anboten und Waffen und Dinge des täglichen Bedarfes anpriesen. Vieles, was
in den anderen Marken des Pferdekönigs aus Holz gefertigt war, wurde in der
erzreichen Hochmark aus Metallen geschmiedet und oftmals liebevoll
verziert. Löffel, Kessel und Kannen, feine Stechnadeln zum Nähen und
scharfe Klingen für die verschiedensten Verrichtungen. Beschläge für Türen
und Fenster, bis hin zu vollständigen Rahmen. Teile des Sattelzeuges und
Spaltklingen zum Bearbeiten der Felder, Becken und Lampen für Fett und
Brennstein und viele andere Dinge mehr. An einer der Schmieden stand eine
Gruppe von Männern mit ihren Pferden, die neu beschlagen werden mussten.
Jedes halbe Jahr musste ein Pferd frisch beschlagen werden, denn die
Hufeisen nutzten sich rasch ab, oder ihr Sitz lockerte sich, und so waren die
Schmiede stets damit beschäftigt, neue Eisen zu schmieden und sie den Hufen
der Pferde anzupassen. Die Eisen durften dabei nicht zu groß und nicht zu
klein sein, und die Nägel, mit denen sie an den hornigen Hufen befestigt
wurden, durften das Tier nicht verletzen.
Am Ostrand der Stadt, dem Flussufer zugewandt, lag eine kleine Töpferei,
in der der Lehm des Ufers zu Tellern und Kannen geformt und gebrannt
wurde. In ihrer unmittelbaren Nähe fand Nedeam ein kleines Haus, vor dem
einige Fallen und Schlageisen hingen und zudem die Felle einiger toter Nager
an einem Rahmen zum Trocknen ausgespannt waren. Nager konnten zu einer
wahren Plage werden, denn die Felder und Vorratskammern der Stadt boten
reichlich Nahrung, und die kleinen Biester vermehrten sich unglaublich.
Nedeam erkannte einen stämmigen Mann, der soeben aus dem Haus trat und
dabei tief in ein Gespräch mit einem anderen vertieft war. Dem Knaben fiel
die mächtige Keule auf, die der muskulöse Mann in einer Hand hielt. Von
Neugier gepackt, ritt er näher.
»… wirklich, mein guter Herr, diese Biester sind nicht dumm«, hörte er die
Stimme des hünenhaften Mannes. »Nach einer Weile kennen sie die Fallen,
und Ihr mögt den besten Wolltierkäse als Lockmittel nehmen, sie werden den
Köder verweigern. Doch mit mir und meiner braven Keule, damit rechnen sie
nicht, so wahr ich Barus heiße.«
»Ach, Ihr wollt mir doch wohl nicht erzählen, dass Ihr mit Eurer Keule
Nager erschlagen könnt. Diese flinken Biester weichen Euren Hieben doch
aus.«
Der stämmige Mann schlug die Keule in seine flache Hand, und es gab
einen vernehmlich klatschenden Laut. »Hiebe? Ich, Barus, guter Herr, der
beste Nagerjäger der ganzen Stadt …«
»Ihr seid auch der einzige«, warf der Mann skeptisch ein.
Barus musterte ihn kopfschüttelnd. »Habt Ihr ein Problem mit den Nagern
in Eurem Keller, guter Herr, oder habe ich eines? Wie erwähnt, als bester
Nagerjäger der Stadt schlage ich nicht einfach mit meiner Keule zu. Seht
her.«
Der stämmige Mann machte urplötzlich eine Bewegung, die so schnell
war, dass Nedeam sie mit seinen Augen nicht einmal wahrgenommen hatte.
Jedenfalls lag die Keule auf einmal etliche Längen entfernt am Ufer, wo
Barus sie aufhob und in der anderen Hand unvermittelt den Kadaver eines
kleinen Nagers hielt. »Seht Ihr, guter Herr? Ich werfe die Keule wie der
Blitz.«
Nedeam und der andere Mann waren gleichermaßen verblüfft. Der
Nagerjäger wischte die Keule im Gras sauber und brachte sie dann zusammen
mit dem erlegten Nager zu seinem Haus. Dort zückte er einen Dolch und
begann das kleine Pelztier unverzüglich auszunehmen. »So ärgerlich die
kleinen Burschen auch sind, guter Herr, ihr Pelz ist weich und warm und gibt
ein hervorragendes Futter für ein Winterwams ab.«
Der Mann begann mit Barus darüber zu feilschen, was dieser für seine
Dienste haben wollte. Nedeam war noch immer überrascht, auf welche Weise
der stämmige Mann den Nager erlegt hatte. Dergleichen hatte er noch nie
zuvor gesehen. Doch wie mochte der Nagerjäger dies wohl in einem dunklen
Kellerraum vollbringen oder in einem der kaum beleuchteten Vorratshäuser
am Südrand der Stadt?
