der besten Männer des Hauses Deshay, die den Feind immer wieder mit ihren
Pfeilen angriffen und sich dann zurückzogen, um ihn so näher und näher an
die Lichtung heranzulocken. Die elfischen Kämpfer schienen mit dem Wald
verwachsen, und so würde es den Bestien schwerfallen zu erkennen, wie viele
Gegner sich ihnen entgegenstellten. Die Orks waren nicht dumm, aber sie
waren begierig auf den Kampf und würden dem elfischen Voraustrupp ohne
Zögern folgen, bis sie der Hauptmacht des Hauses Deshay gegenüberstanden.
»Vielleicht hätten wir ein paar Krieger am Haus zurücklassen sollen«,
brummte Theon. »Nur für den Fall, dass sich ein paar Bestien verirren und es
versehentlich entdecken sollten.«
»Unsere Frauen verstehen sich nicht nur darauf, Wunden zu versorgen«,
entgegnete Jalan lakonisch. »Sie vermögen sie auch anderen zuzufügen.
Keine Sorge, Theon, mein Freund, unser Vortrupp wird sie genau zur
Lichtung führen, und hier werden wir ihnen begegnen.«
Huschende Schatten waren im Sternenlicht zwischen den Bäumen zu
erkennen. Elfische Krieger hasteten auf die Lichtung und auf die dort
formierten Reihen zu, die sich kurz öffneten, um sie aufzunehmen.
»Tausende von ihnen«, rief ein Krieger Jalan zu. »Sie sind mindestens
doppelt so stark wie wir.«
Jalan schnaubte erneut. »Ihre Zahl mag groß sein. Doch so bieten sie uns
auch ein komfortables Ziel.«
Jalan freute sich nicht auf den Kampf. Denn wenn er auch nicht
bezweifelte, dass sie die Orks schlagen würden, so wären doch Verluste unter
den Elfen des Hauses Deshay unvermeidbar, und jeder davon würde
schmerzen.
Das Knacken und Brechen von Holz wurde lauter, durchmischt vom
stampfenden Schritt der Orks, deren Rufe ungedämpft durch die Nacht
schallten. Sie verbargen sich nicht, denn das war gegen ihre Art, zumal die
Bestien wussten, dass der Feind vor ihnen lag. Sie waren begierig auf den
Kampf, und von den Elfen würden sie sich holen, was den Legionen des
Schwarzen Lords gebührte.
Nun erschienen die schwarz gepanzerten Gestalten von Rundohren
zwischen den Bäumen, die beim Anblick der golden schimmernden Soldaten
auf der Lichtung zu zögern schienen. Kommandos ertönten, während die
elfischen Krieger wie erstarrt standen und schwiegen. Immer mehr Orks
drängten zwischen den Bäumen hervor und begannen sich zu formieren und
ihre Kohorten zu bilden.
»Wartet«, befahl Jalan-olud-Deshay mit erhobener Stimme und zog die
geschwungene Klinge seines Schwertes blank, während er die Kohorten
beobachtete, die immer zahlreicher wurden.
Es war die typische Formation der Orks. Die gepanzerten Rundohren, groß
und kräftig, in den vorderen Reihen, dahinter die kleineren Spitzohren. Die
Rundohren waren die Nahkämpfer, die sich mit ihren Rüstungen und
Schlagschwertern auf den Feind warfen, während die Spitzohren den Bogen
bevorzugten und im Nahkampf den Schutz ihrer größeren Brüder suchten.
»Ich hätte gedacht, sie stürmen einfach vor, sobald sie uns sehen.« Theon
schätzte die Stärke des Feindes ab. »Zwei Legionen oder drei, was meinst
du?«
»Etliche stecken noch zwischen den Bäumen.« Jalan lächelte kalt.
»Diesmal sind es keine wild stürmenden Horden mehr. Sie haben gelernt und
Disziplin erlangt.« Die in den vorderen Reihen stehenden Orks begannen
rhythmisch an ihre rechteckigen Schilde zu schlagen. »Gut, sie bringen sich in
Stimmung. Dann greifen sie gleich an.« Erneut hob er seine Stimme, und
seine Worte übertönten den Lärm der Orks. »Elfen des Hauses Deshay! Bildet
den Schildwall!«
Die ovalen hohen Schilde der Elfen wiesen an der unteren Seite zwei spitze
Dornen auf, mit denen die Krieger sie nun fest in den Waldboden rammten,
um anschließend dahinter in Deckung zu gehen. Im oberen Bereich der
Schilde befanden sich schmale Schlitze, die einem Pfeil wenig Angriffsfläche
boten, aber genug Ausblick auf den Feind zuließen.
