Sabine Keller
Im Namen des Prinzen
Historischer Roman
Imprint
Im Namen des Prinzen
Sabine Keller
published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
Copyright: 2015 Sabine Keller
Coverfoto: Sabine Keller
ISBN:978-3-7375-7632-1
Außerdem von Sabine Keller im Epubli Verlag:
Die Angelsächsin (31922)
Kampf um Englands Krone: Wilhelm der Eroberer (26775)
Weitere Romane sind in Vorbereitung
Facebook: Sabine-Keller-Autorin/269398659903700
https://sabine-keller-autorin.jimdofree.com/
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Historische Zeittafel
Weitere Romane von Sabine Keller
England im Jahre 1174 n. Chr.: Im letzten Licht des Tages trabten zwei Reiter in gemächlichem Tempo den steinigen Weg entlang, auf die Festung des Herzogs von Grantham zu. Die tief stehende Sonne zauberte einen rötlichen Schimmer auf das satte Grün und täuschte ein Gefühl der Wärme vor, obwohl die angenehme Temperatur des Sommertages schon spürbar nachgelassen hatte. Nicht eine einzige Wolke störte die Unendlichkeit des Himmels, dessen violette Färbung über dem Horizont im Westen schon die nahende Dämmerung ankündigte.
Die staubigen Pferde der Männer hoben kaum noch die müden Hufe und prompt stolperte eines über die Wurzel einer großen Eiche, die vom Wegesrand aus ihre ausladenden Äste über den Weg spannte. Erschrocken fuhr der zusammengesunken im Sattel hockende, elegant gekleidete Reiter hoch.
„He, pass doch auf“, schimpfte er und nahm die Zügel kürzer.
Aufgeschreckt durch das Straucheln des Pferdes hob er den Kopf und sah voraus eine mächtige Festung, die auf einer weitläufigen Rodungsfläche am Ufer eines Flusses in Sicht kam. Über der Mauer flappte eine Fahne träge in der leichten Abendbrise und der Reiter richtete seine Aufmerksamkeit auf deren Farbe: Grün, die Farben von Sir Edward de Tourneau, dem Herzog von Grantham. Ja, hier war er richtig, er hatte sein Ziel fast erreicht. Endlich.
Er gähnte herzhaft, dann trieb er seinen Braunen zu einem etwas flotteren Tempo an. „Also los, das kurze Stück werden wir doch wohl auch noch schaffen.“
Mittlerweile tat ihm jeder einzelne Knochen weh, er fühlte sich erschöpft und zerschlagen, aber dort vorne in der Festung wartete ein gutes Mahl und ein weiches, sauberes Nachtlager. Also, je eher er ankam, desto besser.
Erschöpft warf er einen kurzen Blick auf den Ritter neben ihm, der ihn zu seinem Schutz begleitete. Der kannte offenbar keine Müdigkeit, oder der Mann konnte sie nur einfach gut verbergen. Jedenfalls saß der Ritter nach wie vor aufrecht und aufmerksam im Sattel, obwohl er zusätzlich auch noch, schon den ganzen Tag lang, eines dieser bleischweren Kettenhemden trug. Aber das gehörte ja schließlich dessen Job. Der elegant gekleidete Reiter zuckte die Achseln. Der untersetzte, kräftige Ritter neben ihm war an solche Strapazen sicher gewöhnt, ganz im Gegensatz zu ihm selbst. Trotzdem, plötzlich war ihm seine eigene, nachlässige Haltung unangenehm, also richtete er sich ächzend ebenfalls gerade auf.
Ein Stück voraus kam den beiden Reitern ein verspäteter Bauer auf dem Weg entgegen, der mit seinem polternden, leeren Karren eilig nach Hause strebte, nachdem er wohl seine Waren in der Burg abgeliefert hatte. Lebensmittel für das abendliche Mahl vielleicht oder Heu für die herzoglichen Pferde in den Stallungen der Festung, ging es dem vornehm gekleideten Reiter durch den Kopf, als er den gebeugt dahinstapfenden und nicht eben sauberen Mann kurz musterte. Knapp und ein wenig herablassend erwiderte er den ehrerbietigen Gruß des Bauern und richtete seine Aufmerksamkeit dann auf sein eigenes Aussehen.
