14 Stunden und 50 Minuten bis zur Ewigkeit
Ort:in einem Hotelzimmer im Großraum Washington, D.C. Zeit:09:40 Uhr EST – zur selben Zeit
Er saß noch immer vor seinem Laptop und wartete, ob irgendetwas passierte. Sobald die Software gestartet werden würde, würde er eine Nachricht erhalten und dann konnte er die Kontrolle übernehmen. Die Vorbereitungen für diesen Tag dauerten schon so lange, dass er sich nicht mehr daran erinnern konnte, wann er eigentlich Teil dieses Netzwerkes wurde.
Der Mann, der beabsichtigte, die Welt an diesem Tag ins Chaos zu stürzen, war früher ein rechtschaffender Mann. Er hatte eine Familie, einen annehmbar bezahlten Job bei der ARMY und dachte, er hätte alles in seinem Leben erreicht, was für ihn wichtig war.
Doch den Tag, an dem sich sein Leben so radikal veränderte, würde er niemals vergessen. Und da war er nicht der einzige. Nicht nur jeder Amerikaner, sondern jeder Mensch, egal welcher Herkunft er war, wusste was am 11. September passiert war.
An diesem Tag verlor er seine Familie, als sie sich in New York aufhielten, um dort ein paar freie Tage zu genießen. Seine Frau und sein Sohn starben nicht an diesem Tag, sondern litten noch drei Jahre an den Folgen der Staubwolken, die entstanden waren, als die Zwillingstürme des World Trade Centers eingestürzt waren. Als der Lungenkrebs bei beiden diagnostiziert wurde, beschloss Erika, dass sie nicht wollte, dass sowohl sie als auch ihr Sohn an einem qualvollen Tod zugrunde gehen sollten, der durch die schmerzhafte Behandlung der Chemotherapie noch verstärkt werden würde.
Als er die beiden in der Wohnung gefunden hatte, war es bereits zu spät, um einen Notarzt zu rufen. Die Schlaftabletten in Verbindung mit dem Alkohol hatten die gewünschte Wirkung erzielt, nachdem Erika ihren fünfjährigen Sohn in der Badewanne ertränkt hatte.
Er hatte seinen Job bei der ARMY daraufhin quittiert und verlor sich in Depressionen und Alkohol. Das Internet wurde zu seinem besten Freund und er begann, sich mit den allgemeinen Verschwörungstheorien zu befassen, die sich um den Terroranschlag drehten und von denen das Internet mehr als vollgestopft war.
Und letztendlich kam er zu dem selben Schluss, wie alle anderen, die an diese Theorien glaubten. Nämlich, dass es sich nicht um Theorien handelte, sondern um die Wahrheit. Die Regierung der Vereinigten Staaten hatte die Anschläge in Auftrag gegeben und das World Trade Center und das Pentagon angegriffen. Mit seiner Meinung hielt er sich nicht zurück, sondern ließ sich darüber in mehreren Diskussionsforen aus, was über kurz oder lang dazu führen musste, dass er Aufmerksamkeit erregte.
Er konnte sich zwar nicht mehr genau an das Datum seiner Rekrutierung erinnern, jedoch wusste er noch genau, wie es damals abgelaufen war. Die Frau, die ihn angeworben hatte, schlief immer noch im selben Zimmer. Er hatte die Aufgabe, sie in einer halben Stunde zu wecken. Sie hatten nie etwas miteinander gehabt, auch wenn sie eine sehr attraktive Frau war und er sich manchmal vorgestellt hatte, wie er sie brutal auf dem Küchentisch nehmen würde. Doch die Erinnerung an seine Frau verhinderte, dass es jemals dazu kam.
Und darüber hinaus flößte ihm die Autorität, die sie ausstrahlte, Respekt ein. Sie war bei dieser Mission seine Vorgesetzte. Das war ein Gefühl, an das er sich erst einmal gewöhnen musste. Er war schon immer Befehlsempfänger gewesen, doch eine weibliche Vorgesetzte hatte er bis dahin noch nie gehabt.
Er war im Herzen noch immer Soldat und liebte diesen Beruf. Doch der Gedanke, für eine Regierung in den Krieg zu ziehen, die sein eigenes Volk belügt und ermordet, um damit einen Krieg zu rechtfertigen, ekelte ihn so sehr an, dass er diesen Beruf niemals mehr ausüben wollte und auch nicht konnte.
