Flaggbrücke der Normandy. Jeder erstarrte auf der Stelle. Alle Augen richteten sich auf das taktische Hologramm. Eine Geschosswelle näherte sich unaufhaltsam Dexters Verband. Sein erster Impuls bestand darin, dem Gegner Paroli zu bieten. Aber gegen eine derartige Übermacht gab es keinen Widerstand, kein Entkommen. Sie hatten versagt. Sie waren besiegt.
Die Lenkflugkörper näherten sich unaufhaltsam der verbündeten Flotte aus Skulls und Piraten – und zogen daran vorbei.
Dexter schluckte. Er hatte bereits mit dem Leben abgeschlossen, doch anscheinend hatte das Universum andere Pläne mit ihm.
Die Geschosse hämmerten auf den solarischen Verband ein, der sich gerade mal innerhalb der Fernkampfdistanz befand. Gegen eine derartige Feuerkraft halfen den Solariern auch ihre Schilde nichts mehr. Das Führungsschiff detonierte, nachdem es vom Bug bis zum Heck von Einschlägen überzogen wurde.
Demselben Schicksal folgte eine ganze Reihe weiterer Schiffe. Einige Kommandanten besaßen die Geistesgegenwart, rechtzeitig aus der Formation auszuscheren, bevor das Verhängnis seinen Lauf nahm. Es waren aber nicht viele. Die Überlebenden zerstreuten sich in alle Richtungen, um sich nicht der Rache ihrer Gegner aussetzen zu müssen.
»IFF-Kennung bestätigt«, erhob Dombrowski seine Stimme. »Königlich-koloniale Schiffe. Wir werden gerufen.«
»Einspeisen«, erwiderten Dexter und Sorenson gleichzeitig.
Auf dem Hologramm erschien das ernste Gesicht eines Offiziers in den Sechzigern. Auf seinem Kopf prangte nicht ein einziges Haar und der Mann trug seine Glatze wie ein Ehrenmal. Die Insignien wiesen ihn als Vizeadmiral aus.
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