Luise Hennich
Krötenküssen
eine zauberhafte Geschichte
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Inhaltsverzeichnis
Titel Luise Hennich Krötenküssen eine zauberhafte Geschichte Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1: Änderungen
Kapitel 2: Allein
Kapitel 3: Flügelschlag
Kapitel 4: Tante Rosie
Kapitel 5: Dem Tod entronnen
Kapitel 6 Deutschklausur
Kapitel 7: Das Wiedersehen
Kapitel 8: Rasputin
Kapitel 9: Besucher
Kapitel 10: Die Begegnung
Kapitel 11: Aaron
Kapitel 12: Der Wolf und die Fee
Kapitel 13: Entdeckt
Kapitel 14: Schule
Kapitel 15: Chaos
Kapitel 16: Party
Kapitel 17: Das Monster
Kapitel 18: Spionage
Kapitel 19: Die Fee im Stroh
Kapitel 20: Marietta
Kapitel 21: Magic
Kapitel 22: Monster im Keller
Kapitel 23: Monster im Mondschein
Kapitel 24: Freiflug
Kapitel 25: Aufgewacht
Kapitel 26: Disco
Kapitel 27: Showtime
Kapitel 28: Im Glashaus
Kapitel 29: Die Kröte
Kapitel 30: Befreit
Kapitel 31: Verloren
Kapitel 32: Gefunden
Kapitel 33: Verwandelt
Kapitel 34: Wahrheit
Kapitel 35: Sommernachtsalbtraum
Kapitel 36: Scherben
Kapitel 37: Wahrheit und Klarheit
Kapitel 38: Zauberverbot
Epilog
Impressum neobooks
Für Gnomi
- mein zauberhaftes Wesen
Es war zu Ostern, als sich mein Leben änderte.
Mal wieder änderte.
Die letzte Änderung war noch nicht so besonders lange her gewesen. Aus Hamburg, dieser supergeilen Stadt, war ich von meinen Eltern nach Bayern in die Provinz verschleppt worden. Verschleppt - anders konnte man es beim besten Willen nicht bezeichnen.
Meine Mutter und mein Vater waren Professoren.
Beide.
Für Geologie.
Ging es noch langweiliger?
Bis vor kurzem noch in Hamburg und nun an der Uni in München. Und ich – ich ging nun auf dieses Provinzgymnasium in diesem Provinzkaff, weil meine Eltern zwar in der Großstadt arbeiten, aber nicht wohnen wollten.
Klar, meinen Eltern machte das nichts aus. Die waren total vertieft in ihre Forschung, fuhren täglich zur Universität oder zu Konferenzen und waren nur selten zu Hause.
Aber zu Ostern hatten sie es tatsächlich mal alle beide geschafft, anwesend zu sein. Auch wenn für Familienleben bei uns wenig Zeit blieb, und ich es ihnen nicht wirklich verzieh, dass ich meine Freunde, meine Schule, meine Stadt, zurücklassen musste, so waren sie doch insgesamt ganz in Ordnung und ich freute mich tatsächlich irgendwie darüber, dass wir nun zusammen ein paar Tage verbringen würden.
Und so saßen wir am Ostersonntag am Frühstückstisch auf der Terrasse vor unserem Haus in der Sonne und blickten auf Wiesen und Wälder und auf die Berge, die sich in der Ferne als helle Silhouetten abzeichneten. Präziser formuliert: wir blickten ins Nichts, denn unser Haus lag nicht nur in einem winzigen Kaff, es lag, um das Maß voll zu machen, auch noch total einsam am Ortsrand. Wir hatten noch nicht mal Nachbarn, denn selbst der steinalte Bauernhof, der ein paar hundert Meter weiter neben unserem Garten lag, stand schon seit langem leer und war total verfallen. Die Einheimischen nannten ihn den Eulenhof, aber ich hatte noch nie eine zu Gesicht bekommen. Aber auch ohne Eulen war das tote Gemäuer irgendwie total gruselig.
Obwohl es schon zehn Uhr morgens war, griff meine Mutter noch immer schlaftrunken nach der Kanne und schenkte sich Kaffee ein.
„Ich glaube, ich hatte etwas zu wenig Schlaf in den vergangenen Tagen”, sagte sie mit einer vor Müdigkeit rauen Stimme.
Das konnte hinkommen, wenn man bedachte, dass sie erst am Abend zuvor von einer Konferenz in Tokio zurückgekehrt war und davor, glaubte ich mich zu erinnern, in Toronto einen Vortrag gehalten hatte.