Als sich der Tag des Todes seiner Familie wieder einmal jährte, beschloss er, sich in einer Bar volllaufen zu lassen. Er musste nachdenken, wie seine Zukunft aussehen würde und das ging am besten mit einer Menge Alkohol.
In der Bar trat diese Frau dann an ihn heran und machte ihm ein Angebot, dass er eigentlich nicht ausschlagen konnte, aber er glaubte ihr kein Wort von dem, was sie sagte. Dann sagte die Frau ihm, für wen sie arbeitete.
»Das kann jeder behaupten. Haben Sie Beweise?«, forderte er die Fremde auf.
»Natürlich gibt es Beweise.«, antwortete die Frau mit kühler Stimme.
»Dann zeigen Sie sie mir.«
Die Frau lächelte ihn an und erzählte ihm, was ihre Organisation bereits in die Wege geleitet hatte.
Einen Tag später bestätigte sich diese Information und der Mann war überzeugt. Er wusste nicht, wie sie es geschafft hatte, diese Aktion durchzuführen, aber Fakt war nun einmal, dass es funktioniert hatte. Er hatte die Bilder der Überwachungskamera gesehen und die waren definitiv nicht gefälscht.
»Was wird meine Aufgabe sein?«, wollte er beim zweiten Treffen von ihr wissen.
»Tun Sie einfach das, worum Sie gebeten werden, ohne Fragen zu stellen und ich versichere Ihnen, dass Sie bald nicht nur ein reicher, sondern auch ein mächtiger Mann sein werden. Sie müssen sich aber darüber im Klaren sein, dass wenn Sie einmal zugesagt haben, es kein Zurück mehr gibt.«
»Ich glaube nicht, dass ich jetzt noch eine Wahl habe, oder?«
»Natürlich haben Sie die. Die Menschen haben immer ein Wahl. Sie können Nein sagen. Aber dann müssen Sie mit den Konsequenzen dessen, was Sie bereits wissen, leben.« Das war eine klare Drohung. Der Soldat in ihm wusste das. Wenn er ablehnen würde, dann würde er bald in einer Kiste liegen und irgendwo verscharrt werden. In diesem Punkt war er sich sicher. Doch das, was vor etwa zwei Wochen geschehen war, hatte ihn endgültig davon überzeugt, dass er nun Mitglied einer Organisation war, die zum einen vor nichts zurückschreckte und zum anderen alles durchführen konnte, was sie wollte. Er hatte den Plan für undurchführbar gehalten, doch als er am nächsten Tag die Zeitungen aufschlug, hatten sämtliche Blätter die selbe Meldung als Titelstory gebracht. Diese Aktion wurde weltweit wahrgenommen und dennoch wusste niemand, dass sie dafür verantwortlich gewesen waren. Hätten die Behörden herausgefunden, was an diesem Tag tatsächlich passiert ist, dann würde er sich wahrscheinlich schon in der Todeszelle befinden und auf einen Prozess warten, dessen Ergebnis schon feststand. Oder er wäre bereits tot gewesen. Erschossen bei einem Fluchtversuch , wie es von offizieller Seite unter das Volk gebracht worden wäre. Damals nahm die Geschichte seinen Anfang und heute sollte sie ihren Abschluss finden. Er wusste nicht genau, wie die Leute, für die er arbeitete, es bewerkstelligt hatten, doch er wollte es eigentlich auch nicht so genau wissen.
»Wer zu viel weiß, der lebt gefährlich. Und ich weiß jetzt schon zu viel.«, dachte er sich. Er tat, was von ihm gefordert wurde und stellte keine unangenehmen Fragen.
Und nun saß er in diesem Hotelzimmer und konnte nichts anderes tun, als darauf zu warten, dass die Leute auf der anderen Seite, die von seiner Existenz nichts wussten, damit begannen, ihre Arbeit zu tun. Sobald dies geschah, würde er sich einschalten und sie ganz schön alt aussehen lassen.
14 Stunden und 30 Minuten bis zur Ewigkeit
Ort:National Aeronautics and Space Administration (NASA), Washington, D.C. Zeit:10:00 Uhr EST
Es konnte nicht mehr sehr lange dauern, bis die Astronauten in der ISS mit dem Auspacken fertig waren. Aaron Hundley, Mike Brown und Charles Kepler warteten im Konferenzraum darauf, dass sie sich meldeten und sie mit ihrer Arbeit beginnen konnten.
In Aaron Hundley stieg die Nervosität mit jeder Sekunde an, die verstrich. Er versuchte, sich irgendwie abzulenken und trank bereits die dritte Tasse Kaffee.
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