1 ...7 8 9 11 12 13 ...22 „Das arbeite ich alles beim Parkettverlegen wieder ab“, stöhnte er.
„Und ich? Mein Laden ist so weit fertig, bis auf das mit den Figuren. Wie soll ich das abarbeiten?“
„Du kannst mir ja helfen. Nicht unbedingt beim Parkettverlegen, aber beim Tapezieren. Und ich helfe dir beim Umstellen der Figuren.“
„Das klingt gut! Wo willst du denn tapezieren?“
Er grinste wieder. „Überall. Jetzt hast du dich bereiterklärt, mir zu helfen, ohne zu wissen, wie viel Arbeit ich dir abverlangen werde. Hähä.“
„Bist du gemein! Wenn ich mich bewegen könnte, würde ich dich in deinen Hühnerstall jagen!“
„Damit die vor Schreck wieder umfallen?“
„Ja, und du gleich mit ihnen! Und dann rufe ich Lars an, damit er das fotografiert. Dann steht im Supermarkt ein Aufsteller mit dir und deinen Hühnern, wie ihr alle die Füße in die Höhe streckt und der Aufschrift: ‚Auf Madsens Hühnerfarm sind wir alle ganz entspannt.’“
Jasper lachte. „Deinen Humor mag ich ganz besonders! Kannst du aufstehen? Dann zeige ich dir die Räume, die ich noch renovieren muss.“
„Hoffentlich reicht da die Zeit, in der mein Laden geschlossen ist. Wenn er wieder offen ist, stehe ich von morgens bis abends hinter der Ladentheke“, sorgte sich Sabine.
„Tapezieren geht schnell, da kommt überall nur Raufaser dran. Außerdem würde ich nicht wollen, dass du deine ganze Zeit damit vertust. Ich weiß ja, dass du noch Kleider nähen, basteln und neue Figuren entwerfen willst“, erklärte er ernst.
„Aber helfen will ich dir trotzdem, darauf bestehe ich. Du hilfst mir ja auch so viel. Ich weiß kaum, wie ich dir danken soll“, erwiderte Sabine.
„Ich wüsste da was. Du kochst uns abends was Schönes. Dann habe ich wenigstens die Gewissheit, dass du etwas isst.“
„Das mache ich sehr gern, aber da muss ich vorher noch einmal einkaufen“, gestand Sabine errötend.
„Das machen wir gleich. Jetzt zeige ich dir erst einmal das Haus, dann füttere ich meine Ladys, und danach fahren wir schnell zum Supermarkt. Einverstanden?“
„Ja, aber ... dann musst du mir ja schon wieder aushelfen.“ Sabine errötete.
„Ach, das macht doch nichts! Ich ... ich bin gern mit dir zusammen.“ Als hätte er schon zu viel gesagt, sprang er auf und öffnete eine Tür.
„Das ist mein Lieblingsraum“, erklärte er hastig. Sabine, die wieder einmal errötet war, stand auf und schnaufte zu ihm herüber. Der Kuchen lag ihr schwer im Magen.
„Oh ...“ Sabine blieb der Mund offen stehen. Jaspers Haus war recht altmodisch eingerichtet, vor allem die Küche. Da fehlte die weibliche Hand. Zwar war alles sauber, aber vor allem provisorisch. Das hatte sie auf den ersten Blick gesehen. Dieser Raum aber war mit viel Liebe eingerichtet worden.
Es war eine Bibliothek. Ein langer, nicht allzu breiter Raum, der zur Hofeinfahrt herausging. Bücherregale reichten bis an die Decke. Der ganze Raum war weiß gestrichen, die Regale bestanden jedoch aus altem, dunklem Holz. Sie standen voll mit Büchern. Es mussten Hunderte sein.
Am Fenster stand eine urgemütlich aussehende Couch, daneben ein Beistelltisch in Buchform, den sich Sabine sofort selbst für ihr Haus wünschte. Eine Tasse war noch darauf abgestellt. Und, wie sie erfreut feststellte, ihr Gedichtband lag neben der Tasse. Offenbar las Jasper eifrig darin.
Die hohen Fenster ließen sehr viel Licht herein. Die Wand neben der Tür, die einzige, an der kein Bücherregal stand, war mit einander überlappenden Buchseiten tapeziert.
„Der Raum ist ja wunderschön!“, rief Sabine aus. Jasper lächelte.
„Danke. Hier fühle ich mich auch sehr wohl.“
„Ja, das sieht man. Wie liebevoll du das gestaltet hast, unglaublich.“ Sie fuhr mit der Hand vorsichtig über die Buchseiten an der Wand.
„Das ist aus einem Buch, das ich erst reparieren wollte. Aber dann fand ich es günstig und in gutem Zustand auf einem Flohmarkt und dachte, dann nutze ich die zerfledderte Ausgabe eben anders.“
„Eine ganz tolle Idee.“ Sabine hatte dergleichen schon einmal im Internet gesehen, hatte aber nicht das Herz, es ihm zu sagen.