Über den Rand ihrer Kaffeetasse blickte sie über den Tisch und nickte meinem Vater und mir anerkennend zu. „Wie schön, dass ihr beide ein paar Ostereier aufgetrieben habt.“ Sie sah auf die lila-blau gefärbten Eier und lächelte mich an.
„Ich musste improvisieren“, antwortete ich und erklärte: „Leider hatte ich vergessen, Farbe zu kaufen. Zum Glück habe ich noch ein paar Reste vom letzten Jahr gefunden. Die habe ich gemischt. Daher das ausgefallene Design“.
Mein Vater nahm sich ein Ei und begann es abzuschälen.
„Die sehen doch gut aus“, meinte er beiläufig, ohne wirklich auf die Farbe zu achten und schob das ganze Teil in seinen Mund, kaute und schwieg.
Die beiden waren heute Morgen ja echte Stimmungskanonen!
Normalerweise quatschten sie mich immer tot mit irgendwelchen Geschichten über irgendwelche Gesteinsschichten, die aus irgendwelchen Gründen total spektakulär waren. Doch an diesem Morgen schienen sie irgendwie an einer Art von Stimmlähmung zu leiden.
„Ist alles in Ordnung?”, fragte ich und griff auch nach einem blöden Ei, nur um etwas zu tun.
Meine Mutter blickte von ihrem Kaffee auf und sah mich an. „Mia, wir müssen etwas Wichtiges mit dir besprechen.“ In mir schrillte eine Alarmglocke. So oder so ähnlich hatte auch das Gespräch begonnen, in dem sie mir gesagt hatten, dass wir in die Provinz ziehen würden.
„Ist etwas passiert?“, fragte ich daher misstrauisch.
Mein Vater stand auf und kam zu meinem Stuhl. Er setzte sich auf meine Lehne und legte seine Hand auf meine Schulter. Oh Gott! Was kam jetzt?
„Könntest du dir vorstellen, für eine Weile allein zu bleiben?”, fragte er.
Ich war schon öfter allein geblieben, wenn meine Eltern zu einer ihrer wissenschaftlichen Exkursionen aufbrachen. Allerdings nie besonders lange.
Der Tonfall in seiner Stimme ließ mich aufhorchen.
„Wie lange würde diese Weile denn sein?”, fragte ich misstrauisch. Prinzipiell genoss ich es, mein eigener Herr zu sein und über eine sturmfreie Bude zu verfügen – aber alles hatte seine Grenzen.
„Diesmal würde es etwas länger sein, als du es bisher gewohnt bist“, sagte meine Mutter und beugte sich über den Tisch in meine Richtung. „Wir haben das Angebot bekommen, an Erdbohrungen in der Antarktis teilzunehmen. Das würde bedeuten, dass wir dort ein Jahr verbringen würden.“
„Ihr beide zusammen?”, fragte ich schockiert. Das konnte ja wohl nicht ihr Ernst sein, dass ich alleine hier in dieser Einöde sitzen sollte.
„Seid ihr verrückt? Soll ich etwa alleine in diesem Kaff bleiben?“, entfuhr es mir.
„Du bist ja kein Baby mehr. Wir finden, du bist für dein Alter ungewöhnlich vernünftig und selbstständig“, hörte ich meine Mutter sagen.
„Wir möchten dich nur ungern kurz vor dem Abitur aus der Schule nehmen und in ein Internat schicken. Deshalb haben wir gedacht, du bleibst hier und bekommst Gesellschaft.“
„Gesellschaft?“
„Wahrscheinlich kannst du dich gar nicht mehr an sie erinnern. Du warst noch sehr klein, als ihr euch das letzte Mal begegnet seid“, sagte meine Mutter
„Wen meinst du?“
„Ich spreche von meiner Tante, deiner Großtante Rosie. Sie würde für ein Jahr zu uns ziehen, da sie im Augenblick, sagen wir mal, ungebunden ist.“
Das wurde ja immer besser. Nicht nur, dass sich meine Eltern im wahrsten Sinne des Wortes ans andere Ende der Welt verziehen wollten – ich sollte auch noch mit einer mir unbekannten und wahrscheinlich schon am Rande der Senilität befindlichen Verwandten hier am Arsch der Welt sitzen.
„Das ist ein Scherz“, war alles, was ich hervorpressen konnte.
„Kind, glaub mir, es fällt uns nicht leicht, dich so lange allein zu lassen. Aber diese Gelegenheit ist einmalig und kommt wahrscheinlich nicht wieder. Das ist kein Urlaub und auch keine Abenteuerreise, sondern ein Forschungsaufenthalt, der uns mit großer Wahrscheinlichkeit einige bahnbrechende Erkenntnisse bringen wird.“
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