1 ...6 7 8 10 11 12 ...30 aus dem Sattel. Der Pferdelord hieb fluchend mit der Klinge um sich und
tötete zwei der Angreifer, bis ein Schlagschwert ihm beinahe den Kopf vom
Rumpf trennte. Ein anderer Ork versuchte Dorkemunt aus dem Sattel zu
ziehen. Die orkischen Schlagschwerter wirkten mit ihrer langen breiten
Klinge zwar plump, doch konnte man sich mit deren hakenförmigen Spitzen
an einem Reiter festklammern und diesen vom Pferd reißen. Dorkemunts
Wallach schien die Gefahr zu spüren. Er drehte sich ein wenig, und die Hufe
seiner Hinterhand trafen die Brust des Rundohrs, dessen metallene Rüstung
eingedrückt wurde und der Bestie einen qualvollen Erstickungstod bescherte.
Der aufwirbelnde Staub nahm den Kämpfenden zunehmend die Sicht, bis
Freund und Feind nur noch als Schemen zu erkennen waren. Die Orks
orientierten sich daran, dass nur, wer auf dem Pferd saß, auch ein Feind war,
und Dorkemunt machte sich dies zunutze. Er sprang von seinem Pferd und
schwang seine langstielige Axt in weit ausholenden Bewegungen. Mortwin
folgte seinem Beispiel. Er glitt vom Pferd, nahm seinen Rundschild und trat
Rücken an Rücken zu Dorkemunt.
Der Kampf war so überraschend schnell vorbei, wie er begonnen hatte.
Noch eine Weile hörten die Pferdelords das wütende und klagende Gebrüll
einiger vereinzelter Orks, die es vorgezogen hatten, den Klingen der
Menschen zu entfliehen. Dorkemunt schrie ihnen Schmähungen hinterher und
forderte sie auf, stehen zu bleiben und zu kämpfen, aber sie zogen sich
zurück.
Langsam begann sich der Staub zu legen, und statt des Kampfgelärms
waren nur noch das Schnauben der Pferde und das Stöhnen der Verwundeten
zu hören. Dorkemunt legte seine bluttriefende Axt an die Schulter und
bemerkte den abgebrochenen Schaft des Pfeils, der im Stiel seiner Waffe
steckte. Während er sich auf dem Kampfplatz umsah, brach er den
Pfeilstumpf heraus und warf ihn grimmig fluchend von sich.
Der Boden der Schlucht war über und über mit den Leichen der Orks
bedeckt. Ihr Blut hatte Boden und Felsen getränkt. Die dicken Rüstungen der
Rundohren hatten ihre Träger nicht vor den Lanzen und Schwertern der
Pferdelords schützen können. Auch drei Pferdelords waren am Boden, doch
nur einer von ihnen würde sich nie wieder erheben.
Dorkemunt verweilte nur kurz bei dem Toten und ging dann zu den beiden
Verletzten hinüber. Einem von ihnen klaffte eine Pfeilwunde an der Schulter,
dem anderen hatte ein orkisches Schlagschwert das Bein aufgerissen. Auch
zwei der Pferde waren verletzt worden, eines von ihnen so schwer, dass es
wohl nicht zu retten war. Auf dem Weg zu den Verwundeten bemerkte
Dorkemunt die schwache Bewegung eines verletzten Rundohrs, und in einer
wie beiläufig wirkenden Geste schwang er die Axt von der Schulter herunter
und schlug sie in die Brust des Orks.
»Überprüft die Bestien«, sagte Kormund heiser. »Einige könnten sich nur
tot stellen.« Er steckte die Wimpellanze in den Boden. Das dreieckige Tuch
war mit Orkblut besudelt. »Zeige deine Wunde, Haronem. Sie sieht übel aus.«
Der am Bein Verwundete verzog das Gesicht. »Nicht viel mehr als ein
Kratzer.«
»Ein recht großer Kratzer, wie mir scheint«, entgegnete Kormund, als er
das Bein genauer untersuchte. »Aber die Klinge hat tatsächlich keines der
großen Blutgefäße durchtrennt. Du hast Glück gehabt, Haronem. Wirst du
reiten können?«
»Ich werde es schaffen«, versicherte der Pferdelord und begann mit seinem
Dolch einen breiten Tuchstreifen von seinem Umhang abzutrennen, um damit
sein Bein zu verbinden.
