besorgt herbei und brachten das Pferd des Kommandeurs.
Hauptmann ta Geos hatte der zweiten Hälfte des Beritts den Angriff
befohlen. Obwohl nur vier der Irghil in die Front der Garde eingebrochen
waren, hatten sie Tod und Verderben über sie gebracht. Die Bestien konnten
nicht siegen, und das wussten sie auch. Dennoch kämpften sie, als sei dies ihr
einziger Lebenszweck. Aber nach wenigen blutigen Momenten war das
Gemetzel dann vorbei.
»Vorposten raus«, kommandierte ta Geos erschöpft. So kurz der Kampf
auch gewesen war, er hatte an den Kräften gezehrt. »Versorgt die
Verwundeten und kümmert Euch um die Pferde.«
Der Hauptmann zog sein Pferd herum und ritt zu seinem Kommandeur,
über dem das Banner Alnoas schwach auswehte. »Die Gefahr scheint vorüber
zu sein. Ich finde, wir haben uns gut geschlagen. Wenn mich nicht alles
täuscht, haben wir dreiundzwanzig der Bestien erledigt.«
»Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir zwölf Tote und wenigstens die
gleiche Anzahl an Verwundeten«, kam die leise Erwiderung. »Dennoch
stimme ich zu. Wir haben uns gut geschlagen.«
Mit einem leisen Seufzen löste der Kommandant den Riemen seines Helms
und nahm diesen ab. Er schüttelte leicht den Kopf, und sein langes Haar fiel
ihm in schimmernden Wellen über die Schultern. Nun, da der Schädel nicht
mehr vom schützenden Metall bedeckt war, erkannte man ein ebenmäßiges
Gesicht. Unzweifelhaft das Antlitz einer schönen Frau.
Dennoch nannte man sie nach einem Beschluss des Kronrates in Alneris
Kommandant. In dem Gremium gab es Widersacher, die befürchteten, dass,
wenn man erst den Begriff der Kommandantin einführte, andere Frauen ihrem
Beispiel folgen könnten. Für den konservativ besetzten Rat eine
ungeheuerliche Vorstellung.
Die Hochgeborene Livianya, Befehlshaberin der Festung von Maratran,
beugte sich zur Seite und zog einen Lappen aus der Satteltasche. Während sie
die Klinge ihres Schwertes säuberte, überblickte sie den Kampfplatz.
Hauptmann ta Geos räusperte sich. »Die verdammten Biester haben sich
etwas Neues einfallen lassen. Sie hätten uns beinahe überrumpelt. Fast wären
wir an ihrem Hinterhalt vorbeigeritten. Das war unser Glück, denn es zwang
sie, vorzeitig aus der Deckung zu kommen.«
Livianya nickte. »Ich denke, die Kreaturen haben sich von ihren
Kameraden eingraben lassen. Geschickt gemacht. Wahrhaftig, Bernot, diese
Irghil sind nicht dumm. Man muss bei ihnen immer auf eine Überraschung
gefasst sein.«
Der Hauptmann grinste schwach. »Immerhin haben ihnen unsere neuen
Waffen übel zugesetzt.«
»Das haben sie.« Livianya schürzte die Lippen, und es sah einen
Augenblick so aus, als schmolle sie mit ihrem Hauptmann. »Wir sollten auch
die Lanzen mit dem Quetschkopf versehen. Ihre Spitzen rutschen ab, wenn
der Winkel nicht stimmt.«
»Der Gedanke kam mir auch schon.« Ta Geos zuckte die Schultern. »Ich
habe mit unserem Waffenmeister darüber gesprochen, Hochgeborene. Er
meint, die Lanzen seien bereits unhandlich genug. Würden wir die Spitzen
noch mit Weichmetall verkleiden, würden sie zu schwer werden und vornüber
kippen.«
»Meint er das, unser Waffenmeister?« Livianya lächelte kühl. »Ich möchte
annehmen, unsere Lanzenträger tragen lieber ein wenig mehr Gewicht und
bleiben dafür länger am Leben. Bei den Finsteren Abgründen, Bernot, wir
haben zwölf gute Männer verloren! Und weitere könnten ihnen folgen.
