Anja Kuemski
Horstheide bei Nacht
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Inhaltsverzeichnis
Titel Anja Kuemski Horstheide bei Nacht Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Epilog
Impressum neobooks
Es knallt und prasselt. Irgendwo unter ihm. Silvester? Erbsen auf der heißen Herdplatte? Das hatte er als Kind lustig gefunden. Besser, er geht einmal nachsehen. Warum funktioniert das Licht nicht? Ah, da unten leuchtet es. Jemand hat klugerweise schon ein paar Kerzen angezündet. Aber er wohnt doch allein! Ist da jemand? Er hört sich selber nicht über den Lärm des Prasselns. Für Silvester ist es zu warm. Die Kerzen sind sehr hell. Er sieht das Licht flackern, aber er sieht die Kerzen nicht. Das Licht läuft vor ihm weg. Jemand muss die Kerzen tragen, um ihm den Weg zu leuchten. Die Hitze ist unangenehm. Da vorne, das müssen die Kerzen sein. Nein, viel zu hell. War der Korridor schon immer so ewig lang? Na endlich, die Lichter. Sehr große Lichter. Fackeln? Da sind Menschen. Die Menschen leuchten. Die Hitze ist unerträglich. Warum ist es so heiß? Warum leuchten die Menschen? Die Hitze raubt ihm den Atem. Die Luft schmeckt nach Asche. Eine brennende Hand greift nach ihm.
*
„Tut mir leid, Herr Kattenstroth, dass ich Ihnen keine andere Auskunft geben kann, aber solange die Angelegenheit mit Ihrer Versicherung noch nicht geklärt ist, können wir bedauerlicherweise auch keine neuen Kredite in Erwägung ziehen. Das verstehen Sie doch sicher?“
„Jaja“, murmelte Kattenstroth und stand auf. Er schüttelte seinem Finanzberater die Hand und verließ die Bank.
Vor der Tür blieb er stehen und atmete ein paar Mal tief durch. Die kalte Morgenluft tat ihm gut. Wenn das so weiterging, würde er sich einen komfortablen Platz unter einer Brücke suchen müssen. Besser, er gewöhnte sich also schon mal an die Kälte.
Er holte sein Telefon hervor und rief seine Schwester an, um ihr mitzuteilen, dass er auch weiterhin für Handlanger-Tätigkeiten zur Verfügung stand.
„Das trifft sich gut, Johannes, denn ich habe einen neuen Auftrag reinbekommen und wollte doch über Ostern eigentlich mit Richie wegfahren.“
Kattenstroth seufzte. Eigentlich wäre es ihm lieber gewesen, Kerstin hätte nichts für ihn gehabt. Er mochte den Job als Aushilfs-Privatdetektiv nicht besonders. Aber da seine Berufsaussichten derzeit alles andere als rosig waren, hatte er keine Wahl.
„Worin besteht denn der Job?“
„Wir sollen jemanden beschatten.“
„Bestatten wäre mir lieber.“
„Tja, damit ist es aber erst mal vorbei. Wollte die Bank dir kein Geld geben?“
„Nicht, solange die Versicherung nicht zahlt.“
„Kann man ja auch verstehen. Warum sollten die dir deinen Neubau finanzieren, wenn sie befürchten müssen, dass du die alte Bude selber abgefackelt hast.“
„Kerstin!“ Johannes blickte sich entschuldigend um, als ihn ein paar Passanten erschrocken anschauten.
„Ja, schon gut. Ich glaube ja nicht, dass du das getan hast. Aber solange die Versicherung es glaubt, hast du eben ein Problem. Also, machst du den Job?“
„Ja, mail mir mal die Einzelheiten.“
„Mache ich. Aber ich muss darauf hinweisen, dass ich den Fall überhaupt nur sehr zögerlich angenommen habe. Die Auftraggeber sind sehr anonym unterwegs und wollen - oder können - nicht so richtig sagen, was genau sie eigentlich erwarten.“
„Klingt nicht gerade vertrauenswürdig.“
„Nein.“
Es entstand eine kleine Pause und Kattenstroth verstand, dass seine Schwester den Fall nur ihm zuliebe angenommen hatte, damit er Geld verdienen konnte.