Der an der Schulter verletzte Reiter sah Kormund tapfer an. »Er steckt zu
tief, Kormund.«
Der Scharführer nickte. »Dann werden wir ihn durchstoßen müssen, oder
wir brechen ihn ab, und Meowyn, die Heilerin, mag ihn später
herausschneiden.«
»Nichts gegen die Heilerin«, sagte der Verletzte, »aber das Mistding
schmerzt höllisch.«
»Gut«, entschied Kormund. »Dann stoßen wir ihn durch.«
Einfache Jagdpfeile hatten eine glatte Spitze, sodass man sie gut aus einem
erlegten Wild herausziehen konnte, Kriegspfeile dagegen trugen Widerhaken,
damit ein getroffener Feind sie nicht ohne weitere Verletzungen entfernen
konnte. Wenn man sie zur anderen Seite durchstoßen wollte, um die Spitze
abbrechen zu können, musste man achtgeben, dabei keine anderen Organe
oder großen Blutgefäße zu verletzen.
Kormund trennte die Oberbekleidung Haronems mit dem Dolch auf und
betastete die verletzte Schulter. Aufmunternd zwinkerte er ihm zu.
»Du hast Glück. Ich kann die Spitze auf der anderen Seite fühlen.«
Der Verwundete nickte mit zusammengebissenen Zähnen. »Dann bringen
wir es hinter uns. Hoffentlich haben die Orks sie nicht mit irgendeinem Mist
bestrichen.«
Orkblut war für den Menschen giftig, und wenn es in Wunden geriet, gab
es schwere Infektionen, die zum Tod führen konnten. Noch schlimmer war
die Gefahr, wenn die Pfeilspitzen mit orkischen Fäkalien bestrichen waren.
Doch auch hierin hatte Haronem Glück. Kormund stieß den Pfeil mit einem
kurzen Ruck nach hinten durch, brach die Spitze vom Schaft und zog diesen
dann wieder nach vorne aus der Wunde heraus. Haronem war erleichtert, als
er sah, dass an der metallenen Spitze nur sein eigenes Blut schimmerte.
Während Mortwin herbeieilte, um dem Verletzten beim Anlegen eines
Verbandes zu helfen, trat Kormund zu seinem Freund Dorkemunt. »Wir sind
glimpflich davongekommen.«
Dorkemunt nickte. »Der Orkpfeil, der in dem Toten steckte, hat uns
vorgewarnt. Wir waren einfach schneller.«
Sie blickten einander an und dachten an den Toten, der ein gutes Stück die
Straße zurück am Wegrand lag. »Die Bestien waren offenbar hinter dem
Fremden her und haben ihn verfolgt«, sagte Kormund nachdenklich. »Sie
müssen überrascht gewesen sein, uns zu begegnen. Sehen wir uns einmal an,
hinter wem sie so eifrig her waren.«
Sie gingen den Weg zurück und erreichten bald das seltsame braune
Bündel, in dem der Orkpfeil steckte.
»Ein Kind«, brummte Kormund und beugte sich vor.
»Mit einem Helm?« Dorkemunt schüttelte den Kopf. »Das war kein
Kind.«
Sie wälzten den leblosen Körper herum und fuhren zusammen, als sie ein
leises Stöhnen vernahmen. »Bei den Goldenen Wolken«, flüsterte Kormund,
»er lebt noch.«
Es war ein kleinwüchsiges Wesen, noch etwas kleiner als Dorkemunt,
doch seine Statur wirkte ungeheuer kompakt. Die Falten seines Gesichts und
der dichte rote Bart verrieten, dass es sich um einen älteren Mann handeln
musste. Aber konnte man da sicher sein?
»Meinst du, das ist ein Zwerg?« Dorkemunt kratzte sich im Nacken. »Was
hat ihn hierhergeführt? Und sieh dir seine Rüstung an. Sie ist sehr kunstvoll
gearbeitet. Ihr Träger muss von hohem Rang sein.«
»Das alles werden wir wohl nur erfahren, wenn ihr Träger auch am Leben
bleibt.« Kormund begann die Schnallen der Rüstung zu lösen und zog diese
dann behutsam vom Körper des Verwundeten. Das dicke Wams des Mannes
war rot durchnässt. »Er hat viel Blut verloren. Der Pfeil steckt tief, und ich
kann ihn nicht entfernen.«
»Dann schneide ihn ab. Wir sollten feste Polster um den Schaft binden,
damit der Bursche nicht noch mehr Blut verliert.« Dorkemunt seufzte. »Wir
müssen ihn zu Meowyn bringen, aber ich glaube nicht, dass er es durchstehen
wird.«
Haronem kam vom Kampfplatz herüber. Er hatte seine zerschnittene
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