Gardist Elgort hat ein Bein verloren. Selbst wenn die Wunde ausgebrannt und
verbunden ist, hat er kaum Chancen, zu überleben. Er ist ein guter Mann,
unser Elgort. Das konnte nur geschehen, weil die Bestien in unsere Reihen
einbrachen. Weil ein paar lausige Lanzenspitzen abrutschten.«
Hauptmann ta Geos spürte die Wut, die sie erfüllte. »Ich werde dafür
sorgen, dass der Waffenmeister die Lanzen ändert, Hochgeborene.«
»Nichts anderes erwarte ich von meinem Hauptmann.« Die Stimme
Livianyas wurde wieder weicher. »Ich will nun mit den Männern sprechen,
Bernot. Sie sollen wissen, dass ich stolz auf sie bin. Und dass wir bald
aufbrechen müssen.«
»Kehren wir denn nach Maratran zurück?«
»Wir müssen unsere Verwundeten in Sicherheit bringen. Und unsere Toten
mitnehmen. Sie sollen in der Heimat verbrannt werden, nicht in diesem
verfluchten Land Jalanne, das noch immer den Tod verheißt.«
»Ich werde es veranlassen, Hochgeborene. Ich schlage vor, das Lager auf
einem benachbarten Hügel zu errichten. Die Kadaver der Bestien werden
rasch zu stinken beginnen.«
»Wir werden hier nicht lagern, mein Freund.«
»Nicht?« Ta Geos sah die Befehlshaberin überrascht an. »Die Männer
könnten eine Rast vertragen, und wir brauchen Zeit, um die Verwundeten für
den Transport herzurichten. Für einige von ihnen werden wir Tragen
anfertigen müssen.«
»Nun, mein Hauptmann, habt Ihr Euch schon gefragt, wer wohl die
Angreifer im Boden vergrub?«
Ta Geos Augen verengten sich, und mit plötzlicher Wachsamkeit spähte er
über das Land. »Ich verstehe, Hochgeborene. Es wird geschehen, wie Ihr es
wünscht.«
Wenn ein Mann und eine Frau des Pferdevolkes sich miteinander verbanden,
so teilten sie Zügel und Wasserflasche. Es war eine jahrtausendealte
Tradition, an deren Ursprung sich niemand mehr erinnerte. Besiegelt wurde
die Verbindung mit einer feierlichen Zeremonie, die stets Anlass war für Tanz
und fröhliches Gelage in den Gehöften und Weilern der Brautleute. In der
großen Stadt Eternas hingegen war man dazu übergegangen, die Verbindung
offiziell vor dem Stadtältesten zu besiegeln und sich dann in eine der
Schänken, vornehmlich den berühmt-berüchtigten »Donnerhuf«,
zurückzuziehen. Denn in der Stadt wurden Verbindungen zu häufig
geschlossen, um sie noch, wie sonst üblich, auf dem Hauptplatz vornehmen
zu können. Nedeam hätte seine Llarana am liebsten auf dem Gehöft seines
verstorbenen Vaters Balwin geehelicht, doch die Hohe Dame Larwyn hatte
ihn freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass er als Erster
Schwertmann die Mark repräsentiere und zudem hohe Gäste erwartet würden.
Kein Ort sei für diese Feier angemessener als die große Halle der Burg von
Eternas.
Nedeam hatte eingelenkt, und im Grunde war er froh darüber.
Larwyn konnte ausgesprochen energisch sein, und als Ausdruck dessen
schickte sie ihren Ersten Schwertmann in seine Räume, damit er sich
gebührend auf die Feier vorbereitete. Er würde seine geliebte Llarana an
diesem Tag nach langer Zeit zum ersten Mal wiedersehen, da sie die letzten
Monde bei ihrem Vater verbracht hatte, um sich von ihm und den Elfen des
Hauses Deshay zu verabschieden. An diesem Abend würden er und seine
Gemahlin neue Räume im Haupthaus beziehen. Larwyn hatte diese bereits
herrichten lassen. Nedeams Vorgänger Tasmund und seine Mutter Meowyn
bewohnten die angrenzenden Räume. Larwyn legte Wert darauf, vertraute
Personen um sich zu haben. Vielleicht, weil sie in ihrer Gegenwart für einen
Moment vergaß, wie sehr sie ihren Garodem vermisste.
Schon früh an diesem Morgen setzte in der Burg von Eternas eine
Betriebsamkeit ein, die weit über das normale Maß hinausging.
Ununterbrochen kamen und gingen Bedienstete und Schwertmänner, aus den
Schloten der Küche stieg Dampf empor, und die Räder von Karren und
Wagen rollten in einem fort über die beiden gepflasterten Innenhöfe. Aus der
Читать дальше