"... als nass und wütend", beendete Pete. Dann versuchte er, auf die nächtliche Aktion hinzulenken. "Das Häuserbauen ist die kleinste Sorge. Aber die Vorräte. Die Konserven und andern schönen Sachen werden mal alle. Fischkotelett ist eine feine Sache. Das schwimmt uns hier vor der Nase rum."
"Man muss es nur fangen", sagte Ellen Knatchbull.
"Ganz recht", erwiderte Pete. "Deshalb wollte ich heute Nacht mit Sundström fischen gehen. Wo liegen denn die Angeln, Mister Knatchbull?"
Der Präsident würdigte den Seemann keiner Antwort. Mit einer ungewissen Armbewegung wies er hinter sich ins Dunkle, wo die Stapel lagerten.
Hawk blieb beharrlich. "Eine Jagdbüchse oder so ‘n ähnliches Schießding würden wir vorsichtshalber auch gern mitnehmen."
"Wollen Sie nun angeln oder jagen gehen?", höhnte Knatchbull.
"Angeln, Sir", betonte Sundström leise, aber bestimmt, "doch man kann nie wissen, was an den Haken kommt. Solch einen Barsch von achtzig Pfund zum Beispiel erledigt man am schnellsten mit einer Ladung Blei." Als Sundström die Frage Petes nach den Angeln hörte, war er im ersten Augenblick geneigt, gewesen, ihn Tollpatsch zu schimpfen; aber dann hatte es ihn gefreut, wie geschickt der Freund die Tatsache zu tarnen wusste, dass er genug Angelzeug beiseite gelegt hatte.
"Die Büchsen liegen unter der kleinen Persenning", sagte Knatchbull, aber es blieb ungewiss, ob dies als Erlaubnis galt, eine von ihnen mitzunehmen.
Trotzdem ging Hawk sofort zu den Stapeln und kramte unter dem bezeichneten Segeltuch. Sundström wunderte sich, dass Knatchbull dies so kalt ließ.
Rose Taylors Gedanken waren immer noch bei jenem Fisch mit dem bekannten Namen, der achtzig Pfund wiegen sollte. "Wie schwer soll der Barsch sein, den Sie fangen wollen?" fragte sie.
"Ein Barsch kann gern seine achtzig Pfund haben, ein Jack seine hundert, ein Tarpon hundertfünfzig und ein Tümmler zweihundert."
"Das kann man wohl sagen", unterstützte ihn Hawk, der mit einer Büchse in der Hand zurückgekommen war.
"Das ist ja aufregend", beteuerte Rose, "kann - könnte man da nicht mitkommen?"
Die beiden Freunde waren einen Augenblick sprachlos, aber ungewollt rettete sie Knatchbull aus dieser unangenehmen Lage. "Bleiben Sie besser hier, Miss Rose", sagte er, "denn Herr Hawk wird die Büchse nicht mitnehmen."
"Warum nicht?" fragte sie arglos.
"Weil es sinnlos wäre."
"Wieso?" wollte Hawk wissen.
"Ein Gewehr nützt nur, wenn man es laden kann. Ich habe aber keine Munition. Die muss noch auf dem Delphin sein."
"Sie irren sich", sagte Pete Hawk. Dabei hielt er Knatchbull einen kleinen Pappkarton vor die Nase. Die Gesichter waren in der Dunkelheit nur matt zu erkennen, aber Sundström ahnte die Röte des Zorns, die sich jetzt auf Knatchbulls Wangen abzeichnen musste. Der Ingenieur war wütend auf den Freund. Eines augenblicklichen Trumpfes wegen verriet der mehr, als gut sein dürfte.
Von diesen unsichtbaren Widersprüchen merkten die beiden Mädchen nichts, und wie aus einem Munde fragten sie: "Dann ist ja alles gut. Kann man also mitkommen?"
Sundström schwankte, ob er nicht doch zusagen sollte. Beide waren zwei ansehnliche, muntere Damen, und solch eine Fischpartie bei Mondschein mochte reizvoll sein. Außerdem hätte das Knatchbull geärgert, ohne dass er sich recht wehren konnte. Man müsste dann eben die Aktion auf morgen Nacht verschieben. "Seien Sie bitte nicht böse", hörte er Petes treuherzige Stimme, "aber man muss das Wasser hier erst ausprobieren. Sollten wir einen Hai oder einen Sägefisch an die Angel kriegen, dann wird's ernst. Noch dazu in der Nacht. Wenn wir hier erst eingerichtet sind, gehen wir mal alle gemeinsam am Tage auf Fischjagd."
Das Schweigen in der Dunkelheit verriet das Schmollen der beiden Abgewiesenen. Sundström blieb ebenfalls stumm, so enttäuscht war er über die Wendung der Dinge.
