in die Hölle schicken wollte, um die Zinsen für sein
Kapital, die er schon so lange ausstehen hatte, aber
noch nie bekommen konnte, zu holen – e r s e i
M a n n s g e n u g d a z u , um d a s z u k ö n -
n e n !
Das hatte der Bursche allerdings nie gesagt, denn
er hatte ja noch nicht einmal etwas von den ausstehenden
Forderungen gehört, und das sagte er auch dem
König, der ihn zu sich rufen ließ. Aber alles half dem
Burschen nichts, rein gar nichts! Der König befahl
ihm einfach, daß er d i e s e n Auftrag ausführen
m ü s s e ; und da er einen sehr weiten Weg zu machen
hatte, sollte der L a u f bursche diesmal reiten,
und dazu gab ihm der König einen eigenen Ziegenbock.
Der Laufbursche bekam noch einen Sack mit Lebensmitteln
gefüllt, setzte sich dann auf den Geisbock
und ritt mit ihm hinaus in die weite Welt, wohin der
Bock wollte. – Der Geisbock trug ihn zu einem großen
Wald, und als er ein gutes Stück hineingekommen
war, wurde er von einem Raben angesprochen,
der ihn fragte, wohin er wolle. »Ich muß in die Hölle,
Zinsen für meinen König abzuholen,« antwortete der
Bursche. »Das ist eine weite Reise und noch dazu
eine gefährliche,« sagte der Rabe wieder; »und wenn
du meinem Rath folgen willst, dann grabe hier bei der
Wurzel dieses Baumes, auf dem ich sitze, nach und da
wirst du ein Schwert finden; und alles, das du mit diesem
schlagen wirst, muß in Stücke gehn. Und dann
möchte ich dir noch d e n Rath geben, nie von der geraden
Landstraße abzuweichen.«
Der Bursche grub bei der Wurzel des Baumes nach
und fand wirklich ein Schwert. »Das wird schon das
rechte sein,« dachte er bei sich und dankte dann dem
Raben für seine guten Rathschläge und ritt geradeaus
auf der Landstraße weiter. Als er ein gutes Stück weit
vorwärts geritten, kam ein altes Weib hinter ihm
drein, welches auf einer Ziege saß, und das war des
Teufels Großmutter. Sie ritt an seine Seite und fragte
ihn, ob er sein »Roß« nicht mit ihr tauschen wollte.
»Nein,« sagte der Bursche, er wolle das behalten, das
er habe und das ihm sein Gebieter zum Reiten gegeben.
Dann versuchte sie ihn vom rechten geraden
Weg, den er eingeschlagen, wegzulocken und sagte,
daß sie einen sehr guten Seitenweg wisse, der noch
dazu viel näher wäre. Aber der Bursche sagte, daß er
schon lieber auf der geraden Landstraße bleibe. Da
bog sie ihren Seitenweg ein und auch der Bursche ritt
seiner Wege.
Als er wieder ein Stück weiter vorwärts geritten
war, kam er zu einem Hügel, auf dem zwölf Jungfrauen
standen und weinten. Der Bursche fragte sie,
warum sie so traurig wären? »Ach!« erwiderten sie,
»wir müssen wohl jammern und weinen, denn es
haust ein schreckliches Ungeheuer in unserer Gegend,
und von dem sollen wir alle als Weihnachts-Abendmahl
verzehrt werden.« Eine von den Jungfrauen hatte
eine Hirtenpfeife in der Hand, die nahm ihr der Bursche
geschwind weg und fragte, wozu sie gehöre. Da
riefen und schrien alle zu gleicher Zeit, daß er j a
n i c h t hineinblasen dürfe, denn sonst käme sogleich
das Ungeheuer daher. Aber der Bursche setzte die
Pfeife an den Mund und blies hinein, daß sie einen
weithin über Berge und Thäler gellenden Ton von
sich gab. Und augenblicklich kam das Ungeheuer dahergestürzt
und hatte nicht weniger als zwölf Köpfe.
Es war scheußlich anzusehen, aber sobald es der Bursche
nur berührte mit seinem Schwert, zersprang es
wie in tausend Kieselsteine. Damit waren die Jungfrauen
gerettet und beeilten sich nun, wieder nach
Hause zu kommen, während der Bursche weiter ritt.