Von den Reihen der Orks her ertönte ein Schwirren, das die Nacht zu
erfüllen schien. Im Licht der sternklaren Nacht erhoben sich Schwärme von
kurzen, schwarz gefiederten Pfeilen, die auf die elfischen Krieger
zuschnellten. Schon war das Klirren der auf die Schilde prallenden Geschosse
zu hören, durchmischt von dem gelegentlichen Schmerzensschrei eines
getroffenen Elfen.
Erneut zischten Pfeile heran, dann verdichteten sie sich zu einem endlos
scheinenden Pfeilhagel. Elfen gingen zu Boden, doch nicht genug von ihnen,
um eine Lücke in ihre Formation zu reißen. Bei den Orks wurde wütendes
Gebrüll laut.
Jalan und Theon kauerten nebeneinander hinter ihren Schilden und
grinsten einander an. »Die feigen Spitzohren würden am liebsten nur ihre
Pfeile abschießen, aber die Rundohren verlieren wohl die Geduld.«
Genau so war es auch, denn ein einzelner Schrei erhob sich nun bei den
Orks, und die Rundohren stießen begeistert ein. Aufbrüllend hasteten sie auf
die wartenden Elfen zu, die nur knapp drei Hundertlängen entfernt standen,
doch mussten sie dabei freies Gelände überwinden, auf dem Gras und Blumen
alles andere als Schutz boten.
»Pfeile«, befahl Jalan.
Aus den hinteren Reihen der Elfen erhoben sich befiederte Geschosse,
zogen über den Nachthimmel und senkten sich wieder. Elfische Stahlspitzen
durchschlugen die Eisenrüstungen von Orks und warfen die Bestien zu
Boden. In der Zeit, welche die hastenden Rundohren für die Strecke
benötigten, löste jeder Bogenschütze des Hauses Deshay fast vierzig Pfeile
und leerte so seinen Köcher.
Als die Rundohren die elfische Formation erreichten, waren ihre Kohorten
bereits geschwächt. Angriffslüstern brüllten die Bestien, erleichtert, den Feind
erreicht zu haben und sich nun nicht mehr dem treffsicheren Pfeilhagel
aussetzen zu müssen.
»Gebt ihnen Stahl«, brüllte Jalan, während er seinen Schwertarm
hochschwang und dabei ein brüllendes Rundohr von unten aufschlitzte.
Im Licht der Sterne schimmerten Rüstungen und Klingen, traf Stahl auf
Eisen, starben Elfen und Orks. Einem Beobachter hätte der Kampf als
seltsamer Tanz von Wesen erscheinen können, die sich umkreisten oder
aufeinander zuwirbelten, denn die Dunkelheit verbarg viel Grauen und gab
dem nächtlichen Tod einen unwirklichen Schein von Anmut.
Das wilde Durcheinander begann sich schließlich zu lichten und machte
einer Gruppe von Gestalten Raum, die auf den Schutz des Waldes zuhasteten,
während elfische Krieger sich unter wenigen Kommandos erneut formierten.
Jalan-olud-Deshay atmete schwer und stieß die Klinge seines Schwertes in
den Waldboden, um sie notdürftig vom dunklen Orkblut zu säubern. »Lasst
sie keinen Atem schöpfen, ihr Männer des Hauses Deshay«, rief er über die
Lichtung. »Formiert euch und jagt die Bestien zurück in die Finsteren
Abgründe, aus denen sie sich erhoben haben.«
Theon trat neben seinen Freund. Er blutete aus einer Schnittwunde am
Arm, wo ein Schlagschwert den Ringpanzer durchdrungen hatte. »Treiben wir
sie aus dem Wald hinaus, mein Freund.«
»Das werden wir«, versicherte Jalan grimmig. Er sah die Orks zwischen
die Bäume fliehen und nahm seinen Schild wieder auf. Verwirrt musste das
Oberhaupt des Hauses Deshay feststellen, dass es ihm schwerfiel, den Riemen
straffzuziehen. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass ihn im Kampf ein
Hieb getroffen hat, und doch musste es so gewesen sein. Ein wenig verärgert
wollte er den Schild senken, er würde auch ohne dessen Schutz kämpfen
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