Die drei Astronauten schwebten von einem Arm zum nächsten und befestigten ihn. Der ganze Vorgang dauerte, genau wie Aaron Hundley es eingeschätzt hatte, zwanzig Minuten und als der letzte Arm befestigt war, schwebten die drei wieder zurück zur Kommandostation, in der sich der Hauptcomputer befand.
»Wie geht es jetzt weiter, Phil?«, fragte Anton Makarov.
»Im Prinzip müssen wir nur den Computer wieder hochfahren und schon müsste die Verbindung wieder stehen.«, antwortete Phil Morgan.
»Das Hochfahren aller Systeme dauert doch aber über zwei Stunden.«, gab Peter Beneke zu bedenken.
»Das ist richtig. Aber das war mit dem alten System. Das neue sollte um einiges schneller sein und sämtliche Zusatzprogramme, die manuell hochgefahren werden mussten, werden nicht mehr benötigt. Das ganze Ding hier wird nur noch von diesem einen Programm gesteuert und das Hochfahren sollte nicht länger dauern, als bei dir zu Hause.«
»Dein Wort in Gottes Ohr.«, sagte Peter Beneke.
»Gott? Du bist Wissenschaftler Peter. Seit wann glaubst du an Gott?«
»Es kann nicht schaden, oder? Außerdem bin ich in Stresssituationen recht flexibel.«
»Wieso hast du Stress?«
»Hast du etwa keinen, Phil? Wir rasen hier im Moment mit einer Blechkiste durchs Weltall und haben keinen Kontakt zur Erde. Wenn das hier nicht funktioniert, dann sind wir am Arsch.«
Mit seiner Aussage hatte Peter Beneke gar nicht so unrecht. Sollte das Programm nicht ordnungsgemäß oder überhaupt nicht starten, dann waren die drei Astronauten im All gestrandet. Und das würde bedeuten, dass sie so schnell nicht mehr auf die Erde zurückkehren konnten. Es gab zwar noch die Nexus, aber die war bereits auf P.I.C.S. umgestellt. Sie konnten nur in die Fähre gelangen, wenn sie die Türen vom Hauptcomputer aus bedienen konnten.
»Na, dann mal los.«
Mit diesen Worten forderte Anton Makarov seinen Kommandanten auf, den Computer wieder hochzufahren.
»Seit ihr bereit?«, fragte Phil Morgan.
»Nun mach schon!«, antwortete Peter Beneke.
Phil Morgan atmete tief ein und drückte dann den Knopf, mit dem der Hauptcomputer hochgefahren wurde.
»Na gut. Dann wollen wir mal.«, sagte er.
Der Computer startete, wie sonst auch immer. die ersten paar Sekunden spielten sich genauso ab, wie sonst auch, wenn der Computer einem Neustart unterzogen werden musste. Dann erschien auf sämtlichen Bildschirmen der Raumstation ein blauer Hintergrund mit der Information:
Program for ISS Control Systems (P.I.C.S.) Version 10.2 wird gestartet
Darunter bewegte sich ein grüner Ladebalken von links nach rechts und zeigte damit an, dass der Computer tatsächlich wieder hochfuhr.
»Sieht gut aus.«, sagte Phil Morgan.
Die drei Astronauten warteten noch zwei Minuten, bis der Computer wieder komplett betriebsbereit war und dann überlegten sie sich, wie sie wieder Kontakt mit der Bodenstation bekommen konnten.
»Der Kontakt müsste eigentlich bereits wieder hergestellt sein. Wir müssten bereits wieder kommunizieren können.«, sagte Phil Morgan.Phil Morgan, Peter Beneke und Anton Makarov stellten ihre Funkgeräte wieder an und Phil versuchte, jemanden von der Bodenstation zu kontaktieren.
»Houston, könnt ihr uns hören. Hier spricht die ISS.«
Er bekam keine Antwort. Dann versuchte er es erneut, doch wieder meldete sich niemand von der Bodenstation. Auch die Leitung nach Washington schien tot zu sein.
»Müssen die ihre Systeme auch neu starten?«, fragte Anton Makarov.
»Ich habe keine Ahnung.«, antwortete Phil Morgan.
»Okay. Dann würde ich vorschlagen, wir warten noch ein paar Minuten und versuchen es dann erneut.«, sagte Peter Beneke.
Die Minuten, in denen sie warteten, verstrichen wie Stunden und als zehn Minuten vergangen waren, versuchte der Kommandant erneut, einen Kontakt herzustellen.