„So, möchtest du die anderen Räume noch sehen?“ Er führte sie durch einen schmalen Gang zu einer weiteren Holztür. Dass die Türen frisch geschliffen und geölt waren, sah man sofort.
Hinter der nächsten lag das mittelgroße Bad mit recht hässlichen bräunlichen Fliesen, wie sie sie selbst einmal in ihrem Haus gehabt hatte. Sie grinste. Aber sauber war das Bad, alles blitzte und blinkte. Eine alte Badewanne stand vor dem kleinen Fenster, daneben die Waschmaschine. Alles sehr junggesellenhaft, fand Sabine. Den Schlauch der Waschmaschine hatte Jasper einfach mit einem Kabelbinder an ein freiliegendes Rohr gebunden. Nicht schön, aber praktisch.
Auch auf das kleine Regal, das neben dem Waschbecken an der Wand hing, traf dies zu. Es war aus weißlackiertem Holz und gerade groß genug für Jaspers Rasierzeug und sein Duschgel.
„Schön“, murmelte Sabine, aber Jasper grinste wieder einmal. Er hatte sie durchschaut.
Der nächste Raum machte Sabine verlegen: Es war das Schlafzimmer. Ein schweres Doppelbett nahm fast den ganzen Raum ein. Beide Matratzen waren mit Laken bedeckt, aber es gab nur ein Kopfkissen und eine Decke. Sabines Laune hob sich. Also schlief hier nur Jasper. Dass seine Frau am Wochenende neben ihm lag, schien nicht der Fall zu sein!
„Hier möchte ich tapezieren und neues Parkett verlegen, oder vielleicht Laminat. Wie du siehst, ist der alte Bodenbelag völlig zerkratzt.“
„Ja“, stimmte Sabine zu, „der hat es wirklich hinter sich. Wann willst du damit denn anfangen?“
„Möglichst bald, dieses Wochenende vielleicht schon. Das Bett und den Kleiderschrank kann ich später noch abbauen und auf der Couch in der Bibliothek schlafen. Laminat verlegen mache ich lieber allein.“
„Und das alte entfernen? Dabei kann ich dir doch helfen.“
Zweifelnd schüttelte Jasper den Kopf.
„Na, ich weiß nicht. Das wollte ich mit einem Bohrhammer mit Meißel erledigen. Das ist für zarte Frauenhände eigentlich nicht so das Richtige. So ein Bohrhammer ist ziemlich schwer.“
„Ich würde es trotzdem gern versuchen. Ich habe ja zuerst auch handwerklich einiges selbst machen müssen.“
„Na gut, dann fahren wir gleich einkaufen, ich schmeiße dich bei deinem Haus aus dem Auto, komme zurück und nehme Bett und Schrank auseinander. Abends schlage ich mir bei dir den Bauch voll. Und morgen früh meißeln wir das Parkett raus. Nachmittags hast du dann wieder frei, das Verlegen mache ich selbst. Aber beim Aussuchen könntest du mir helfen, wenn du magst. Wir könnten gegen Mittag rüberfahren nach Madsenby. Du hilfst mir beim Aussuchen, und dafür lade ich dich dann zum Essen ein. Und zeige dir danach das Antiquariat, das ich zufällig entdeckt habe.«
„Klingt super! “, freute sich Sabine.
Maja starrte ungläubig auf das Schreiben der Rentenversicherung. Ihr Herz hatte schon gehämmert, als sie den Brief aus Cecilias sargförmigem Briefkasten gezerrt hatte. Wie sie es hasste, Post von Ämtern zu bekommen!
Cecilia, die das Laub im Vorgarten zusammenharkte, warf sofort den Rechen beiseite.
»Was ist los, was wollen die denn?«
»Die ... die ... die wollen mich zur Kur schicken!«
Cecilia überflog das Schreiben.
»Ach so ... aber das ist doch nicht schlimm!«
»Doch, ich will aber nicht in so eine Psychoklinik!«
»Was heißt Psychoklinik. Nur, weil die sich auf Depressionen und Burnout spezialisieren, heißt das doch nicht, dass ...«
»Ich war in so einer Klinik. Die haben Oliver doch damals noch in so was gesteckt. Den ganzen Tag saßen die im Aufenthaltsraum und langweilten sich. Ab und zu wurde einer zur Arbeitstherapie abgeholt oder zu einem Gespräch. Dann gab es Essen. Vor Langeweile haben die sich nur angezickt. Ich fand es da ganz furchtbar. Und als Oliver mit mir einen Spaziergang machen wollte, musste er sich abmelden und genau sagen, wann er wiederkam. Das war ein besseres Gefängnis.«
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