1 ...6 7 8 10 11 12 ...16 „Geh jetzt bitte, wir sind nicht interessiert.“ Da verwandelte sich Deumtineos Gesicht in eine fast schon bösartige Maske.
„NICHT INTERESSIERT!“ Schrie er, „wenn ich das schon höre, mein Gott wird Euch strafen, er wird Euch alle töten, Ihr werdet es sehen. Und den Teufel noch dazu...“ Abrupt brach er seine Tirade ab, drehte sich um und lief weg.
Bene schüttelte den Kopf, gut er war nicht besonders freundlich gewesen, aber so ein Geschrei zu machen, war auch unnötig. Jeder kann doch glauben, an was er will. Hauptsache man lässt die anderen damit in Ruhe. Er ging zurück zum Brunnen, wo Auruma und Bellusa ihn anstarrten.
„Was war das denn für einer, ein Gläubiger kann er gar nicht sein, wenn er seinen Glauben mit Gewalt verbreiten will.“ Bellusa wunderte sich über diesen seltsamen Priester. Auruma, die selbst sehr religiös war, hatte bis jetzt noch nichts gesagt.
„Ich verstehe nicht, was das mit Langlebigkeit zu tun hat, ich habe ihm genau zugehört, Bene, und er wurde eigentlich erst wütend, nachdem er das erwähnt hatte, die Langlebigkeit, meine ich. Vorher war es zwar nervig, aber da war dieser Deumtineo noch freundlich.“
„Jetzt wo Du es sagst, Auruma, da ist was dran, vielleicht sollte ich Maxi etwas davon erzählen.“ Auruma nickte.
„Warum nicht, aber das machen wir, wenn wir sie das nächste mal besuchen, so dringend wird es nicht sein.“ Auruma widmete sich wieder ihrer Fellpflege und verstummte. Bellusa verdrehte die Augen, stand auf und ging ins Nest. Sachen gibt es, taucht da aus heiteren Himmel so ein Männchen auf.
*
Tabitha räumte gerade die Praxis auf, als Felix hereinkam.
„Kann ich Dir helfen?“ Bot er ihr sogleich an.
„Danke, Felix, das ist sehr nett von Dir, aber ich bin eigentlich fertig und wollte dann nach oben zum Essen gehen.“ Er druckste etwas herum.
„Kann ich Dich etwas fragen?“ Sie lächelte ihm aufmunternd zu.
„Ja, klar, Felix, wenn ich es beantworten kann, kein Problem.“
„Also, ich habe nicht verstanden, was Medicus uns erklärt hat, das mit den Organen, ihre Funktionen meine ich, aber ich traue mich nicht, ihn zu fragen.“
Sie sah ihn verständnislos an.
„Warum? Du bist unser bester Schüler, er erklärt es Dir bestimmt noch einmal.“
„Normalerweise schon, aber ich habe nicht aufgepasst. Er hat bemerkt, das ich ein Mädchen angesehen und ihm deshalb nicht zugehört habe. Medicus hatte am Anfang gesagt, das werde er nur einmal erklären, weil es nicht schwer ist.“ Felix machte ein unglückliches Gesicht. Tabitha musste lächeln, ihr Mann war ab und zu so versunken in seine Arbeit oder in den Lehrstoff, dass er dann kurz angebunden war. Felix war ein sensibler intelligenter Junge, der nichts verpassen wollte. Er würde einmal ein großartiger Heiler werden, wenn es ihm gelang alles zu lernen und seine Gabe zu verfeinern. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Komm, setz Dich, ich erkläre es Dir, es ist wirklich nicht schwer. Also was weißt Du, zum Beispiel über das Herz?“ Felix wirkte erleichtert und überlegte kurz.
„Das Herz ist eine Pumpe, durch die das Blut durch den Körper fließen kann. Es schlägt sechshundert bis siebenhundert mal in der Minute, wenn man aufgeregt ist oder rennt, noch öfter. Ach ja, es liegt ungefähr in der Mitte der Brust.“
„Ja, das stimmt genau, und die Krankheiten rund um das Herz habt ihr noch nicht durchgenommen, also das weißt Du Schon. Wie sieht es mit der Leber aus?“
Die Antwort kam ohne Zögern.
„Die Leber ist ein großes weiches Organ, das im Bauchraum auf der rechten Seite liegt, es filtert das Blut und zieht alle Stoffe heraus, die dem Körper schaden würden.“ Tabitha schmunzelt.
„Gut, und die Nieren?“ Auch hier musste er nicht überlegen.