Als Nächstes sah Nedeam ein paar Frauen zu, die ihre Wäsche am Fluss
wuschen, wozu sie jene Schlagbretter nutzten, gegen die man auch nasses
Leder schlug, um es geschmeidig zu machen. Der Schaum verriet, dass die
Frauen eine Mischung aus Fett und Asche nutzten, um die Kleidung zu
säubern. Aber das Waschen war Frauensache und interessierte Nedeam nicht
wirklich, weshalb er zurück in die Stadt ritt, vorbei an einer Schneiderei und
einer Schuhmacherin, die gerade die weichen Stiefel des Pferdevolkes
fertigte. Harte, doch nicht zu feste Ledersohlen, an denen die beiden Oberteile
mit feinen Lederriemen festgenäht wurden. Während die Stiefel der Männer
meist sehr schlicht und rein funktionell gearbeitet waren, wiesen die der
Frauen oft feine Prägungen und Stickereien auf. Die Schuhmacher der
Hochmark fertigten außerdem auch feine Gürtel und Waffenscheiden, die sie
mit Metallen verzierten. So begutachtete Nedeam ein wenig neidisch eine
Schwertscheide aus bestem rotem Leder, welche mit Metallbeschlägen
verziert war. Er wusste, dass es auch metallene Schwertscheiden gab, doch
das Pferdevolk bevorzugte weiche Lederscheiden. Denn war die Klinge erst
einmal gezückt, passten sich die Scheiden den Körperbewegungen an und
verliehen dem Reiter auf dem Pferderücken dadurch mehr Bewegungsfreiheit.
Der Knabe spürte das unmerkliche Knurren seines Magens und machte
sich nunmehr endgültig auf, um etwas zu essen und eine Unterkunft für die
Nacht zu finden. Und etwas Süßwurzel. Rasch fand er einen Laden, in dem
Backwaren und andere Lebensmittel angeboten wurden und wo er im Tausch
gegen vier Häute und ein kleines Fell Mehl und Salz sowie ein paar
Süßwurzeln erstehen konnte. Auf einer von ihnen genussvoll kauend, machte
er sich zuletzt auf die Suche nach einer Bleibe für die Nacht. Der Händler
hatte ihm beschrieben, wo er diese finden würde.
Es gab nur eine einzige kleine Herberge in Eternas, die eigentlich nicht
mehr als ein Wohnhaus war, in dem eine Familie lebte, die immer dann
Bewirtung für Reisende anbot, wenn es welche gab. Denn die Hochmark lebte
schon zu lange in der Isolation, sodass nur wenige Menschen aus den
abgelegenen Gehöften und Weilern, die in die Stadt kamen, um Handel zu
treiben, über Nacht blieben.
»Nun, für ein Fell werden wir uns schon einig werden, junger Herr«, sagte
die Wirtin freundlich und wies auf einen kleinen Anbau. »Hier drüben könnt
Ihr Euer Pferd unterstellen und versorgen. Wasser und guten Hafer findet Ihr
dort reichlich, und Ihr selbst scheint mir auch einen Bissen vertragen zu
können.« Sie sah Nedeam nachdenklich an. »Ich werde Euch einen guten
Eintopf machen, mein junger Herr. Gutes Grünkraut, Hafer und ein wenig
fettes Wolltierfleisch … Ach, Ihr könntet ruhig ein wenig Speck auf Euren
Rippen vertragen.«
Nedeam versorgte Stirnfleck und ließ die Tragetaschen unbesorgt in dem
kleinen Stall stehen, denn kein Mensch des Pferdevolkes nahm einem anderen
etwas fort. Und schon bald nachdem er in der Wohnstube der vierköpfigen
Familie den schmackhaften Eintopf gegessen und einen verdünnten Wein
getrunken hatte, begab er sich zur Ruhe.
Das Schwert am Sattel drückte leicht gegen Meowyns Knie, als sie ihr Pferd
antrieb, um ein ausgerissenes Wolltier zur Herde zurückzutreiben. Sie war es
gewohnt, Waffen zu führen, und wusste sie auch zu gebrauchen. Fast alle
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