»Weshalb haben Sie sich ausgerechnet für mich entschieden, Sir?«, fragte Katherine.
»Das ist eine gute Frage, Miss Bennings. Wie bin ich auf Sie gekommen?«, antwortete John Todd. »Ich war schon immer ein Freund von der Verjüngung in der Politik. Seit meinem Amtsantritt habe ich die besten Universitäten des Landes gebeten, mich über ihre besten Studenten zu informieren. Ich bin noch nie ein Freund von Vetternwirtschaft gewesen und ich glaube, dass die Leute, die sich heutzutage aktiv in die Politik einmischen, nicht das Wohl dieses Landes im Sinn haben, sondern sich hauptsächlich auf die Vergrößerung ihres eigenen Vermögens spezialisiert haben. Wir verdienen vielleicht im Vergleich zu anderen Ländern relativ wenig in unserem Job, aber wenn man es richtig anstellt, dann kann man sein Taschengeld mit den Nebeneinkünften beträchtlich erhöhen.
Allerdings muss man auch dazu sagen, dass die meisten Leute in Washington es nicht wegen des Geldes machen, sondern wegen der Macht und den Einfluss. So etwas kann sehr leicht zur Sucht werden. Deshalb bin ich der Meinung, dass man jungen Leuten Chancen geben muss, sich zu bewähren und es diesen Leuten zu zeigen.«
Katherine schmeichelte diese Aussage, doch konnte sie sich nicht vorstellen, dass dies tatsächlich flächendeckend in die Tat umgesetzt werden konnte.
»Das ist zwar sehr nobel von Ihnen, Sir. Aber der Posten ihrer persönlichen Beraterin? Das ist einer der wichtigsten Beratungsposten in diesem Gebäude. Ich meine, ich verfüge über keinerlei praktischer Erfahrung. Ich kann doch nicht so einfach von heute auf morgen diese Arbeit übernehmen.«, entgegnete Katherine.
John Todd lachte.
»Miss Bennings. Ich bitte Sie. Das würde ich doch niemals von Ihnen verlangen. Glauben Sie, ich würde eine junge Frau wie sie den Wölfen zum Fraß vorwerfen? Das ist nun wirklich nicht meine Art. Sie werden natürlich nicht den Chefposten im Team meiner Berater erhalten. So verrückt bin ich nun auch nicht.«
Er zwinkerte Katherine bei dieser Bemerkung zu.
»Ich möchte lediglich,«, fuhr er fort, »dass Sie eine beratende Tätigkeit ausüben. Ich habe bereits mehrere Berater. Sie sollen das Team unterstützen. Und je nachdem, wie gut sie sich machen, werden wir sehen, wie und in welcher Position Sie weiter für mich arbeiten werden. Vorausgesetzt natürlich, Sie nehmen mein Angebot an. Was halten Sie davon, wenn wir die Details beim Mittagessen besprechen? Ich kenne in der Nähe ein Restaurant, bei dem man die besten Steaks bekommt, die sie jemals essen werden.«
Katherine war es etwas peinlich, dass sie dieses Angebot ausschlagen musste, doch was sollte sie machen? Sie hatte nun einmal gewisse Prinzipien.
»Es tut mir leid, Sir, aber ich esse kein Fleisch.«
»Sie sind Vegetarierin?«, fragte John Todd verblüfft.
»Nein Sir. Ich bin Veganerin.«, antwortete Katherine.
»Ist das etwas anderes?«
»Ich esse keine Produkte, die in irgend einer Art und Weise von Tieren stammen. Das bedeutet: kein Fleisch, kein Fisch, keine Eier, keine Milch, um ein paar Beispiele zu nennen.«
»Gut. Dann essen Sie einen Salat oder was immer Sie auch mögen und ich ein Steak, wenn es Sie nicht stört?«
»Ganz und gar nicht Sir. Ich bin der Meinung, dass jeder essen sollte, was er mag. Ich zwinge meine Lebensweise niemanden auf. Ich habe mich dafür entschieden. Das bedeutet aber nicht, dass sich die Menschen in meiner Umgebung auch dafür entscheiden müssen.«
John Todd gefiel diese Einstellung und so gingen sie zum Mittagessen. Während des Essens wollte John Todd noch weitere Details über Katherine's Entscheidung, als Veganerin zu leben, wissen. Sie erklärte ihm, dass sie nicht bereit wäre, eine Industrie zu unterstützen, die mit Tieren so umgeht, wie es – wie sie es nannte – die Nazis mit ihren Opfern während des Holocaust getan hatten.
Sie erzählte ihm von brutalen Foltermethoden an Nutztieren, Schleppnetzen in den Meeren, in denen sich nicht nur Fische verfangen, die man in Supermärkten kaufen kann und von Legebatterien, in denen sich die Tiere gegenseitig anfressen würden.
