Sein Gegenüber zeigte zunächst keine Reaktion, dann aber grinste sie breit.
"Wusste ich es doch!" Ben war sichtlich bedient. "Sag schon, was ist es?"
Allison ließ sich mit ihrer Antwort ein paar Augenblicke Zeit. "CAPCO-Enterprises!"
"Was?" Jetzt war Ben beinahe bass erstaunt. "Ich dachte, da ginge es nur um den Neubau einer Lagerhalle in den Docks? Warum gibst du das nicht Desmond?"
Allison sah ihn etwas verständnislos an. "Weil ich es nicht will!"
"Dann gib es Mike!" meinte Ben.
"Mike? Der arbeitet am Sunderland-Projekt!"
Ben schüttelte den Kopf. "Nicht mehr. Du hast gestern Derek die Verantwortung dafür übertragen!" Jetzt grinste er. "Und wir beide wissen, dass Mike damit faktisch raus ist!"
"Wie bitte?" Allisons Blick wurde immer finsterer. "Warum sollte ich das getan haben?" Ihre Stimme klang sichtlich genervt. "Mike macht da gute Arbeit. Ich bin sehr zufrieden mit ihm. Der Junge hat Talent. Er ist absolut ausbaufähig!" Sie verzog die Mundwinkel. "Außerdem ist Derek… mindestens …noch zwei Monate mit der neuen Fassade für den Hillman-Tower beschäftigt!" Jetzt schüttelte sie den Kopf. "Ich weiß nicht, wer dir diesen Blödsinn erzählt hat, aber…er ist nicht witzig!"
"Das war…!" Ben hielt inne.
"Ja?" Allison blickte ihn neugierig an.
Doch ihr Gegenüber schüttelte den Kopf. "Spielt keine Rolle!" Er lächelte freudlos. "Ich muss das wohl einfach nur missverstanden und etwas durcheinandergebracht haben!"
"Das wird es sein!" stimmte Allison zu. Dann atmete sie tief durch. "Also zurück zur Lagerhalle!" Sie sah Ben wieder direkt an. "Du weißt schon, wer CAPCO ist, oder?"
Der nickte. "Ein Großkonzern!"
"Falsch!" Allison schüttelte den Kopf und beugte sich vor. "Das ist der größte Konzern auf diesem Planeten!" Sie wartete, bis Ben sie ansah. "Und ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass sie im nächsten Jahr den Bau einer gigantischen Forschungsstation an der Westküste planen!"
Ben zog beeindruckt die Mundwinkel nach unten. "Okay!"
"Und wenn mir der Sorensen-Auftrag ein breites Grinsen auf die Lippen zaubert, dann kannst du sicher sein, dass ich bei der Aussicht auf ein solch gewaltiges Projekt, wie diese Forschungsstation, glatt ein feuchtes Höschen bekomme!"
Ben nickte mit verzogener Miene. "Klar doch!"
"Also wirst du dafür sorgen, dass beim Bau der Lagerhalle alles so glatt läuft, wie Gleitcreme, damit ich eine gute Position habe, wenn es darum geht, den dicken Fisch an Land zu ziehen!"
"Verstehe!" meinte Ben und sah sich schon nächtelang im Büro sitzen und Überstunden ohne Ende schieben.
"Das will ich wohl hoffen, Ben!" Allison blickte ernst und sah ihn durchdringend an. "Dieser Auftrag wäre der größte in unserer Firmengeschichte und würde uns alle für Jahre hinaus beschäftigen. Er könnte uns allen Wohlstand bringen!"
"Und wer würde das wohl nicht wollen, was?" Ben grinste schief.
Allison musterte ihn mit finsterer Miene. "Also kann ich davon ausgehen, dass du dir der Verantwortung der Aufgabe bewusst bist und alles tun wirst, was nötig ist, um ihn erfolgreich abzuwickeln!?" Ihr Blick durchbohrte ihn beinahe.
Ben sah Allison zunächst nur ausdruckslos an. Sie war so hübsch und attraktiv und sah heute echt zum Anbeißen aus. Warum nur nehmen wir uns kein Hotelzimmer und vögeln eine Runde, anstatt hier von harter Arbeit zu reden? dachte er, doch dann nickte er einfach nur. "Natürlich!" Er verzog die Mundwinkel. "Wie immer!"
"Prima!" rief Allison sogleich und war sichtlich zufrieden. "Und damit du deine zukünftigen Auftraggeber schon einmal kennenlernst, wirst du mich zum heutigen Geschäftsessen begleiten!" Sie schaute auf ihre Uhr am Handgelenk. "In einer Stunde!" Dann lächelte sie Ben an. "Sei pünktlich!" Sie stand auf, ging zu ihrem Schreibtisch und beachtete ihn nicht mehr.