„Also schön, ich mache es. Wen sollen wir denn beschatten?“
„Der Mann heißt Schücking und wohnt in der Lessingstraße. Wir sollen ihn zwei Wochen lang rund um die Uhr beschatten und unsere Beobachtungen jeden Tag per Mail mitteilen.“
„Klingt sehr vage. Irgendetwas, worauf wir achten sollen?“
„Nein, das finde ich auch seltsam. Ich schlage vor, du fängst erst einmal an. Und wenn dir das alles zu merkwürdig vorkommt, dann gibst du den Fall zur Not eben wieder ab.“
„Einverstanden, dann gib mir mal die Adresse.“
*
Email:
Von: kattenstroth@web.de
An: hlaut@gmail.com
Betr. Observierung Schücking 1. Bericht/Ostersonntag
Die Zielperson bewohnt ein gut erhaltenes Haus aus der Gründerzeit, vor dem Haus steht ein gut gepflegter Sportwagen. Das Klingelschild weist lediglich den Namen 'Schücking' auf, keinerlei Hinweise auf weitere Bewohner oder Familie. Der Garten hinter dem Haus wird offenbar wenig benutzt, Modell 'Elegant verwildert'.
8:13 Uhr: Die Zielperson scheint aufgestanden zu sein, es werden in rascher Folge verschiedene Jalousien aufgezogen und Lichter im Haus gehen an und aus.
Da Sonntag, keine Post.
Keine weiteren Vorkommnisse. Zielperson verlässt nicht das Haus, erhält keinen Besuch.
Der Sportwagen (Corvette C3, silber, BJ '77) weist keinerlei Hinweise auf seinen Besitzer auf, keinen einzigen persönlichen Gegenstand, keine Krümel auf den Sitzen.
Nach Einbruch der Dunkelheit: Die Abfolge des Licht Ein- und Ausschaltens lässt darauf schließen, dass sich sowohl die Küche als auch das Wohnzimmer im Erdgeschoss befinden.
22:34 Uhr: Zielperson lässt alle Jalousien herunter, das letzte Licht, das gelöscht wird, befindet sich im 1. Stock, wahrscheinlich das Schlafzimmer.
Bemerkung:
Wenn Sie mir mitteilen könnten, worauf ich genau achten soll, könnte ich gezielter vorgehen.
Mit freundlichen Grüßen
J. Kattenstroth
Email:
Von: hlaut@gmail.com
An: kattenstroth@web.de
Betr. AW: Observierung Schücking 1. Bericht
Sehr geehrter Herr Kattenstroth,
wie bereits erklärt, können wir Ihnen zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Angaben machen. Gehen Sie bitte zunächst davon aus, dass jedes Detail von Bedeutung ist.
Wäre es möglich, die Berichte nicht am Ende des Tages, sondern jede Information zu seiner Zeit zu erhalten? Falls es an den nötigen technischen Voraussetzungen scheitert, zögern Sie nicht, uns dies mitzuteilen. Ein mobiles, internetfähiges Gerät kann Ihnen zur Verfügung gestellt werden.
Mit freundlichen Grüßen
hlaut
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Ergebnisse für 'Clemens Conrad Schücking':
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Ergebnisse für 'hlaut':
meinten Sie 'Haut'?
*
Kattenstroth war nicht sonderlich glücklich mit diesem Auftrag. Zum Einen behagte es ihm nicht, den Auftraggeber nicht zu kennen, zum Anderen erwies es sich als recht schwierig, das Haus zu beobachten. Die Straße war nicht sehr belebt, es fiel auf, wenn jemand länger hier herumlungerte. Er musste also häufiger den Standort wechseln, konnte nicht mit seinem Leichenwagen ständig in der Straße parken und einfach so herumstehen ging auch nicht. Zumal von einer Beschattung rund um die Uhr nicht die Rede sein konnte, solange er das allein machte. Immerhin würde Kerstin morgen wieder da sein und ihm dabei helfen können. Schließlich war sie die Fachfrau, er war nur der Handlanger.
Er verbrachte den gesamten Ostermontag in der Nähe des Hauses, konnte aber nichts feststellen, was auch nur ansatzweise berichtenswert gewesen wäre. Das Zielobjekt verließ sein Haus den ganzen Tag nicht.
*
Email:
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