Tragisch wird das ja, wenn man sich bei einem Jupiter-Transit durch das sechste Haus ein paar niedliche Welpen oder Kätzchen anschafft, und wenn dann eventuell Saturn als Transit folgt, will man die vielleicht nicht mehr, weil die einem zu viel Sorgen oder Arbeit machen, der Hauswirt protestiert oder die Kinder eine Katzenhaarallergie bekommen. Ich meine, man sollte bei der Anschaffung von Haustieren sehr genau die Transite beobachten und vielleicht auch in Beratungen kurz darauf eingehen. Sicher wäre es sinnvoll, bei Beratungsgesprächen vorsichtig warnend darauf hinzudeuten, dass die Neigung zur Anschaffung von gefährlichen Haustieren (Uranus in sechs) oder Schwiegermüttern (Pluto in neun) gegeben ist.
Nun gibt es aber auch noch den Hausdrachen, den man vornehmlich (und manchmal auch zu Recht) auf Schwiegermütter projiziert. In einem solch speziellen Fall müsste man dann ganz sicher Uranus in neun haben, denn ein Hausdrachen ist ja eine Art domestiziertes Krokodil.
Bloß gut, dass wir unser Horoskop als Ratgeber für alle Fragen haben, ich weiß gar nicht, wie ich früher ohne Astrologie leben konnte.
Alle Fische-Frauen sind Heulsusen. Basta! Ich frage nach, wieso Susi plötzlich so allergisch auf die reagiert. Sie verweist grimmig auf die soeben in ihr Leben getretene Schwiegermutter und steckt nun alle Frauen, deren Sonne in Fische steht, in eine Schublade, auf der Fische = Heulsusen steht. Aber es gibt auch sehr spirituelle unter ihnen, oder? Ja klar, bei soviel Geheule gibt’s nur zwei Möglichkeiten: Spiritus oder Spiritualität. Schublade zu! Das nennt man dann schubladisieren.
Wer sich schon etwas mit den Planeten auskennt, der speichert die entsprechenden Eigenschaften dann stolz in einer differenzierteren Schublade. Merkur/Neptun spinnt und lügt! Ach was, sie spinnen ihre Märchenfäden, und die weiblichen Spinnerinnen lügen nicht, wie man ihnen immer unterstellt, sondern sie erfinden die Wahrheit einfach neu. Und überhaupt: Es geht doch nicht darum, ob alles stimmt, denn keiner soll sich seine schöne Geschichte durch die Realität kaputtmachen lassen.
Manchem stehen schon die Haare zu Berge oder gefriert das Blut in den Adern, wenn man nur das Wort Skorpion ausspricht, schlimmer noch, wenn er einem begegnet: „Hast Du die Augen von dem gesehen? Die tragen alle (!) Sonnenbrillen, damit man nicht gleich das Böse in den Augen erkennt. Bloß weg hier!“ Wie viele Skorpione kennst du denn ein bisschen besser? Na, einen, und der reicht mir lebenslänglich. Langsam tun mir die armen Skorpione Leid. Vielleicht sollte man bei dieser Spezies „in dubio pro reo“ gelten lassen.
Aber vielleicht hatte Talleyrand, ein weitsichtiger Wassermann, speziell für plutonische Begegnungen auch damit recht: „Es ist nicht sehr menschenfreundlich, wenn man von einem Gegner das Schlimmste erwartet, aber es ist selten falsch.“ Und überhaupt: Wir alle haben ja Pluto im Horoskop und vielleicht sogar im harten Aspekt zu unseren Achsen und unserer Sonne. Ob da nicht der eigene Schatten auf den anderen fällt?
Alle (!) Steinböcke sind nach den Skorpionen die schlimmsten, sie sind stur, rational und geizig, gefolgt von den Jungfrauen, die immer nur nörgeln, perfektionistisch und hypochondrisch sind. Wenn wir den schubladisierten Sternzeichen mit diesen Vorurteilen begegnen, dann sollte es uns nicht wundern, wenn sie sich genau so verhalten. Alle Frauen sind Lästermäuler, egal mit welchem Sternzeichen sie geboren wurden. All die bösen Männer sollten eins bedenken: Alle (!) Frauen sind eigentlich Engel, nur wenn man ihnen die Flügel bricht, fliegen sie auf einem Besen weiter (besonders die ordentlichen Jungfrauen…).
Ich habe gelesen, dass Vorurteile nichts mit der Realität zu tun haben sollen, sie seien ein Wahrnehmungsfehler. Na, na - ich zähle inzwischen an die zwanzig Personen mit einem Merkur/Saturn-Aspekt zu meinem Bekanntenkreis, und die waren alle mehr oder weniger gründlich, detailbesessen, grüblerisch und mit einem mentalem Schneckentempo gesegnet etc. Da haben wir’s: Alle (!) Astrologen haben eben keine Vorurteile, sondern prädestinieren sich durch ihre hohe Deutungskunst und Intuition. So, so…?!
