n i s c h - a s i a t i s c h e n , gewiß nicht uninteressant,
da ja die letzteren noch wenig in Deutschland bekannt
sind. Der Uebersetzer ist weit entfernt, zu behaupten,
daß er einen solchen eingehenden Vergleich gemacht
hat; die angeführten Parallelen sind ihm nur während
der Arbeit aufgestoßen und wenn er sie anführte, so
wollte er damit nur den ersten Anstoß geben, der
einen Andern, Berufeneren zu einem Vergleich ermuntern
könnte.
S . G r u n d t v i g fordert am Schlusse seines
Nachwortes alle Dänen eindringlich auf, ihm in seiner
Sammlung alter dänischer Sagen und Märchen, Gebräuche
und Sitten hilfreiche Hand zu bieten und so
das alte geistige Eigenthum seines Volkes jetzt, »in
der letzten Stunde,« da es vielleicht noch Zeit ist, zu
retten; und es ist gewiß, daß ihm ganz Dänemark in
diesem nationalen Bestreben beistehen wird. Uns aber
eröffnet es die angenehme Aussicht, daß wir bald mit
einer n e u e n Sammlung beschenkt werden, die der
ersten gewiß nicht nachstehen wird, wofür ja schon
der Name des Herausgebers S v e n d G r u n d t -
v i g , des ausgezeichneten Sohnes seines ausgezeichneten
Vaters N. F. S. G r u n d t v i g bürgt. Sollte
diese Sammlung hinsichtlich ihrer Güte verdienten
Anklang in Deutschland finden, so wird dies für den
Uebersetzer eine Aufmunterung sein, auch die hoffentlich
noch folgenden Sammlungen von dänischen
Märchen dem deutschen Publikum zugänglich zu machen.
So sei denn mit S. Grundtvig's Worten dieses
Büchlein der » J u g e n d « dargereicht:
– – »wo sie sich auch finden möge,
Blühend noch im Kindheitskleide,
Hinter faltenreicher Stirne,
Die mit weiß und blonden Locken
Kindlich frohen Sinn bewahrte.«
Wien, im Februar 1877.
Willibald Leo.
In des Wolfes Bau und Adlers Klau'.
Es war einmal ein König und eine Königin, die hatten
einen kleinen Sohn. Eines Tages wollten der König
und die Königin miteinander ausfahren, aber ihren
Sohn nicht mitnehmen. Aber e r wollte dennoch mitgenommen
werden, darum lief er hinter dem Wagen
drein; und da er durch nichts davon abzubringen war,
ließ der König halten und sagte zu dem Prinzen, wenn
er dieses silberne Messer und diese Gabel, die er ihm
jetzt gab, nehmen und zu seiner Amme heimbringen
wolle, so dürfte er wiederkommen und mitfahren, sie
würden unterdeß auf ihn warten bis er zurückkomme.
Der Prinz nahm das silberne Besteck und lief dem
Schlosse zu. Aber, daß ihn der König mit diesem
Auftrag ins Schloß schickte, war nur ein Vorwand um
ihn los zu bekommen. Als der Knabe ein Stück weit
gelaufen war und sich einmal umschaute, sah er, daß
der Wagen davonfuhr. Da kehrte der Prinz sogleich
um und lief dem Wagen wieder nach, konnte ihn aber
nicht erreichen. Als er in einen Wald kam, wollte er
ihm deßhalb von einer andern Seite entgegenlaufen,
aber er verirrte sich und lief schnurstracks in eine
Wolfshöhle hinein. Der Wolf war zwar zu Hause,
aber er war gerade nicht hungrig, denn er war soeben
mit einer guten Mahlzeit fertig geworden, drum that er
dem Knaben nichts zu Leide, sondern begann wie ein
Hund mit ihm zu spielen.
Während sie aber so spielend vor der Wolfshöhle
herumsprangen, flog ein Adler über ihre Häupter hin,
sah den Knaben, senkte sich pfeilgeschwind nieder,
ergriff ihn mit seinen Klauen und flog mit ihm davon.
Er wollte ihn in sein Nest; das auf einer Insel draußen
im Meere lag, schleppen; unterwegs aber wurde ihm
der Knabe zu schwer und er ließ ihn fallen. Er fiel ins
Meer, und sogleich kam ein Wallfisch daher geschwommen
und verschluckte ihn.
