Wir sollten gewappnet sein, wenn wir einem Menschen begegnen, dessen Horoskop vor allem starke Merkur-Platzierungen aufweist, wobei die harten Winkel - hier besonders auch die Konjunktionen - oder eine Platzierung im dritten Haus oder Zwillinge von besonderer Durchschlagkraft sind. Ich kenne zwei Frauen mit einer Merkur/Pluto-Konjunktion in Löwe: Unbestritten haben sie einen sehr regen und anregenden Geist und sind gleichzeitig von hoher Nervosität. Nora kann nicht eine Minute still sitzen, Katja zappelt ebenfalls hin und her, während die Augen wach und neugierig das Umfeld taxieren, die Wörter aus dem Mund purzeln, Überzeugungen mit einer Vehemenz geäußert werden, dass nicht sehr mental Gefestigte suggestiv in ihren Bann gezogen werden und schließlich ermattet zu allem nur noch nicken. Die besondere Gabe, das Luftholen mit einem langen „und daaann“ oder „ja aaalso“ zu verbinden, macht die Chance eines Themenwechsels fast aussichtslos.
Bei endlosen Telefongesprächen gibt es einen Trick: Der Partner oder notfalls man selbst (mit Handy oder schnurlosem Telefon) klingelt an der Wohnungstür, und dadurch gibt es nun einen triftigen Grund, das Gespräch kurzfristig und vor allen Dingen höflich zu beenden…
Bei Merkur/Saturn-Aspektierten sind die Pausen zwischen Sätzen, Gedanken und deren Verbalisierung oftmals lang, so lang, dass man nie weiß (überhaupt am Telefon), ob das Thema beendet ist. Hier besteht die Gefahr, dass man mit einer sachlich-detaillierten Schilderung von eigentlich nicht so wichtigen Ereignissen konfrontiert wird, die für den Zuhörer absolut einschläfernd sind. Eine mir bekannte Sozialarbeiterin schilderte die Lage ihrer in einer Wohnung mit türkischen Mietern entdeckten Schimmelflecke (und es waren viele…) so präzise, als ob ich für deren Beseitigung vorgesehen wäre.
Eine Verwandte, die gerade einen Wohnungswechsel zu bewältigen und die Umzugskartons gefüllt hatte, erzählte mir in allen Details deren Inhalt und welcher Stuhl, welcher Tisch an welche Stelle auch immer gestellt werden sollten; das ist besonders aufschlussreich, wenn man die Aufteilung der Räume noch gar nicht kennt. Und dann gibt es natürlich noch Merkur/Uranus-Typen, die mit ihrem rastlos arbeitenden Geist Schlussfolgerungen ziehen, wo für andere noch nicht mal das Thema klar ist, die mit ihren plötzlichen Einfällen und Kehrtwendungen ein Gespräch zumindest nicht langweilig werden lassen.
Etwas gewöhnungsbedürftig sind ihre Sprunghaftigkeit und Aneinanderreihung von (für sie) folgerichtigen Ereignissen, die für den Zuhörer allerdings wenig Sinn ergeben. Thomas Ring schrieb so schön über den „unbewältigten Konflikt, dem Wunsch, sich origineller zu geben, als der Verstand erlaubt.“ Wenn es gelänge, in den Lufthol-Pausen irgendeine interessante, möglichst absurde Bemerkung anzubringen, könnte es sogar sein, dass sie darauf anspringen und (kurz) zuhören! Und natürlich Merkur, Jupiter und Neptun: Das Mitteilungsbedürfnis ist ungebrochen, die Phantasie lädt aber auch den anderen ein mitzuschwingen und sich - je nach Häuser- und Zeichenplatzierung - auf Reisen in die Weite, Tiefe oder ins Unendliche zu begeben oder dem neuesten Klatsch und Tratsch über die Familie, die Nachbarn, den Kollegen zu lauschen, wobei Übertreibungen erst die richtige Würze geben. Thomas Ring schreibt über Merkur/Neptun, dass „das Intelligenzniveau sogar bei kriminellen Neigungen hoch sein kann.“ Also lassen wir uns nicht von Merkur/Neptun einfangen, wer weiß, wohin das führt.
Wenn wir uns hilflos einem Rederitis-Menschen ausgeliefert fühlen, dann hilft es uns vielleicht, mit merkurialem Feinsinn Herder zu zitieren: „Lerne schweigen, o Freund. Dem Silber gleichet die Rede, aber zu rechter Zeit schweigen ist lauteres Gold“. Unser Gesprächspartner wird mindestens für einen erstaunten Moment verstummen und vielleicht sogar einen laut-losen Rückzug antreten. Gerettet!