Als John von diesen Qualen hörte, bestellte er sein Steak wieder ab, was Katherine veranlasste, sich bei ihm zu entschuldigen.
»Es tut mir leid, Sir. Ich wollte ihnen nicht das Essen verderben.«
»Das macht nichts, Ms. Bennings. Ich habe Sie ja danach gefragt. Und auch wenn ich jetzt keine Lust mehr auf das Steak habe, so bedeutet das nicht, dass ich generell darauf verzichten werde. Ich sehe das genauso wie sie. Die Haltung und Schlachtung von Nutztieren, wie sie weltweit betrieben wird, ist eine Katastrophe und ich bin der Meinung, dass die meisten Schlachterei-Betriebe in diesem Land dicht machen müssten, wenn sie nur regelmäßig und ordentlich geprüft werden würden, jedoch ist dies leider nicht immer möglich.«
»So etwas kann man aber möglich machen.«, erwiderte Katherine.
»Wenn man die richtigen Leute in den richtigen Positionen hat, die sich nicht um die Meinungen von Lobbyisten kümmern, dann ja.«
»Gibt es diese Leute?«, fragte Katherine.
»Leider nicht genug von ihnen. Aber so etwas kann man ändern, wenn man Präsident ist.«
»Sie wollen Präsident werden?«
John Todd drückte sich um diese Antwort, denn er hatte noch nie wirklich darüber nachgedacht. Es war auch das erste Mal, dass ihm diese Frage gestellt wurde.
»Ms. Bennings«, sagte er dann. »Es ist schwierig, eine Frage zu beantworten, über die man selbst noch nie nachgedacht hat. Dieser Job hat sehr viele Vor- und Nachteile. Einerseits ist es eine Position, in der man sehr viel bewegen kann. Andererseits ist man auf diesem Stuhl auch sehr einsam. Ich habe bisher noch nicht herausgefunden, ob ich für diesen Stuhl bereit bin.«
Wieder entschuldigte sich Katherine für ihr Verhalten.
»Es tut mir leid, Sir. Ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen. Ich bin leider eine ziemlich direkte Person, die nicht immer darüber nachdenkt, ob das, was sie gerade sagt, der richtige Satz im richtigen Moment ist.«
John Todd lächelte und legte seine Hand auf die von Katherine.
»Junge Frau. Das ist genau das, was ich suche. Ich brauche Berater, die sagen, was sie denken, auch wenn es nicht der richtige Zeitpunkt zu sein scheint. Wir sind hier in Washington. Das ist eine Stadt, in der es niemals den richtigen Zeitpunkt für die Wahrheit zu geben scheint. Und genau das will ich ändern. Möchten Sie mir dabei helfen?«
Katherine hatte die Stelle natürlich angenommen. So eine Chance wollte sie sich nicht entgehen lassen, denn sie würde so schnell nicht wieder kommen. Sie arbeitete hart und so war es nicht weiter verwunderlich, dass John Todd sich nach dem Ausscheiden seines persönlichen Beraters, aus gesundheitlichen Gründen, für sie als Nachfolgerin als Nummer eins im Beratungsteam entschieden hatte.
Katherine hatte damals einigen Leuten vor den Kopf gestoßen, als sie diese Beförderung angenommen hatte. Aber auch auf dieser Position hatte sie sich schnell bewährt und die kritischen Stimmen verstummten sehr schnell.
Für den Zeitraum der Konferenz waren ihre Aufgaben klar durchstrukturiert. Natürlich plante sie den Großteil der Konferenz selbst. Sie kümmerte sich um alle Vorbereitungen, die für den reibungslosen Ablauf der dreitägigen Veranstaltung notwendig waren. Nach der Ankunft von John Todd, zeigte sie ihm die Anlage. Sein erster Besuch in Mount Weather lag schon mehrere Jahre zurück und so musste sie ihn erneut mit der Anlage vertraut machen, was ihr allerdings nicht schwer viel. Schließlich hatte sie bereits die letzten Tage hier verbracht.
»Wie sieht der Tagesplan für heute aus?«, fragte Todd, als er mit Katherine den Weg zum Hauptgebäude entlang schritt.
»Die anderen Staatschefs werden, wie gesagt, zusammen gegen elf Uhr erwartet, Sir. Nach der Ankunft aller Staatsgäste ist eine kurze Pressekonferenz geplant. Aufgrund der Tatsache, dass wir uns in einem militärischen Sperrgebiet befinden, ist die Anzahl der Journalisten natürlich stark begrenzt. Aus diesem Grund haben nur ein paar Journalisten der größten Nachrichtensender des Landes eine Akkreditierung erhalten. Es wurde beschlossen, dass diese Sender ihre Interviews an sämtliche Zeitungen und kleineren Sendungsanstalten, die Interesse daran haben, ohne die Erhebung von Gebühren weitergeben sollen.«
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