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2 Innovation– Wozu überhaupt?
Thomas Boggatz
Zusammenfassung
Ausgehend von der Erkenntnis, dass die Einführung von Innovationen mit erheblichem Aufwand für die betreffenden Einrichtungen verbunden ist, wird der Frage nachgegangen, wem die Einführung von Innovationen überhaupt nützt. Im Rahmen der Marktwirtschaft dienen Innovationen dazu, den Unternehmen neue Absatzmärkte zu erschließen. Was zählt, ist ihr Verkauf. Forschung hat zwar prinzipiell die Aufgabe, Innovationen kritisch auf ihren tatsächlichen Nutzen für die Patientinnen und Patienten hin zu untersuchen, unterliegt jedoch selbst einer marktwirtschaftlichen Produktionslogik, die zu einem hohen Output an Studien führt, deren Qualität als fragwürdig beurteilt wird. Versorgung auf der Grundlage von externer Evidenz läuft so Gefahr, zu einer Scheinverbesserung zu führen. Ein einseitiger Fortschrittglaube geht zudem mit dem Wunsch einer unbegrenzt möglichen Optimierung des Daseins und einer Überwindung der Sterblichkeit einher. Dieses Wunschbild dürfte sich jedoch bei seiner Implementierung in sein Gegenteil verkehren. Um eine Innovation im Interesse der Patientinnen einzuführen, ist ein erweiterter Innovationsbegriff notwendig, der die Grenzen der Daseinsoptimierung berücksichtigt.
Schlüsselwörter: Evidenzbasierte Praxis, Innovation
Innovationen gelten als zentraler Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor im Gesundheitswesen. Doch wozu – diese Frage soll hier gestellt werden – sind überhaupt Innovationen notwendig? Welchen Sinn und Nutzen haben sie? Die Antwort auf diese Frage erscheint zunächst selbstverständlich. Die Entwicklung und Verbreitung von Innovationen ist ein Prozess, der die gesamte Menschheitsgeschichte durchzieht. Ohne Innovationen hätte sich die Menschheit nicht von der Kulturstufe der Steinzeit hin zu einer Gesellschaft mit digitaler Technologie entwickelt. Innovationen sind der Garant des Fortschritts, sie sind verantwortlich für den Anstieg der durchschnittlichen Lebenszeit, für einen Gewinn an Sicherheit, Komfort und Lebensqualität. Auch die Pflege ist von diesem kontinuierlichen Entwicklungsprozess nicht ausgenommen. Man vergleiche nur ein Hospital des 17. Jahrhunderts mit einem modernen Universitätsklinikum und man wird dieser Aussage zustimmen.
Everett Rogers zufolge sind Innovationen zumeist technologischer Natur, wobei er Technologie definiert als »ein Design für instrumentelles Handeln, das die Unsicherheit in den Ursache-Wirkungs-Beziehungen reduziert, die an der Erzielung eines gewünschten Ergebnisses beteiligt sind« (Rogers 2003, S. 13). Die Einführung von Händedesinfektion durch Semmelweis war in diesem Sinne eine Technologie, welche dazu diente, das Risiko des Kindbettfiebers bei Müttern nach der Entbindung zu reduzieren und die Chance auf das Behandlungsergebnis einer geheilten Entlassung zu erhöhen. In diesem Sinne ist auch der Pflegeprozess mit seinen Schritten Assessment, Diagnose, Planung, Intervention und Evaluation eine komplexe Verhaltenstechnologie mit dem Ziel, die Unsicherheit beim Erreichen von positiven Outcomes zu reduzieren.
Zum Zeitpunkt ihrer Einführung war diese Technologie für die Pflegenden jedoch noch neu und unvertraut. Als Innovation erzeugte sie bei ihnen eher Unsicherheit als dass sie Unsicherheit reduzierte. Dies ist, Rogers zufolge, ein weiteres Kennzeichen von Innovationen. Ihre Verbreitung erfolgt demnach nicht automatisch, vielmehr gibt es stets Widerstände gegen sie, die sich aus der Verunsicherung der potenziellen Anwender ergeben. Die lange Dauer der Einführung des Pflegeprozesses in deutschen Kliniken ist nur ein Beispiel dafür. Wenn bei der Einführung von Innovationen jedoch derartige Widerstände zu überwinden sind, wozu ein erhebliches Maß an Energie und Anstrengung notwendig ist, lässt sich die berechtigte Frage stellen, ob und wie sinnvoll der entsprechende Aufwand ist. Der notwendige Energieeinsatz für die Einführung von Innovationen scheint mitunter so groß zu sein, dass Kliniken gerne darauf verzichten. Zur Überwindung solcher Implementierungsschwierigkeiten wurden im englischsprachigen Raum eine Reihe von Modellen zur Implementierung von Innovationen entwickelt (eine Übersicht bieten z. B. Rycroft-Malone & Bucknall 2010). Jedes dieser Modelle ist dabei eine Meta-Technologie, d. h. eine Technologie, welche die Unsicherheit beim Einführen von innovativen Technologien reduzieren soll. Zugleich ist jedes dieser Modelle selbst eine Innovation in der Pflege und wird daher Unsicherheiten und Widerstände auslösen, bevor es solche in Bezug auf die Einführung von Innovationen bei der Behandlung von Pflegebedürftigen reduzieren kann. Wenn aber die Einführung eines solchen Modells in die Pflege ebenfalls mit erheblichem Aufwand verbunden ist (und damit die Lösung des Problems selbst problematisch ist), ist es umso berechtigter zu fragen, welchen Sinn das Einführen von Innovationen haben soll und wessen Interessen und Bedürfnissen der gesamte Aufwand eigentlich dient.
2.2 Innovation als Selbstzweck?
Wird diese Frage nicht gestellt, kann Innovation zu einem Selbstzweck werden. Die Notwendigkeit von weiteren Innovationen wird dann dadurch gerechtfertigt, dass es bereits vorher solche gegeben hat. Dies führt in der Konsequenz zur Forderung nach einem immer weitergehenden Innovationsprozess, der die bestehenden Arbeitsprozesse und Routinen in Frage stellt, um sie durch angeblich bessere zu ersetzen. Implizit erfolgt so eine Abwertung der bestehenden Praxis. Unter der Prämisse dieser Innovationslogik sind die bestehenden Arbeitsprozesse nicht gut genug und die Praktikerinnen und Praktiker nicht kompetent genug, um den gegebenen Anforderungen zu genügen. Das Resultat ist eine permanente Verunsicherung, die bestehende Routinen untergräbt, da diese zu starr und unflexibel seien, um eine Anpassung an immer neue Erfordernisse zu gewährleisten. Routinen sind allerdings notwendig, damit die Praxis handlungsfähig bleibt. Wollte man jeden Arbeitsprozess beständig neu strukturieren und verbessern, käme niemand mehr dazu, einen Arbeitsprozess durchzuführen. Ein uneingeschränkt fortlaufender Innovationsprozess würde damit das Gegenteil von seinem Ziel bewirken. Anstatt die Autonomie und Handlungsfähigkeit der in der Praxis arbeitenden Pflegepersonen zu befördern, würde er zu ihrer Lähmung und Fremdbestimmung führen.
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