„Das sind kleine ovale Organe, die den Wasserhaushalt regulieren, sie entgiften auch das Blut, genau wie die Leber. Sie liegen hinten am Rücken im unteren Brustraum.“
„Ja, richtig . Jetzt noch die Milz.“
„Die Milz, sie ist ein kleines rundes Organ, dass links vom Magen liegt, sie filtert das Blut und hilft unserem Immunsystem.“ Tabitha legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Felix, Du weißt ja alles, was Ihr bis jetzt gelernt habt, warum dachtest Du, Dir fehlt dieses Wissen? Jede Wette, Du weißt auch über Magen und Darm Bescheid, stimmts?“ Er wirkte sehr erleichtert.
„Ja, dann weiß ich ja wirklich alles, aber ich habe nur an Caris denken müssen, es tut mir leid, wenn ich Dir Mühe gemacht habe.“ Sie lächelt ihn herzlich an.
„I wo, alles gut. Sprich sie doch einfach mal an, Deine Caris, danach kannst Du sicher wieder besser im Unterricht aufpassen, glaub mir.“ Zerknirscht schlich Felix davon. Tabitha lächelte immer noch, als sie auf dem Weg nach oben auf Medicus traf.
„Felix ist schwer verliebt, das scheint ihm Angst zu machen, er hat sich eben von mir abfragen lassen. Sei nett zu ihm, bitte. Die erste Liebe ist immer schwer.“
Medicus lachte.
„Caris, ich weiß, sie ist aber auch süß. Der Bengel traut sich nur nicht, sie anzusprechen.“
„Genau das habe ich ihm auch geraten. Komm Medicus, gehen wir essen.“ Einträchtig liefen sie nebeneinander in die Halle.
Wir haben eine der Wohnhöhlen für den Winter umgebaut. Eigentlich nur den Eingang vergrößert, so dass Wolfram mit seinem Geweih auch durchkommt. Den Boden haben wir mit trockenem Laub belegt, das sich schon bunt verfärbt hat. Es sieht sehr hübsch aus. Hedwig und Wolfram sind wiedergekommen, es ist der zehnte Mond und sie leben noch. Nun haben sie es im kommenden Winter gemütlich, hier bei uns.
Alle Schüler werden über den Winter nach Hause gehen, um ihn mit ihrer Familie zu verbringen. Wir leben, nicht mehr wie früher, in großen Verbänden mit mehreren Familien, sondern meist nur eine Familie für sich, überall im Land verstreut. Das ist gut, um die Futterentnahme aus der Natur zu regeln. So wird an vielen verschiedenen Plätzen gesammelt, und nicht nur eine oder zwei Stellen restlos abgeräumt. Dieses System hat sich für uns bewährt.
Bene kommt gerade mit Auruma und Bellusa zu Besuch, das freut mich, haben wir doch schon längere Zeit nichts mehr vom Nussbaum gehört.
„Schwesterchen, wie geht es euch hier denn so? Vor lauter Sammeln, hatten wir gar keine Zeit zu kommen. Aber jetzt hat es geklappt, wir müssen auch dringend mal wieder aus dem See trinken.“ Ich freue mich sie gesund und munter zu sehen.
„Bene, Auruma, Bellusa, wie geht es Euch denn? Uns geht es ausgezeichnet. Übrigens, wir haben Gäste, ich stelle sie Euch nachher vor.“ Ich umarme sie der Reihe nach.
„Bei uns ist alles in Ordnung,“ sagt Auruma, „wir haben viele Vorräte gesammelt und die Schüler jetzt schon in die Ferien geschickt, dann können sie ihren Familien noch ein bisschen beim Sammeln helfen.“ Sie haben vier Schüler angenommen, die sie im Sammeln und Verarbeiten der Nahrung unterrichteten, diese werden ihr Wissen jetzt gut bei den eigenen Familien anwenden können.
„Ach Maxi, ehe ich es vergesse, vor einiger Zeit war eine sehr merkwürdige Feldmaus bei uns und wollte uns von ihrem Gott erzählen. Ich war nicht besonders freundlich, das gebe ich zu, er ging mir auf die Nerven. Er sprach auch von Langlebigkeit, aber dann er hat plötzlich herumgeschrien und sich abgesetzt. Seitdem haben wir ihn nicht mehr gesehen.“ Bene hat es wohl schnell hinter sich bringen wollen, und dabei mein Gespräch mit Auruma unterbrochen.
„Bene, wenn er nicht mehr aufgetaucht ist, mache ich mir erst einmal keine Gedanken, aber gut, dass Du es mir erzählt hast.“ Ich wende mich wieder seiner Frau zu. „Sehr gut, Auruma, so können die Schüler ihr erlerntes Wissen ihrer Familie zur Verfügung stellen. Ach ja, wollt Ihr gleich mal zum See?“ Alle nicken, und wir machen uns auf den Weg nach unten.
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