229
Die Prospektzusammenfassungist als Einleitung zum Prospekt zu positionieren und hat nach Art. 7 ProspektVO[33] alle anlegerrelevanten Basisinformationen auf höchstens sieben DIN A4-Seiten in leserlicher Schriftgröße zu enthalten. Damit orientiert sich diese an den Vorgaben der PRIIP-VO für das Basisinformationsblatt bei sog. verpackten Anlageprodukten für Kleinanleger sowie Versicherungsanlageprodukte. Die Angaben in der Prospektzusammenfassung müssen zudem präzise, redlich und klar sowie nicht irreführend sein (Art. 7 Abs. 2 ProspektVO). Dabei haben die Informationen kurz und klar zu erfolgen (Art. 7 Abs. 3 ProspektVO). Sie haben mit dem Prospekt übereinzustimmen. Art. 7 Abs. 4 ProspektVO schreibt die Gliederung in vier Abschnitte vor.
230
Bestimmte Informationen können auch durch Verweisauf andere veröffentlichte Dokumente zum Bestandteil des Prospekts gemacht werden (Art. 19 ProspektVO)[34]. Das können etwa der Jahresfinanzbericht nach § 114 WpHG und der Halbjahresfinanzbericht nach § 115 WpHG sein[35]. Die Dokumente müssen jedoch zuvor oder gleichzeitig auf elektronischem Wege veröffentlicht werden (Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 ProspektVO).
231
Werbungmuss als solche deutlich gekennzeichnet sein und auf den Prospekt hinweisen (Art. 22 Abs. 1 ProspektVO). Als Werbung wird dabei eine Mitteilung angesehen, die sich auf ein spezifisches öffentliches Wertpapierangebot oder die Zulassung der Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt bezieht und darauf abstellt, die potenzielle Zeichnung bzw den potenziellen Erwerb der Wertpapiere gezielt zu fördern (Art. 2 lit. k ProspektVO). Umfasst sind davon etwa Zeitungsanzeigen, Radio- oder Fernsehspots, sog. Road-Shows (Marketingveranstaltung für institutionelle Investoren) oder Analystenpräsentationen[36]. Die Werbung muss klar erkennbar und darf nicht unrichtig oder irreführend sein (Art. 22 Abs. 3 ProspektVO). Letzteres sind Aussagen v.a. dann, wenn sie beim Anleger Fehlvorstellungen über den Prüfungsumfang durch die BaFin hervorrufen können[37].
232
Durch ein einheitliches Prospektformatsowie vorgegebene Informationsbestandteile soll eine Vergleichbarkeit der Prospekte erleichtert werden. Der Prospekt ist grds in deutscher Sprache zu erstellen (Art. 27 ProspektVO iVm § 21 Abs. 1 WpPG), jedoch kann die BaFin die Erstellung in englischer Sprache anerkennen (§ 21 Abs. 2 WpPG)[38].
c) Billigung des Prospekts (Art. 20 ProspektVO)
233
Eine Veröffentlichung des Prospekts ist erst dann gestattet, wenn die zuständige Aufsichtsbehörde (gem. § 17 WpPGdie BaFin[39]) den Prospekt gebilligt hat (Art. 20 Abs. 1 ProspektVO, Verwaltungsakt)[40].
⇒ Definition:
Billigungist die positive Handlung der BaFin als Abschluss der Prospektprüfung auf Vollständigkeit, Kohärenz und Verständlichkeit der Prospektinformationen (vgl Art. 2 lit. r ProspektVO).
Die Billigung hat grds innerhalb von zehn (Art. 20 Abs. 2 UAbs. 1 ProspektVO) bzw für neue Emittenten 20 Arbeitstagen (Art. 20 Abs. 3 ProspektVO) zu erfolgen. Eine Ausnahme (Verkürzung) ergibt sich bei sog. Daueremittenten (Art. 9 Abs. 11 ProspektVO)[41]. Der Prospekt ist nach seiner Billigung 12 Monate lang gültig (Art. 12 Abs. 1 ProspektVO). Er ist nach der Billigung zu veröffentlichen (Art. 21 Abs. 1 ProspektVO).
234
Der Prospekt ist der BaFin elektronisch über deren Melde- und Veröffentlichungssystem (sog. MVP Portal[42]) zu übermitteln ( § 22 WpPG), sodass diese die Billigungsbescheinigung und den Prospekt kurzfristig auch der ESMA zuleiten kann[43]. Die BaFin prüft den Prospekt auf Vollständigkeit, Kohärenz(mangelnde innere Widersprüchlichkeit)[44] und Verständlichkeit[45]. Es erfolgt keine Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit[46] oder der Bonität des Emittenten. Die Prospektbilligung führt daher nicht zu einem Wegfall von Prospekthaftungsansprüchen bei Fehlerhaftigkeit des Prospekts[47].