Da kam des Teufels Großmutter wieder zu ihm und
wollte ihn abermals vom geraden Weg ablocken, aber
er blieb standhaft auf seiner Straße und wollte nichts
wissen von einem Seitenweg; und so mußte des Teufels
Großmutter noch einmal unverrichteter Dinge
weiter ziehen.
Als er wieder ein gutes Stück weiter geritten war,
kam er zu einem andern Hügel, auf dem vierundzwanzig
Jungfrauen standen und weinten. Er fragte sie,
was ihnen fehle, und sie antworteten, daß ein Ungeheuer
in ihrer Gegend hause, das sie alle zum Neujahrs-
Abendmahl verzehren werde. Eine von ihnen
hatte eine Hirtenpfeife, die riß ihr der Bursche aus der
Hand und blies fest hinein, ohne sich darum zu kümmern
wie sehr die Jungfrauen auch schrien und ihn
baten, es nicht zu thun. Augenblicklich kam das Un-
geheuer daher, und das hatte vierundzwanzig Köpfe;
aber alle mußten in Stücke zerspringen, sobald sie
von dem Schwert nur berührt wurden. So waren auch
diese Jungfrauen gerettet und der Bursche ritt weiter.
Jetzt kam des Teufels Großmutter zum drittenmal zu
ihm auf ihrer Geis geritten und wollte ihn vom geraden
Weg abbringen; aber der Bursche blieb fest und
befolgte den Rath des Raben, – und sie mußte abermals
ihrer Wege ziehen.
Der Bursche ritt geradeaus auf der Landstraße weiter,
bis er zu einem dritten Hügel kam, auf welchem
sechsunddreißig Jungfrauen standen und jämmerlich
weinten. Und zwar deshalb, weil sie von einem
schrecklichen Ungeheuer zum heil. Dreikönigs-Nachtmahl
verzehrt werden sollten. Eine derselben hatte
wieder eine Hirtenpfeife, die riß ihr der Bursche aus
der Hand und blies hinein, und das Ungeheuer, das
sechsunddreißig Köpfe hatte, kam daher. Aber die
flogen alle herunter und das ganze Unthier zersprang
in unzählbare Kieselsteine, sobald es der Bursche mit
seinem guten Schwert berührte. Auf diese Weise hatte
er alle zweiundsiebenzig Jungfrauen vor den drei Ungeheuern
mit den zweiundsiebenzig Köpfen errettet
und zog dann seiner Wege, wie auch die Jungfrauen
die ihrigen.
Jetzt ging es aber rasch vorwärts und es kam ihm
auch kein Hinderniß mehr in den Weg, so daß er von
nun an unaufgehalten zum Höllenthor kam. Vor demselben
lag aber eine entsetzliche Drachenschlange, der
man es wohl ansehen konnte, daß nicht gut Kirschen
mit ihr zu essen war. Aber der Rabe hatte ihm mehr
gesagt, als wir vorher gehört haben und hatte ihm für
alles, was vorkommen konnte, Rathschläge gegeben.
Er sprach daher sogleich mit der Drachenschlange
und grüßte sie von ihrem Bruder im Walde, und sie
verstand es, denn das war ja der Rabe; und sie ließ
ihn unbeschadet zum Höllenthor hinein.
Als er hineinkam, fuhr sogleich der Teufel auf ihn
los und fragte, was er wollte. Der Bursche grüßte ihn
vom König und sagte, daß er gekommen sei, um die
Zinsen zu holen, welche der Teufel für das Kapital
schuldig war und mit deren Bezahlung er schon so
lange säumte. Davon wollte der Teufel aber anfangs
gar nichts wissen, bis seine Großmutter kam und ihm
ins Ohr flüsterte, daß er schauen müsse den Burschen
loszubekommen, denn er sei ein sehr gefährlicher Patron,
der schon seine drei Söhne, die Ungeheuer mit
den zwölf, vierundzwanzig und sechsunddreißig Köpfen
umgebracht habe. Es bleibe also nichts andres
übrig, als ihm zu geben, was er verlangte.
Da wurde der Teufel sogleich sehr höflich und gab
dem Burschen alle die ausständigen Zinsen in einem
großen Sack. Als der Bursche wieder zum Höllenthor
hinausging und auf seinem Geisbock fortreiten wollte,
rief ihn die Drachenschlange zu sich und sagte, daß er
sie nehmen und ihr die Haut herunterziehen solle. Das
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