war zwar ein schweres Stück Arbeit, aber mit Geschick
und gutem Willen geht ja alles, und so gelang
es auch ihm schließlich. Und als er die Drachenhaut
ganz heruntergezogen hatte, stand die lieblichste Prinzessin,
die je ein Sterblicher gesehen, vor ihm. Diese
setzte er dann auf seinen Geisbock hinauf, der jetzt
sowohl sie und ihn, als auch den Sack mit den Zinsen
tragen mußte; er trabte aber dennoch ganz rasch und
munter davon, geradenwegs zurück an den Hof des
Königs.
Als sie so eine kurze Strecke weit geritten waren,
sagte die Prinzessin, daß er zurückschauen solle. Da
sah er, daß der Teufel mit seiner Großmutter, auf
einer Ziege reitend, so schnell sie nur konnten, hinter
ihnen drein kamen. Diese mußten irgend eine neue
List im Schilde führen, die sie ermuthigte dem Burschen
nachzueilen, um ihn einzuholen.
Da drehte sich die Prinzessin einmal um und
spuckte hinter sich auf den Weg aus, und daraus entstand
ein großer See, über den der Teufel sammt seiner
Großmutter mit der Ziege nicht kommen konnte;
die zwei aus der Hölle legten sich aber nieder und begannen
einfach den See auszutrinken, und sie brauchten
auch gar nicht allzulange, so hatten sie den See
schon ganz ausgetrunken.
Währenddem aber hatten der Bursche und die Prinzessin
einen Vorsprung gewonnen. Da sagte die Prinzessin
zu ihm, daß er abermals zurückschauen möchte.
Und wirklich kamen der Teufel und seine Großmutter
auf der Ziege in vollem Galopp hinter ihnen
drein geritten. Da warf die Prinzessin eine Glasperle
hinter sich, aus der sogleich ein riesiger Glasberg
wurde. Nun mußte der Teufel wieder nach Hause, um
der Ziege scharfe Schuhe anzuziehen, mit denen sie
über den Glasberg kommen konnte.
Das nahm aber viel Zeit in Anspruch und die
Flüchtigen gewannen wieder einen bedeutenden Vorsprung.
Als aber die Prinzessin den Burschen zum
drittenmal bat, zurückzuschauen, war ihnen der Teufel
mit seiner Großmutter doch schon wieder auf den
Fersen. Da rief die Prinzessin: »Hellicht vorne, stockfinster
hinten! Hellicht vorne, stockfinster hinten!« Da
entstand eine schreckliche Finsterniß und ein dichter
Nebel hinter ihnen, während es vor ihnen hellichter
Tag war. Sie ritten nun die gerade Landstraße weiter,
bis sie in den Wald hinein und zu der Stelle hinkamen,
an welcher damals der Rabe auf dem Baume gesessen
und dem Burschen den guten Rath und das
gute Schwert gegeben. Und richtig saß der Rabe wieder
dort und hieß sie willkommen.
Da sagte denn der Rabe zu dem Burschen: »Jetzt
nimm mich, haue mir den Kopf ab und setze ihn mir
wieder verkehrt auf.« Und als der Bursche gethan, wie
ihm befohlen, stand an Stelle des Raben ein wunderschöner
junger Prinz vor ihm, und das war der Bruder
der Prinzessin, die als Drachenschlange verzaubert
gewesen war.
Wohlbehalten kamen dann alle drei zur Nachtzeit
am Hof des Königs an. Weil sie aber keine Störung
oder Unruhe verursachen wollten, führte der Bursche
den Ziegenbock gleich in den Stall, an seinen alten
Platz, und geleitete den Prinzen und die Prinzessin in
seine Kammer hinauf und gab ihnen sein Bett, um
darin zu ruhen, während er sich auf den Boden legte.
Und alle drei schliefen süß ein.
In derselben Nacht erwachte die Königin und
weckte den König auf und sagte, daß sie geträumt
habe, daß sein Laufbursche zurückgekommen sei und
ihre zwei Kinder, die ihnen vor vielen Jahren gestohlen
wurden, mitgebracht habe. »Ach, das ist ja nur ein
Traum,« sagte der König, »laß mich schlafen!« Es
währte aber nicht lange, da wurde die Königin von
demselben Traum aufgeweckt; und als das zum drittenmale
geschah, standen beide auf, um vorerst im
Stall nach dem Geisbock zu sehen: – und wirklich! da
stand er auf seinem alten Platz. Dann gingen sie zur
Kammer des Burschen: – da lag er und schlief felsenfest
am Boden und dort in seinem Bett lagen die beiden
Kinder des Königs, die je wiederzusehen er schon
längst die Hoffnung aufgegeben hatte.