Riley erhob sich langsam, drehte sich um und verließ das Büro.
Draußen blieb er im Flur stehen und atmete einmal tief durch, um seinen Kopf frei zu bekommen.
Dabei verspürte er eine Mischung aus Frust und Müdigkeit.
Mann, er hatte die letzten Wochen und Monate wirklich hart an dem Sorensen-Projekt gearbeitet und dabei jede Menge Nerven gelassen. Und jetzt, da das Ende in Sicht war und die Arbeit damit weniger und ruhiger werden würde, nahm Allison ihm den Auftrag weg, um ihm einen neuen zu verpassen. Eine Lagerhalle! Verdammt , dachte Ben, das ist ein undankbarer Job. Damit kann man keinen Blumentopf gewinnen, sondern eigentlich nur Fehler machen. Um das zu vermeiden, hieß es also wieder, Überstunden machen und sich zu verbiegen, um dem Auftraggeber, den er ja noch nicht kannte, stets gerecht zu werden.
Diese Veränderung war also keine wundervolle Geste Allisons, sondern damit war er vom Regen in die Traufe gekommen.
Na, vielen Dank auch!
Ben spürte, wie sich ein mächtig großer Brocken bitteren Frustes in seinem Hals bildete. Und er wusste, dass er hinausmusste, bevor er daran ersticken würde.
Also brauchte er ein Opfer.
Und er wusste auch schon genau, wen er sich schnappen würde. Denn plötzlich erinnerte er sich an Allisons Worte, die Dereks Erklärung für seine Übernachtung auf Bens Coach als glatte Lüge entlarvt hatten.
Jetzt würde er Foreman nicht nur die Wahrheit herauspressen, sondern ihm auch gleichzeitig seine Faust in den Rachen stecken und auf seinen Rippen La Paloma zupfen!
Der Herrgott aber war ihm heute wahrlich nicht wohl gesonnen, denn als er frustriert in Dereks Büro stapfte, war der nicht da.
Als er auch nach fünf Minuten nicht erschien, fragte er in der Zentrale nach, wo man ihm mitteilte, dass er zur Baustelle gefahren war und nicht vor 15 Uhr zurück sein würde.
Damit blieb er mit seinem Frust also doch allein, erstickte jedoch glücklicherweise widererwartend nicht daran.
*
Das Mittagessen jedoch verlief wirklich sehr zufriedenstellend. Die Vertreter von CAPCO-Enterprises erwiesen sich als angenehme Gesprächspartner, wirkten entschlossen und kompetent, jedoch auch besonnen und aufmerksam.
Ben hatte eigentlich ein ganz gutes Gefühl, was den Bau der Lagerhalle anging.
Außerdem stand die meiste Zeit über Allison im Mittelpunkt. Ihre Mischung aus fundierter Kompetenz, Witz, Sexappeal und Charme kam hervorragend an und hielt die Anwesenden in ihrem Bann.
Ben war das nur Recht. So konnte er sich etwas zurücklehnen und entspannen und gleichzeitig ein absolut wunderbares Pasta-Gericht genießen. Dabei beobachtete er Allison immer wieder.
Ja! musste er erneut feststellen. Sie ist wirklich eine würdige Nachfolgerin für den guten, alten Howard. Er konnte stolz auf seine Tochter sein. Und ihre ruhige, sichere Gewandtheit im Umgang mit diesen Managern sorgte bei Riley sogar dafür, dass sich in seinen Lenden ein angenehmes Kribbeln ausbreitete. Zumindest so lange, bis ihm wieder bewusstwurde, dass er Allison trotz all ihrer körperlichen Vorzüge nicht leiden konnte. Aber bei der Vorstellung, mit ihr zumindest eine Nacht lang die Schenkel zu kreuzen, kroch ein wohliger Schauer über seinen Rücken, der jedoch abrupt endete, sobald Allison ihn ansah und er in ihren Augen zu erkennen glaubte, dass sie seine Gedanken erkannte.
Wie zum Teufel macht sie das nur? Ben fühlte sich ertappt, war frustriert, wusste plötzlich wieder sicher, dass es niemals zu einer gemeinsamen Nacht kommen würde und bildete sich ein, dass er es auch gar nicht nötig hatte, um Allisons Körper zu betteln.
Damit war das Essen für ihn gelaufen und Gott sei Dank ging es eine halbe Stunde später auch tatsächlich zu Ende.
*
Zurück im Büro begegnete ihm ein alter Bekannter: Der Frust-Kloss in seinem Hals, der nach einem Opfer schrie.
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