Katharina sah ihm hinterher und fühlte Mitleid, aber eben keine Zuneigung. Egal was Lucien auch machte oder sagte, es beeindruckte sie nicht.
Nach der Arbeit machte sie noch einen Abstecher in die Stadt und besorgte ein Geschenk für ihren Sohn. Er würde wie immer bei seinen Fußballern feiern, weil es ihm drin zu eng war. Seine Feier bestand in einem Fußballspiel auf dem Rasenplatz. 10 Kilometer außerhalb gab es da ein kleines Regionalstadion mit Festsaal für 100 Personen. Da war sein Verein untergebracht und da wollte er feiern. Mit Pascal hatte sie also keine Probleme, der war versorgt und billig glücklich zu machen. Ariane wollte natürlich ihre erste richtige Party als gesellschaftliches Ereignis der oberen 25 des Schulhofes platziert wissen. Das konnte aber nur bedeuten, dass es alles, nur kein Kindergeburtstag, sein durfte. Alkohol, Nikotin und mal was kiffen waren bei den älteren Jungs ein Muss und etwas Knutschen mehr als erbeten; Eltern und kleine Brüder waren dagegen völlig unerwünscht. Ariane hatte schon mal diese kleinen Details durchblicken lassen und ihre Mutter auf das Schlimmste vorbereitet.
Doch der große Knall lies noch auf sich warten, es waren nur noch 14 Tage hin und viel weiter aufschieben lies es sich nicht. Sie wollte es ihr auch schon schonend beibringen, aber Katharina war morgens wie abends immer so unzugänglich. Weshalb das Partyproblem unausgesprochen vor sich hin schwelte. Bis, ja bis zu diesem Abend, als Katharina das Geschenk für Pascal besorgt hatte. Ein neues Paar Fußballschuhe, die er sich gewünscht hatte und dazu eine Karte. Den Kuchen würden die anderen Mütter backen, weil es Katharina nicht so lag. Andere rissen sich förmlich in diesem Verein darum und an den Geburtstagen wurden, traditionsgemäß, runde Torten mit Schwarzweißen Fünf- und Sechsecken serviert. Halt Fußballverrückte unter sich, die alles über das runde Leder wussten.
Nach dem Essen kam Katharina zu Ariane und bat sie die Karte zu unterschreiben. Julien konnte seinen Namen schon schreiben und hatte seine krakelige Unterschrift unter den gedruckten Namen seines Bruders gesetzt. „ Dein Bruder feiert doch am Wochenende. Hier ist die Karte.... was ist eigentlich jetzt genau bei deiner Partyplanung herausgekommen. Hast ja bisher nur so schaurige Andeutungen gemacht “: fragte sie und hielt ihr die Karte und den Stift hin. Im Scherz hatte Ariane gemeint ob sie ihren Hexensabbat bei Vollmond zelebrieren dürfte.
Ariane bekam ganz feuchte Hände und unterschrieb hastig und sehr unleserlich. Dann schrieb Katharina noch ihr Kürzel darunter, malte ein Herz und steckte es in die Schublade zu den anderen Dingen, die sie immer wieder mal brauchte.
„ Ihr habt doch Partyrat abgehalten, also in zwei Wochen willst du feiern und wir wollten noch was Schönes für dich zum Anziehen kaufen. Wann wollen wir das denn machen? Ich habe ja auch nicht immer Zeit wie du es dir gerade denkst “.
„ Ist mir jetzt noch gar nicht aufgefallen “.
„ Werd nicht patzig Fräulein. Ich muss ja schließlich auch für euch arbeiten und kann nicht ständig über Partys nachdenken “.
„ Scheinbar doch ?“
„ Was soll das heißen ?“
„ Seit du mit deiner Freundin weggefahren bist, hast du dich verändert. Du schaust dauernd auf diese Visitenkarte und auf das Telefon. Wer ist das denn? Doch bestimmt ein Kerl “.
„ Ein Architekt, er ist der Freund von Christine... mehr nicht. Jetzt erwarte ich eine Antwort auf meine Frage “.
„ Welche war das denn jetzt noch gleich ?“: meinte sie frech.
„ Wann wir einkaufen wollen? Deine Garderobe muss aufgefrischt werden, wie du meintest und deswegen müssen wir einkaufen. Oder nicht! Außerdem muss ich wissen was du gedenkst an deinem Geburtstag zu veranstalten !“
„ Also einkaufen können wir, wann immer du Zeit hast. Wegen der Party, also dass ist so ne Sache. Wegen der Jungs und so. Wir wollen ja keinen Kindergeburtstag feiern.. wie bisher “.
