I M P R E S S U M
Terrorismus in Deutschland und Italien
Theorie und Praxis der RAG und der Roten Brigaden
von Kai Berke
© 2016/Kai Berke
Alle Rechte vorbehalten.
Autor: Kai Berke
Am Steven 1
23569 Lübeck
post@kaiberke.de
ISBN: 9783960284024
Verlag: GD Publishing
Dieses Buch, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt und darf ohne Zustimmung des Autors nicht vervielfältigt, wieder verkauft oder weitergegeben werden.
Einleitung 5
Untergrund und Revolution- Die Arbeit von Marisa Elena ROSSI 6
Abgrenzung des Untersuchungszeitraums 8
Zum Aufbau der Arbeit 9
Zur Begriffsverwendung 10
Die wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklung in Deutschland und Italien 14
A: DEUTSCHLAND 14
Die Entwicklung bis 1968 14
B: ITALIEN 29
Konklusion 46
GRÜNDE FÜR DIE ISOLATION DER ARBEITERAUTONOMIE UND DER BR 47
Exkurs: Die Autonomia von 1977 50
Die Politik der linken Parteien und der Gewerkschaften in den 70‘er Jahren 51
C: Vergleich der Entwicklungen in Deutschland und Italien 57
DIE THEORIE DER RAF UND DER BR IM VERGLEICH 61
Revolutionstheorie 61
Vom Aufbau der Roten Armee zum antiimperialistischen Kampf: Die Rote Armee Fraktion 66
Konklusion 77
Vom Metropolenkollektiv zum „Angriff auf das Herz des Staates“: Die Theorie der BR 78
Konklusion 87
Gründe für die Isolation in der Theorie von RAF und BR 88
Die Praxis der RAF und der BR 92
A: Quantitative Darstellung der Aktionen der RAF und der BR 92
B: Von der Volksaufklärung zum bewaffneten Autismus: Die Aktionen der RAF 95
C: Von der bewaffneten Propaganda zur Strategie der Vernichtung: Die Aktionen der BR 100
D: Zur Strategie des bewaffneten Kampfes 106
E: Zusammenfassung zur Praxis der Rote Armee Fraktion und der Brigate Rosse 116
Zur Organisationsstruktur der RAF und der BR 121
A: Grundlegende Merkmale der Organisationsstruktur 121
B: Von der Stadtguerilla zum zellengesteuerten Einsatzkommando: die Organisation der RAF 122
C: Von den bewaffneten Arbeiterkernen zur „Kämpfenden Kommunistischen Partei“: die Organisation der BR 123
D: Zur sozialen Zusammensetzung von RAF und BR 126
E: Zusammenfassung und Vergleich 127
Kapitel 5: Die Reaktionen auf den bewaffneten Kampf in Deutschland und Italien 130
A: DEUTSCHLAND 130
Konklusion 138
B: ITALIEN 138
C: Vergleich der staatlichen Reaktionen auf die RAF und die BR 145
ERGEBNIS 148
Epilog 152
Epilog 153
Von der antiimperialistischen Front zur Auflösung- Der Abgesang der RAF 153
Exkurs: Vom Nutzen der Anschläge 155
Spaltungen und Isolation- Das Ende der Brigate Rosse 157
Literaturliste 161
Zeitungs- und Zeitschriftenartikel 166
Die Guerilla ist vorbei, auch der Prozess Guerilla ist vorbei.
Aber ich behaupte, dass die Geschichte der Brigate Rosse
ein Bruchstück politischer Geschichte ist (...)
Sie kann nicht im Gerichtssaal geschrieben werden.
In vielen Staaten Westeuropas entstanden Ende der 60‘er Jahre Bewegungen, deren Ziel die Veränderung der herrschenden Gesellschaft war. Aus ihnen entstanden verschiedene Gruppen, die aus ganz unterschiedlichen Motiven einen gewaltsamen- besser: bewaffneten- Weg einschlugen. Der Versuch, eine bessere Gesellschaft mit Mitteln der Gewalt schaffen zu wollen, ist gescheitert und niemand kann sagen, dass das Kapitel im strafrechtlichen Sinne nicht äußerst gründlich aufgearbeitet wurde. Diese Arbeit soll zu einer politischen oder politikwissenschaftlichen Aufarbeitung beitragen.
