Nach einiger Zeit entstand ein Krieg zwischen diesem
König und einem anderen, und der junge Fürst
musste abreisen und mit seinen Soldaten ausziehen;
und weil seine Frau noch zu jung war, liess er die
Herrschaft in den Händen seiner Mutter. Der König
hatte voraussichtlich vier Monate im Felde zu bleiben:
als er nun fort war, schickte seine Mutter seine
Frau und deren Kinder in eine Wüste, wo sie niemanden
zu Gesicht bekamen.
Einst rief die alte Königin ihren Haushofmeister zu
sich und befahl ihm: »Morgen früh töte mir Sonne!
Ich will sie zu Mittag essen. Und wenn du nicht tust,
was ich dir sage, befehle ich meinen Leuten, dich zu
töten!« Nun hatte der Mann diese Kinder aber sehr
lieb. Was tat er also? Er nahm Sonne mit zu seiner
Frau und bat sie, das Kind zu verstecken; er selbst
nahm ein Lämmchen, schlachtete es und bereitete eine
Brühe von ihm, damit die alte Königin diese genösse.
Die Brühe schmeckte ihr so, dass sie am andern Tage
Mond essen wollte. Der Haushofmeister machte es
wie vorher: er versteckte Mond bei seiner Frau, nahm
ein Lämmchen her und tötete es, und die Königin verzehrte
es. Als etwa acht Tage vorüber waren, wollte
die Königin auch die Frau ihres Sohnes essen. Wieder
berief sie den Haushofmeister zu sich, dem sie sagte,
dass sie am nächsten Tage die junge Königin zu Mittag
verzehren wolle.
Der Mann begab sich zur jungen Königin und teilte
ihr mit, dass die alte Königin sie verzehren wolle; die
erstere aber wurde gar nicht bestürzt, sondern sagte
ihm, dass es besser für sie sei, wenn sie auch stürbe,
denn alsdann würde sie ja ihre Kinder wiederfinden.
Nun hielt es der Haushofmeister nicht länger aus; und
als er ihr dann gesagt hatte, dass ihre Kinder nicht tot
seien, da empfand die junge Königin gar grosse Freude
und wünschte die Kleinen zu sehen. Der Mann
nahm die junge Königin mit heim und gebot seiner
Frau, sie gleichfalls zu verstecken. Dann nahm er eine
Kuh her, schlachtete sie, verarbeitete sie zu Gedämpftem,
– und die alte Königin äusserte hernach, dass die
Mutter ihr noch weit besser als ihre Kinder geschmeckt
hätte. Und das böse Herz hielt sich bereit,
dem Sohne, wenn er aus dem Kriege zurückkäme, zu
sagen, die Katzen hätten ihm Frau und Kinder aufgefressen!
Als die alte Königin einst in der Nacht spazieren
ging, hörte sie die Stimme Monds, der gerade weinte,
weil seine Mutter ihn gehauen hatte, denn er war unartig
gewesen. Sobald die alte Königin die Stimme
der anderen Königin und ihrer Kinder erkannte, wurde
sie sofort gewahr, dass man sie getäuscht hatte; und
sie wurde höchst aufgebracht und schwur, sich zu rächen.
Am folgenden Morgen befahl sie mit lauter
Stimme, die allen Leuten Schrecken einflösste, man
solle auf die Mitte des Schlossplatzes einen grossen,
grossen, grossen Tonbehälter schaffen; dann liess sie
diesen von ihren Leuten mit giftigen Schlangen und
zahlreichen anderen hässlichen Tieren anfüllen, und
befahl schliesslich, dass der Haushofmeister, seine
Frau, die junge Königin und deren Kinder hineingeworfen
würden, damit jene Tiere sie auffrässen.
Als alle diese Personen auf dem Platze dasassen
und in Tränen und mit den Händen auf dem Rücken
gefesselt erwarteten, dass man sie in den Behälter
werfe, – da vernahm man die Musik der Trompeten,
und der König kam zu Pferde auf den Platz geritten:
der Krieg war eher beendigt worden, und die Mutter
hatte ihren Sohn so früh nicht erwartet! Er begann sogleich
zu fragen, warum seiner Frau und allen den anderen
Leuten die Hände gebunden seien, und warum
sich dort ein grosser Behälter voll Tiere befände. Niemand
hatte den Mut, es ihm zu sagen. Aber plötzlich
wurde seine Mutter so verdüstert darüber, dass sie
sich nicht rächen konnte, dass Wahnsinn bei ihr ausbrach
und sie selber in den Behälter sprang; und – ehe
ich es euch sage – hatten sie auch schon die Tiere aufgefressen
und bloss ein Büschel Haare übriggelassen!
Dem König ging es zwar nahe, dass seine Mutter gestorben
war; aber da ihr Herz so böse gewesen war,
tröstete er sich bald und lebte glücklich mit seiner
Frau und seinen Kindern.
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