„ Sondern ne geile Sause mit allem was dazugehört! Mal so richtig einen drauf machen “: sprach Katharina weiter. „ Du hast es erraten. Also das muss richtig gut abgehen, bloß keine langweilige Fete. Das ruiniert ja meinen Ruf... Du kuckst ja so böse. Ich meine ja nur, und so “.
„ Das kannst du dir abschminken . Dann kannst du schon mal für deinen Job am Theater üben “.
„ Oper, es ist ein Opernhaus. Aber warum denn das jetzt ?“ : sagt Ariane erregt.
„ Falls du es vergessen hast. Du feierst deinen 15 Geburtstag und nicht deine Aufnahme ins Moulin Rouge. Ich bin schließlich noch deine Mutter und nicht dein Concierge “.
„ Ja wohl Madame... dann sag mir doch wie ich das machen soll. Ich bin kein Kind mehr “: sagte sie eingeschnappt und drückte ihre Brüste vor. Sie waren unübersehbar, aber trotzdem kein Freifahrtschein in die Welt der Erwachsenen.
„ Das ist was anderes. Ich hab das damals auch nicht so übertrieben. Wenn wir ne Fete hatten, gab es keinen Alkohol und gequalmt hat auch fast keiner. Von Sex will ich gar nicht reden. Ein Zungenkuss war schon das äußerste “.
„ Ja aber da hat man die Pariser auch noch in Francs bezahlt. Heute ist das alles anders. Wenn ich so ne Party abhalte, mach ich mich zum Gespött der Gegend. Man wird mit Fingern auf mich zeigen und mich im Internet verlachen ... das wäre mein gesellschaftliches Ende. Dann wohne ich hier noch in hundert Jahren, finde nie einen Mann und muss am Ende noch lesbisch werden. Willst du das? “.
„ Cool oder In sein, ist nicht alles Ariane “: meinte ihre Mutter belehrend.
„ Nicht alles??... es ist das einzige was heute zählt!! “.
„ Dann musst du eben damit warten bist du älter bist. Du wirst mir später dafür dankbar sein “.
„ Ich wäre dir aber lieber jetzt schon dankbar. Bitttte “: fing sie förmlich an zu flehen.
„ Du gibst nicht auf. Aber ich gebe auch nicht auf. Einer von uns wird also bald sehr enttäuscht sein. Ich kann dir jetzt schon sagen, wer das sein wird. Also sei vernünftig “.
„ Du warst bestimmt auch nicht immer vernünftig. Sonst hättest du Papa ja nicht geheiratet “: wurde sie jetzt verletzend und das mit voller Absicht.
„ Ich glaube kaum, dass du dich darüber äußern kannst. Ohne unsere Ehe wärst du ja nicht auf der Welt. Außerdem habe ich erst mit ... ach das ist doch gar nicht der Punkt. Ich will nicht das meine Kinder sich so einen Lebenswandel angewöhnen. Alkohol zu trinken ist absolut nicht cool und Zigaretten sind seit Jahren total out. Heute rauchen nur noch die, die es überhaupt nicht lassen können. Es gibt außerdem auch noch Gesetze zum Schutz der Jugend. Dazu zählst du ja wohl auch noch mit 15 Fräulein “.
„ Ich pass schon auf... Was würdest du mir denn erlauben. Was darf ich denn an meinem Geburtstag machen. Jetzt sag nicht Kaffee und Kuchen und um 20.30 gehen alle nach Hause ?“
Katharina war einerseits froh, dass Ariane langsam einsichtig wurde und nicht mehr so kindisch auf ihrem Standpunkt herum ritt. Aber Katharina war auch schon aufgebracht, wegen der frechen Art und deshalb machte sie jetzt mal das gleiche mit ihr. „ Also Koffein ist nichts für kleine Mädchen. Da kommen die nicht zur Ruhe, wo doch um 18.00 das Sandmännchen kommt “.
„ Haha. Verarsch mich nur.... jetzt sag schon was ich darf !“
„ Du darfst in dein Zimmer gehen und mir nachher deine Hausaufgaben zeigen. Ich werde mir noch überlegen was du darfst und was nicht. Außerdem hätte ich gerne noch gewusst wie viele Gäste du einlädst und wie alt die sind “.
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