235
Ein Anspruchauf Prospektbilligung bei Vorliegen der Voraussetzungen lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen[48]. Der Emittent, Anbieter und/oder die Zulassungsantragsteller können danach Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erheben. Wird die Billigung abgelehnt (Verwaltungsakt), kann nach einem Widerspruchsverfahren der Verwaltungsrechtsweg beschritten werden.
236
Der Prospekt ist, abgesehen von eventuellen Nachträgen, nach seiner Billigung zwölf Monate gültig(Art. 12 Abs. 1 UAbs. 1 ProspektVO). Nach Ablauf eines Jahres ist grds ein neuer Prospekt zu erstellen. Das gilt auch für das Registrierungsformular (Art. 12 Abs. 2 und 3 ProspektVO).
237
Ein Prospekt muss der Aktualität genügen. Wichtige Umstände, wesentliche Unrichtigkeiten oder wesentliche Ungenauigkeiten bzgl der Angaben, die zwischen der Billigung des Prospekts und dem Auslaufen der Angebotsfrist auftreten, sind in einem Nachtragzum Prospekt zu nennen, wenn sie die Bewertung der Wertpapiere beeinflussen können (Art. 23 Abs. 1 UAbs. 1 ProspektVO)[49]. Der Nachtrag bedarf wie der Prospekt vor einer Veröffentlichung der Billigung durch die BaFin (Art. 23 Abs. 1 UAbs. 2 ProspektVO)[50].
238
Grds kann der Emittent auch eine informelle Berichtigungdes Prospekts, die nicht der behördlichen Billigung bedarf, vornehmen (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 WpPG). Zwar kann durch eine solche „Korrektur“ des Prospekts eine Prospekthaftung vermieden werden, aber es bleibt die Pflicht zum förmlichen Nachtrag[51].
239
Emittenten von Wertpapieren unterliegen damit grds nicht nur der Ad-hoc-Mitteilungspflichtgemäß Art. 17 MAR, sondern auch der Nachtragspflicht des Art. 23 ProspektVO[52]. Regelmäßig geht bei einem „Zusammentreffen“ der beiden Pflichten Art. 17 MAR vor[53]. Sofern die Ad-hoc-Mitteilung nach Art. 17 Abs. 4 MAR aufgeschoben werden kann, braucht der Nachtrag nicht vor der Mitteilung zu erfolgen[54].
240
Anlegern, die vor Veröffentlichung des Nachtrags eine Willenserklärung auf Zeichnung oder Erwerb des Wertpapiers abgegeben haben, steht ein Widerrufsrechtzu (Art. 23 Abs. 2 ProspektVO). Davon sind jedoch nur solche Wertpapiere erfasst, die der Anleger über ein öffentliches Angebot erwirbt. Für sog. Zulassungsprospekte gilt das Widerrufsrecht damit nicht[55]. Das gilt selbst dann, wenn die Wertpapiere zeitgleich öffentlich und über den organisierten Markt angeboten werden[56]. Die Widerrufsfrist beträgt zwei Arbeitstage ab Veröffentlichung des Nachtrags (Art. 23 Abs. 2 UAbs. 1 ProspektVO). Über das Widerrufsrecht muss der Anleger informiert werden (Art. 23 Abs. 2 UAbs. 2 ProspektVO).
241
Der neue Umstand oder die Unrichtigkeit, die eine Nachtragspflicht auslöst, muss vor dem endgültigen Schluss des öffentlichen Angebots und vor der Lieferung der Wertpapiere eingetreten sein. Ein Widerruf muss daher selbst dann noch möglich sein, wenn die Wertpapiere schon vor Veröffentlichung des Nachtrags in das Depot des Anlegers eingebucht worden sind, solange der nachtragspflichtige Umstand oder die Unrichtigkeit vor der Erfüllung des Wertpapiergeschäfts eingetreten ist[57]. Da der Anleger den Zeitpunkt, zu dem der neue Umstand oder die Unrichtigkeit eingetreten ist, nicht selbst feststellen und daher auch nicht beurteilen kann, ob ihm ein Widerrufsrecht zusteht, hat nach Ansicht der BaFin der Emittent, Anbieter oder Zulassungsantragsteller den Zeitpunkt im Nachtrag möglichst genau anzugeben[58]. Auf das Widerrufsrecht finden die Regelungen über den Rücktritt nach § 357a BGB analog Anwendung.
242
Der Nachtrag beseitigt nicht den Prospekthaftungsanspruch von Anlegern, die Wertpapiere schon vor der Veröffentlichung des Nachtrags im Vertrauen auf den unrichtigen oder unrichtig gewordenen Prospekt erworben haben. Eine andere Frage ist, ob die Anleger einen Schadensersatzanspruchgegen den Nachtragenden haben, wenn sie vom Widerspruchsrecht keinen Gebrauch gemacht haben. Vertreten wird, dass dann ein Prospekthaftungsanspruch aus den im Nachtrag berichtigten Umständen ausscheiden muss[59].
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