»Houston. Washington. Könnt ihr uns hören? Hier spricht die ISS.«
Nach ein paar Augenblicken war ein Rauschen in den Lautsprechern zu hören und die Stimme von Aaron Hundley hallte wieder durch die Raumstation.
»ISS. Hier Washington. Wir können Sie hören. Schön, dass Sie noch da sind.«
»Was ist mit Houston. Scheinbar haben wir zu denen noch keinen Kontakt.«, sagte Phil Morgan.
»Das kann sein, ISS. Wir haben soeben mit denen telefoniert. Das Hochfahren der Computer dort ist doch etwas aufwändiger, als erwartet. Es kann aber nicht mehr lange dauern, bis die Leitung auch dort wieder steht. Wie sieht es bei euch aus. Laufen die Systeme alle wieder?«
Die drei Astronauten schauten sich um und konnten keine Fehlermeldungen finden.
»Sieht gut aus, Washington. Hier oben laufen alle Systeme. Nur etwas wärmer könnte es wieder werden.«, antwortete Phil Morgan.
»Ja, das entspricht unseren Daten.«, antwortete Aaron Hundley. »Dann wollen wir doch mal versuchen, ob wir es Ihnen dort oben von hier aus etwas gemütlicher machen können.«
Es dauerte nur ein paar Sekunden und die Astronauten konnten auf dem Bildschirm sehen, dass die Temperaturanzeige anstieg. Die drei lächelten und bestätigten Aaron Hundley, dass das System anscheinend funktionierte.
»Das freut mich.«, antwortete Aaron.
»Was sind denn unsere nächsten Aufgaben?«, wollte Phil Morgan wissen.
»Ab hier wird Houston wieder übernehmen. Ich würde vorschlagen, solange die Verbindung noch nicht steht, genießen Sie den Ausblick. Unseren Daten zufolge müssten Sie gerade Hawaii überflogen haben. Ist das richtig? Können Sie ein paar Strandschönheiten sehen?«
Die Astronauten hörten das Lachen, das aus den Lautsprechern kam.
»Schön wär's. Aber leider negativ, Washington. Dort ist es noch nicht einmal richtig hell. Ich glaube nicht, dass sich dort in diesem Moment jemand am Strand befindet. Aber wer weiß das schon so genau. Ihr hättet uns ja auch mal ein Teleskop hier hoch schicken können.«
In Hawaii war es gerade einmal halb fünf Uhr in der früh. Und von dort, wo sich die drei Astronauten befanden, konnte man zwar einiges sehen, aber andere Menschen gehörten leider nicht dazu.
»Das weiß ich natürlich. Ich wollte Sie nur ein wenig aufmuntern.«, sagte Aaron Hundley.
»Ist Ihnen leider nicht gelungen.«, sagte Phil Morgan mit leicht sarkastischem Unterton.
14 Stunden bis zur Ewigkeit
Ort:in einem Hotelzimmer im Großraum Washington, D.C. Zeit:10:30 Uhr EST
Sie war erwacht, ohne dass er sie hatte wecken müssen. Nachdem sie aus dem Bad gekommen war und nur einen Bademantel anhatte, beugte sie sich von hinten über ihn, legte den rechten Arm auf seine Schultern und blickte auf den Bildschirm des Laptops, den er bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen hatte.
Sie kontrollierte, was auf dem Bildschirm vor sich ging und fragte:
»Wie sieht es aus?«
»Sehr gut. Die Computer auf der Station und in Washington wurden bereits wieder hochgefahren. Ich sehe bereits, was dort vor sich geht. Jetzt müssen nur noch die in Houston wieder online sein und dann können wir uns einloggen.«
Die Frau nickte und lächelte.
»Das ist sehr gut. Es scheint alles nach Plan zu laufen.«
Er antwortete nicht, sondern nickte nur leicht, während er wieder den Bildschirm beobachtete.
Was sie sahen, war nicht die Benutzeroberfläche von P.I.C.S., sondern die Bilder von verschiedenen Überwachungskameras, die eindeutig das Mission-Control-Center von Houston und die Einrichtung in Washington zeigten.
»Sag mir Bescheid, wenn sich in Houston was tut.«, forderte sie ihn auf und verschwand erneut im Bad.
Als sie sich im Bad befand und ihren nackten Körper im Spiegel betrachtete, musste sie unweigerlich grinsen, als sie an das dachte, was heute alles passieren würde. Dann zog sie sich an und frisierte ihre langen, schwarzen Haare. Kurz bevor sie damit fertig war, hörte sie die Stimme Ihres Partners aus dem Nebenzimmer.
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