Als der Prinz kurze Zeit im Bauche des Wallfisches
gelegen hatte, kam es ihm sehr langweilig darin vor.
Er zog daher das silberne Messer und die Gabel heraus
und fing an, im Bauch herumzuschneiden. Das
konnte der Fisch nicht aushalten; er starb und trieb
ans Land.
Der Knabe konnte sich doch nicht allein herausfinden.
Als es aber im Lande ruchbar wurde, daß ein
Wallfisch ans Ufer getrieben sei, kamen viele Leute
zum Strande herunter, um ihn zu besehen und anzustaunen.
Unter diesen war auch ein Gutsherr mit seinem
Sohn, einem Knaben von des Prinzen Alter.
Während diese beiden um den Fisch herumgingen und
ihn betrachteten, hörten sie etwas in demselben
schreien und rufen. Und als sie ihn aufschnitten, kam
der Prinz so munter und frisch wieder heraus, als er
verschluckt worden war.
Der Gutsherr nahm dann den Prinzen mit sich nach
Hause und ließ ihn mit seinem Sohne erziehen. Die
beiden Knaben wurden bald gute Freunde, und der
Prinz hatte es recht gut in seinem neuen Heim. Da geschah
es eines Tages, als die beiden miteinander Ball
spielten, daß der Prinz den Ball aus Unvorsichtigkeit
so schleuderte, daß er den Sohn des Gutsbesitzers gerade
an die Schläfe traf, und zwar so unglücklich, daß
der Knabe todt umfiel. Darüber wurde der Gutsherr so
zornig, daß er den Prinzen verurtheilte, lebendig zugleich
mit dem Todten begraben zu werden, denn er
meinte, er könne mit ihm thun, was er wolle, weil er
ihn aus dem Wallfisch herausschneiden ließ.
Das war zu d e r Zeit, als die Leute noch Heiden
waren und in großen Hügeln draußen auf dem Feld
begraben wurden. Und der lebende Königssohn wurde
zugleich mit seinem todten Spielkameraden in einem
Hügel beigesetzt, und mit großen, schweren Steinen
wurde der Hügel verschlossen. So saß der arme Prinz
da unten in finsterer Grabesluft. Plötzlich merkte er
etwas Lebendiges, das im Innern des Hügels herumkrabbelte.
Er griff nach demselben so gut es in der
Dunkelheit ging und fühlte, daß es etwas Haariges
war. Er hielt es fest und wurde weiter gezogen und
durch die Erde geschleppt. Es war nämlich ein Fuchs,
der sich eine Höhle unter dem Hügel gegraben, den
der Prinz am Schweif erwischte, und der ihn nun
durch einen seiner geheimen Gänge in seinen Fuchsgraben
und von da weiter ins Freie hinaus zog; denn
er war ganz erschrocken und suchte blos seine Bürde
los zu werden.
Als sich der Königssohn wieder unter freiem Himmel
befand, machte er sich auf die Beine und schaute,
daß er in den Wald kam, denn auf den Gutshof, dessen
Herr ihn begraben ließ, durfte er ja um keinen
Preis der Welt mehr zurückkommen. Er wanderte nun
mehrere Tage durch die dunkelsten Wälder, die er nur
finden konnte, bis er von einem Dieb und Räuber angetroffen
ward, der hier in den wilden Wäldern hauste.
Er nahm den Knaben mit sich in seine Räuberhöhle,
gab ihm zu essen und zu trinken, und war
überhaupt recht freundlich mit ihm, denn so ein einzeln
wild herumstreichender Knabe konnte ihm ja
nicht gefährlich sein, sondern im Gegentheil Gesellschaft
leisten und ihm nützlich werden.
Der Dieb nahm den Knaben jede Nacht mit sich
fort, und der Königssohn mußte sich darein finden,
ihm sowohl bei Bauern als bei Herren stehlen zu helfen.
In einer Nacht kamen sie einmal zu einem großen
Schlosse und gingen zum Stall hin. Der Dieb sagte zu
dem Knaben, daß er dort oben durch ein kleines Stallfenster,
das offen stand, hindurchkriechen solle. Ganz
vorne im Stall stand ein Grauschimmel mit vier goldenen
Hufen, und den wollte der Dieb haben, deßhalb
sollte ihn der Knabe losmachen, durch den Stall ziehen,
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