Um über die peinliche Situation hinwegzuhelfen, fragte Mistress Knatchbull: "Werden denn Sägefische auch so schwer?"
Pete ließ ein Lachen vernehmen, das eher ein mitleidiges Grunzen war. "Wie schwer war der Sägefisch, den wir damals mit rein geholt haben, Knut?"
"Viertausendsiebenhundert Pfund", sagte Sundström, "aber all das wollen wir heute nicht fangen, uns genügt etwas Handfestes für die Bratpfanne. Darum entschuldigen Sie mich jetzt bitte. Es lohnt sich, noch vier Stunden zu schlafen bis zum Fischfang." Er erhob sich und verschwand in der Richtung zu den Schlafzelten.
Das war wie ein Aufbruchssignal. Verlassen standen bald die unwirklich anmutenden Klubmöbel vor dem Hintergrund schweigender Palmen.
Pünktlich, als hätten sie einen Wecker im Kopf, erhoben sich die beiden Männer zur verabredeten Zeit. Sie bewegten sich leise und sprachen flüsternd. Pete drückte Sundström die Flinte in die Hand, er selbst trug das Angelzeug.
"Hast du geladen?" fragte Sundström leise.
Der Freund nickte und schlug den Weg zur Schaluppe ein. Sundström ging neben ihm und hatte plötzlich das unangenehme Gefühl, es folge ihnen jemand; aber gerade deshalb wollte er sich nicht umsehen. Verstohlen beobachtete er Pete, denn er kannte die guten Ohren des Seemanns. Der blieb unvermittelt stehen und tat, als wolle er das Bündel der Angelruten aufstoßen. Dabei sah er sich unauffällig um. Gleich darauf legte er die Ruten auf die Erde, drehte sich um und sagte in einer Mischung von Befehl und warmer Zuneigung: "Prinz, du Spitzbube, wirst du wohl machen, dass du in die Falle kommst?"
Wenige Schritte von den beiden Männern entfernt. stand die Dogge mit gespitzten Ohren. Auf die Worte Petes legte sie sich, peitschte mit dem Schwanz und winselte leise.
Sundström kam ein Gedanke. "Lass ihn", sagte er, und fuhr fort: "Komm, Prinz, komm! Weiß der Teufel, wozu es gut sein kann:"
Vor übergroßer Freude schnellte das Tier heran und sprang dankbar an den beiden Männern hoch.
Während sie das Boot flottmachten, knurrte Sundström: "Warum hast du den Alten wissen lassen, dass uns Downburns Patronenraub nicht entgangen ist?"
Der Matrose blieb heiter. "Köpfchen, Knut. Besser, er weiß, dass wir wissen, als wenn er wüsste, dass wir auch Munition haben."
Sundström erwiderte unwirsch: "Das verstehe ich nicht."
Pete erklärte geduldig: "Es war doch von Anfang an möglich, dass wir schießen müssen. Darum knöpfte ich dem Knatchbull die Flinte ab. Er hat es bloß deswegen herablassend gestattet, weil er dachte, ich finde die Munition nicht. Dabei wusste ich längst, wo er sie verkramt hatte. Siehst du, und wenn sie jetzt einen Knall hören, finden sie das ganz harmlos."
Sundström sah ein, dass der Freund weiter gedacht hatte als er. Auch als er die verlockende Bitte der Mädchen ablehnte. Aber das konnte er unmöglich gleich zugeben.
"Du bist gar nicht so dämlich, wie du aussiehst, Pete."
"Na also", quittierte der Seemann.
Sie hatten das Boot klar und stiegen hinein. Prinz sprang geschickt nach, setzte sich in den Bug und äugte aufmerksam nach vorn. Bis durch die Brandung ruderten beide, dann übernahm Sundström das Steuer. Ohne viele Worte waren sie sich klar, dass sie erst das für ihren Plan Notwendige tun würden, ehe sie zu fischen begannen.
Nachdem sie am Delphin festgemacht hatten, arbeiteten sie schweigend und verbissen. Erst jetzt wurde es Sundström recht bewusst, wie planmäßig Pete vorgearbeitet hatte. Sorgfältig in leeren Apfelkisten verstaut waren das Funkgerät und seine Zubehörteile, Beile, Äxte, Hämmer, alle Sorten Zangen sowie ein praktischer, transportabler Flaschenzug, ein Derrick, den Pete an der Bordwand aufbaute.
"Wozu das?" fragte Sundström. Er glaubte, sie würden die zu bergenden Dinge auch so bordüber schaffen können.
"Komm mit", sagte der Matrose, und sie gingen in die Bootsmannswerkstatt. Als sei er der, geniale Hersteller, wies Pete stolz auf die zierliche Mechanikerdrehbank. "Das Ding kriegen wir ohne Derrick nicht heil in die Schaluppe.
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