Zurück zu den Schubladen: Ich begegne einer Bekannten, der es sehr schlecht geht. Ich höre ihr zu und versuche zu helfen. Sie sagt voller Emphase: „Ich wusste gleich, dass Du eine doppelte Waage bist, die sind ja alle sooo lieb und ausgeglichen.“ Schublade zu, auf der steht nun Waage = lieb und ausgeglichen. Aber hallo, Waagen sind nicht ausgeglichen, sondern ausgleichend, und überhaupt, ich will nicht in die Schublade „lieb“ gesteckt werden. Ich deute nur an, dass sie meinen Mars (noch) nicht kennt, aber was soll’s.
Anderntags bin ich nicht so guter Stimmung und treffe auf jemanden, der mich nervt. Merkur und Mars lassen sich nichts gefallen und reagieren etwas schroff. „Ich wusste ja gleich, dass die Waagen immer nur so nett tun, eigentlich sind sie nämlich fies“, ist die Reaktion. Schublade auf und zugeknallt: Waage = fies. Ob wir alle nun lieb, fies, abgründig, streitbar, aggressiv, Astrologen oder Spinner und, und… sind, es gibt eine schöne indianische Weisheit: Bevor Du urteilen willst, über mich oder mein Leben, ziehe meine Schuhe an und laufe meinen Weg, durchlaufe die Straßen, Berge und Täler, fühle die Trauer, erlebe den Schmerz und die Freuden...und erst DANN kannst Du urteilen. Wie wahr!
Nicht an jeder Ecke lauert der Feind, aber auf jeden Fall im siebten Eckhaus. Da es sich hier um einen "offenen Feind" handelt, wird er uns vielleicht begrüßen mit: "Guten Tag, ich bin Dein Feind.“ Und wir sagen: "Schön, Dich kennen zu lernen", und freuen uns, denn das ist doch viel besser als ein "verborgener Feind", der sich in unserem zwölften Haus - dem fallenden (!) auch noch - versteckt hält.
Wenn man sein Horoskop kennt, dann weiß man auch gleich, was unseren Feind auszeichnet, aber nicht sofort, wer er denn wohl ist. Er kommt vielleicht offen und partnerschaftlich auf uns zu, und ehe wir uns versehen, sind wir spinne-feind, obwohl wir es eigentlich besser hätten wissen müssen, denn er/sie hat eine Venus/Pluto-Konjunktion im siebten Haus. Vor allem die männlichen Begegnungen mit weiblichen Geschöpfen sollten uns vorsichtig werden lassen, denn wir müssen daran denken, dass viele weibliche Spinnen, die ohnehin größer sind als die männlichen, nach der Paarung ihren Partner fressen. Vielleicht sollte man es gar nicht dazu kommen lassen, denn danach sieht's böse aus, obwohl wir um den Feind wussten.
Ich habe gelesen, dass Skorpione zu den häufigsten Feinden der Spinnen gehören. Na, da hätten wir doch schon eine Lösung: Wir besinnen uns auf unseren Pluto oder aktivieren einen wahren Freund, der vielleicht Skorpion ist oder dominante Pluto-Platzierungen hat, und schon sind wir gerettet, oder sollten wir doch lieber sanfte Gewalt anwenden à la: "Wer den Feind umarmt, macht ihn bewegungsunfähig?"
In früheren Zeiten war das alles viel offensichtlicher, der Rivale wurde zum Feind, mit dem man sich duellieren musste oder wollte. Aber ob die alle einen schwierigen Planeten im siebten Haus hatten? Das wäre ja unfair, wenn sich dabei Uranus oder Mars in sieben mit einem Neptun in sieben duellieren müssten. Uranus und Mars gehen blitzschnell zur Attacke über, während Neptun noch schaut, wie und ob sich der Nebel im Morgengrauen langsam lichtet, wobei es vielleicht nicht ganz klar ist, ob es sich hier nicht eventuell auch um seinen vom Vorabend herrührenden Trinkgelage vernebelten Kopf handelt.
Apropos Nebel: Wir müssen uns dringend dem zwölften (Neptun-) Haus widmen, denn von den darin platzierten Planeten geht eine echte Gefahr aus, sie symbolisieren nämlich unsere versteckten Feinde, die uns hinterrücks anfallen und nicht so nett sind, sich uns erst mal vorzustellen. Eigentlich kann ich glücklich sein, mich mit meinen sechs Planeten im zwölften Haus noch einigermaßen lebendig und unbeschadet zu fühlen. Was könnte mir nicht alles passiert sein (oder noch passieren!!!), abgesehen davon, dass ich eigentlich prädestiniert bin für Aufenthalte in Klöstern und geschlossenen Anstalten? Wenn ich zudem noch Mars in zwölf hätte, so wären auch andere in hoher Gefahr, denn wie ich gelesen habe werden Zorn und Feindseligkeit zuweilen an Krankenschwestern und Gefängniswärtern ausgelassen...
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