Schon seit dem frühen Morgen saßen er und sein Begleiter im Sattel und das sah man ihnen und den kräftigen Pferden auch an. Prüfend sah er an sich hinunter, klopfte sich dann den Staub von den Kleidern und zupfte an seinem ledernen, mit Stickereien reich verzierten Wams herum. Immerhin war er ein hoher Beamter und in offizieller Mission unterwegs und da konnte er unmöglich wie ein Landstreicher vor den Herzog treten. Für den Ritt hatte er gezwungenermaßen derbere Kleidung wählen und dabei seine gewohnte Eleganz einschränken müssen, und dann auch noch dieser Staub! Er fühlte sich ebenso verdreckt, wie der hinter ihnen davonfahrende Bauer ausgesehen hatte.
Verärgert fegte der vornehme Reiter noch ein paar Fichtennadeln von seiner Schulter und gab dann dem Ritter die Anweisung, dessen etwas verrutschten Waffenrock mit dem auffälligen Wappen des englischen Königs glatt zu ziehen. Dieses Wappen war sozusagen ihre Visitenkarte. Es waren unsichere Zeiten, die Waffen saßen locker, und wenn man Missverständnisse vermeiden wollte, war es ratsam gleich klarzustellen, auf wessen Seite man stand.
Und es würde wahrscheinlich noch schlimmer werden. Die neuesten Nachrichten aus so ziemlich allen englischen Landesteilen verhießen nichts Gutes und auch vom Festland war wenig Positives zu erfahren. Nach allem, was man so hörte, war der Verrat des Grafen von Leicester bei weitem nicht nur ein lokal begrenztes, englisches Problem.
Graf Robert de Beaumont, Herr der Grafschaft Leicester, hatte im Frühjahr fleißig Intrigen gesponnen, vom Festland aus, unter dem Schutz von König Louis von Frankreich und damit in sicherer Entfernung von seinem eigenen König, Henry II von England. Sein Ziel war, in England einen Bürgerkrieg zwischen den alteingesessenen Angelsachsen und den herrschenden Normannen auszulösen. Einen Krieg, den die Angelsachsen nie würden gewinnen können und der den Normannen, und somit auch ihm selbst, mehr Land, Reichtum und Macht bescheren würde.
Glücklicherweise hatte er keinen Erfolg mit seinem Plan gehabt. Die Machenschaften de Beaumonts konnten rechtzeitig von königstreuen Rittern aufgedeckt werden. Leider war es König Henry jedoch nicht gelungen, den Verräter selbst, der sich beizeiten auf seine Besitzungen in Frankreich abgesetzt hatte, in die Hand zu bekommen. Dort stand er unter dem Schutz von König Louis von Frankreich und war für Henry unerreichbar.
Als Bestrafung für dessen Verrat konnte der Graf also nur geächtet werden, und seine englischen Besitzungen wurden konfisziert. Jetzt gerade wurde dessen Burg und die Stadt Leicester, die sich nicht kampflos ergeben wollten, durch die englischen Truppen belagert.
Normalerweise wäre die Angelegenheit damit erledigt gewesen, denn ohne Rückhalt in England und ohne die reichen Einnahmen der Grafschaft, die jetzt in die Tasche des Königs flossen, waren dem Verräter eigentlich die Möglichkeit zu weiteren Dummheiten genommen. In diesem Fall allerdings lagen die Dinge anders, denn, wie sich mittlerweile herausgestellt hatte, war der Graf selbst gar nicht der Drahtzieher gewesen, sondern nur ein Mittelsmann. Und damit hatten die Probleme für König Henry erst richtig begonnen. Die Gier einer Einzelperson hätte er leicht in den Griff bekommen. So aber war Graf Beaumont nur eine Nebenfigur in einem viel größeren Spiel, einem Spiel um die Krone von England, und dieses Spiel war noch lange nicht zu Ende.
Hier in Mittelengland schien man jedoch von dem drohenden Unheil völlig unbeeindruckt. Die große Festung von Grantham jedenfalls lag ruhig und friedlich in den Flussauen. Nur zwei Wachen konnten die Reiter oben auf den Wehrgängen der herzoglichen Festung ausmachen, die gelangweilt an den Zinnen lehnten und ab und zu einen eher uninteressierten Blick über die Umgebung schweifen ließen. Die beiden Ankömmlinge hatten sie nur kurz gemustert, als ungefährlich eingestuft und dann ignoriert.
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