Da herrschte eine unbeschreibliche, grenzenlose
Freude am Hof des Königs. Der arme Bursche wurde
mit der Prinzessin, die er befreit und erlöst, verheiratet
und kam mit ihr zu großem Reichthum. Ritter
Roth aber wurde zum Lande hinausgejagt und der
Prinz half seinem Vater bei der Regierung, bis er
selbst das ganze Reich nach dem Tode desselben
erbte.
Zauberers Töchterlein.
Es war einmal ein Knabe, der auszog, um einen
Dienst zu suchen; und als er so wanderte, begegnete
er einem Manne, der ihn fragte, wohin er wollte. »Ja,«
antwortete er, »ich gehe hinaus in die weite Welt, um
mir einen Dienst zu suchen.« – »Da kannst du ja
gleich mit mir gehen und bei mir dienen,« sagte der
Mann; »ich brauche just einen solchen Knaben, wie
du einer bist. Und du sollst auch einen recht guten
Lohn bei mir bekommen: das erste Jahr einen Scheffel
Geld, und zwei im zweiten, und drei im dritten; denn
du mußt mir drei Jahre lang dienen und mir in allem
und jedem gehorchen, und wenn es dir auch noch so
sonderbar vorkommt. Aber du brauchst dich nie vor
den Dingen, die ich dir befehle, zu fürchten, denn es
ist nie eine Gefahr dabei, wenn du nur zu folgen verstehst.
«
Damit war die Sache abgemacht und der Knabe
folgte dem Manne, bei dem er sich verdingt hatte, in
dessen Wohnung. Und das war eine sonderbare Wohnung,
denn er wohnte in einem Hügel mitten im wilden
Wald; und der Knabe sah da keinen andern Menschen,
als seinen Herrn; und der war ein gewaltiger
Zauberer, der eine so große Macht über Menschen
und Thiere hatte, daß es ganz entsetzlich war.
Am darauffolgenden Tag sollte der Knabe seinen
Dienst antreten. Fürs erste trug ihm der Zauberer auf,
alle wilden Thiere des Waldes, die er gebunden hatte,
zu füttern. Es waren sowohl Wölfe und Bären als Hirsche
und Hasen, die der Zauberer in Herden und Hürden
zusammengesammelt und in seinen Stall, der
unter der Erde lag und wohl eine Meile lang und breit
war, gebracht. Der Knabe verrichtete trotzdem seine
Arbeit in e i n e m Tage und der Zauberer lobte ihn
und sagte, daß er seine Sache recht brav gemacht
habe.
Am nächsten Morgen sagte der Zauberer zu ihm:
»Ja, heute brauchen die Thiere nicht gefüttert zu werden,
denn sie bekommen nicht alle Tage etwas zu
fressen. Jetzt will ich dir erlauben so lange zu spielen,
bis sie wieder gefüttert werden müssen.« Darauf sagte
der Zauberer noch einige Worte zu ihm, die er nicht
verstand, und im selben Augenblick war aus dem
Knaben ein Hase geworden, der in den Wald hinaussprang.
Da konnte er freilich gut springen, aber das war
auch nothwendig, und er mußte genug laufen; denn
wer ihn nur immer erblickte, wollte auf ihn schießen,
und die Hunde hetzten und setzten ihm bellend nach,
sobald sie nur seine Fährte fanden. Jetzt war er ja das
einzige Thier im Walde, denn der Zauberer hatte alle
anderen unten in seinem Stall eingeschlossen, so daß
alle Jäger des ganzen Landes große Lust hatten, dem
Hasen einmal einen Treffer auf den Pelz zu geben. Sie
hatten aber kein Glück dabei, denn es gab keinen
Hund, der ihn einholen, und keinen Schützen, der ihn
treffen konnte. Sie schossen immer und alleweil daneben,
und der Hase lief und sprang immer weiter fort.
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