Für diese Arbeit wurden mit der deutschen Rote Armee Fraktion (RAF) und den italienischen Brigate Rosse (BR) zwei Organisationen ausgewählt, die trotz aller Unterschiede doch eine Reihe von Gemeinsamkeiten haben, die einen Vergleich ermöglichen. Grob können bewaffnete, nichtstaatliche Gruppen in zwei Kategorien unterteilt werden: Befreiungsbewegungen mit vorrangig nationalistischen Zielsetzungen und Gruppen mit dem Ziel einer sozialen Umwälzung. Zur ersten Kategorie gehören neben ETA und IRA auch verschiedene palästinensische Gruppen und Befreiungsbewegungen des Trikonts, zur zweiten RAF und BR.
RAF und BR traten zudem in Ländern auf, die aufgrund ihrer faschistischen Vergangenheit und ihrer nachfolgenden kapitalistischen Entwicklung unter christdemokratischer Vorherrschaft vergleichbar sind. Die politische und ökonomische Entwicklung von Deutschland und Italien weist zahlreiche Parallelen auf, wie im ersten Kapitel auch zu sehen sein wird.
Worin liegt nun die Motivation, ein soziales Phänomen zu untersuchen, zu dem ganze Bibliotheken an Literatur existieren? Aus der Anzahl der Publikationen zu einem Thema lässt sich eben nicht schließen, dass dieses Thema in allen Details erforscht ist- das wird besonders deutlich beim Terrorismus der 70‘er Jahre. Schon bei einer flüchtigen Übersicht über das Literaturangebot stellt man fest, dass sich der ganz überwiegende Teil mit den Ursachen der Entstehung von bewaffneten Gruppen beschäftigt.
Sehr viel seltener stößt man auf Arbeiten, die sich über das phrasenhafte Bekenntnis zur „wehrhaften Demokratie“ hinaus mit der Frage nach dem Scheitern des bewaffneten Kampfes befassen. Deshalb soll das Augenmerk meines Vergleichs zwischen der RAF und den BR nicht auf der Frage nach dem „Wie konnte das passieren?“ liegen sondern auf der Frage „Warum ist der „bewaffnete Kampf“ gescheitert?“. Bei meinen Recherchen bin ich auf genau eine Arbeit gestoßen, die in einem systematischen Vergleich zwischen diesen beiden Gruppen der Frage nachgeht, woran RAF und BR letztlich gescheitert sind. Marisa Elena ROSSI versucht in ihrer Dissertation hauptsächlich mit Methoden der empirischen Sozialforschung nachzuweisen, dass der „springende Punkt“ die Illegalität ist, aus der die Gruppen operieren müssen.
Untergrund und Revolution- Die Arbeit von Marisa Elena ROSSI
ROSSI versucht, die beiden Organisationen auf zwei Ebenen zu analysieren: Nach einer historisch- qualitativen Analyse der Theorie und Praxis werden im zweiten, empirischen Teil Gründe für die Entstehung, das Fortbestehen und die Auflösung der Gruppen gesucht. Ansatz und Inhalt dieser Studie sind aus verschiedenen Gründen zu kritisieren.
Neben der sehr dünnen Kontextualisierung, die unterschlägt, dass der Terrorismus der RAF und der BR eben genau in dieser historischen Konstellation entstehen (und auch wieder verschwinden) konnte, ist der laxe Umgang mit historischen Details sehr ärgerlich. So wird behauptet, bei der Baader- Befreiungsaktion der RAF 1970 hätte es einen Toten gegeben, was eben sowenig stimmt wie die Behauptungen, die RAF habe zur Geldbeschaffung in der Frühphase bis 1972 Entführungen durchgeführt oder sie habe den Berliner Kammergerichtspräsidenten von Drenckmann erschossen.
Neben solchen Details begeht ROSSI aber auch methodische Fehler: So entgeht ihr die theoretische Entwicklung der RAF, weil sie auf eine Längsschnittanalyse verzichtet und sich statt dessen vorwiegend auf eine Schrift Horst Mahlers bezieht, die – im Gefängnis ohne Rücksprache mit der Gruppe geschrieben- die Meinung eines Einzelnen, aber zu keiner Zeit den Diskussionsstand innerhalb der RAF geschweige denn deren Praxis darstellte. Konnte sie auch nicht, denn die Verhaftung Mahlers in der Frühphase der RAF verhindert, dass er in seinen Schriften die Entwicklung der Gruppe abbilden kann. Es ist ein grundsätzliches Dilemma, dass sich diejenigen Autoren, die sich auch mit der Theorie der RAF auseinandersetzen, meist an Mahlers Text abarbeiten, weil aus ihm all die griffigen Zitate stammen, mit denen man die RAF moralisch diskreditieren konnte, weil sie die größte Angriffsfläche bieten.
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