Krokodil im sechsten Haus
Ich habe eine Schwiegermutter. Das allein muss noch nicht Besorgnis erregend sein, aber da Pluto in meinem neunten Haus steht, war und bin ich gewarnt. Und siehe, schon wieder steht sie mit drohendem sonntäglichem Blick in der Küche, zählt mir die Lieblingsgerichte ihres Sohnes auf und sagt mit einem unüberhörbaren Knurren, dass sie schon lange beobachte, wie sehr Ralf abmagere und bleichgesichtig geworden sei - das käme von der vegetarischen Kost, die er bei mir essen müsse -, er leide mit Sicherheit unter Eisenmangel.
Um die Sonntagsidylle nicht zu stören, halte ich - ausnahmsweise mal - den Mund, beschließe aber, gleich Montag das erst kürzlich in einem Buchladen entdeckte Buch: „Am nächsten Sonntag bringe ich sie um!“ zu kaufen...
Ich glaub', ich brauche zur Unterstützung meine Geschwister aus dem dritten Haus, in dem bei mir zwar kein Planet steht, aber dennoch habe ich vier Geschwister, alle älter als ich. Nach meinen Erfahrungen müsste im dritten Haus eigentlich Mars stehen, soo haben wir uns früher gestritten. Die dritten Häuser meiner Geschwister sind auch unbesetzt, bis auf das meines ältesten Bruders, der hat da den Saturn drinnen. Auf mich hat sich das bestimmt nicht ausgewirkt, denn als ich gerade zu denken anfing, studierte er schon in einer anderen Stadt.
Sicher liegt das daran, dass er als „Kronsohn“ ziemlich unglücklich und frustriert über all die Geschwister war, die da noch nach ihm kamen und auf die er zum Teil aufpassen musste. Mein anderer Bruder, mit dem ich mich immer so gefetzt habe, ist nun schon über siebzig, und auf die Entfernung verstehen wir uns heute richtig gut.
Er hatte eine sehr nette Schwiegermutter, obwohl sein Saturn im neunten Haus steht. Ob er mir was verschweigt? Na, das kriege ich bestimmt über meine Schwägerin Moni raus, die eigentlich im neunten Haus den Pluto zu stehen haben müsste, denn ihre Schwiegermutter, d.h. meine Mutter, war absolut plutonisch, aber in ihrem neunten Haus ist die Venus (mit Trigon zu Jupiter) platziert. Na, so was!
Im neunten Haus geht es aber nun nicht nur um Schwiegermütter, sondern um die ganze Sippe, die man angeheiratet hat. Mein Mann war ganz überwältigt, als er hörte, dass ich noch vier Geschwister habe, die alle verheiratet sind mit vielen Nachkommen. In seinem neunten Haus steht aber kein Planet, trotz des ganzen schwägerlichen Segens. Nun hat er aber im dritten Haus den Neptun, und jetzt wissen wir, warum er zu seinen beiden Zwillingsbrüdern so ein merkwürdiges Verhältnis hat, die kamen nämlich auf die Welt, als er fünf Jahre jung war und bis dahin seine Mutter für sich beanspruchen konnte. Nicht, dass nur ein Geschwisterkind diese Idylle trübte, nein, es kamen gleich zwei. Ich glaube, das Trauma hat er bis heute nicht überwunden, sich später mit seinen beiden Brüdern aber richtig gut verstanden. Der eine wanderte dann nach Australien aus, und der andere wurde Buddhist. Ob das des Neptun-Rätsels Lösung im dritten Haus ist, oder steht der da, weil mein Mann so enttäuscht war, dass er keine Schwester bekam?
Letztens stand in der Zeitung, dass sich ein Mann in seiner Wohnung ein Krokodil als Haustier hält. Mein Mann und ich diskutierten lange darüber, welche Tiere man zu Haustieren zählen kann. Sasportas schreibt in seinem Buch: „Astrologische Häuser und Aszendenten“, dass er jemanden kennt mit Uranus im sechsten Haus, der sich Ratten als Haustiere hält. Also müsste der Krokodil-Mann sicherlich auch Uranus im sechsten Haus haben. Wenn nun ein Mars-Quadrat auf diesen Uranus fiele, sollte man ihn eigentlich warnen, da hier große Verletzungsgefahr durch das Krokodil besteht.
Was für Tiere mögen Menschen mit Pluto in sechs haben, vielleicht Schlangen – oder fallen die unter Uranus? Bei Neptun liegt der Fall ganz klar: Hier kann es sich nur um Fische handeln. Obwohl - mein Schwager hat ein Aquarium, aber den Uranus im sechsten Haus. Na ja, vielleicht schafft er sich ja noch Piranhas an.
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