1 ...8 9 10 12 13 14 ...28 Beispiel:
Zahlreiche Crowdfunding-Plattformensind so ausgestaltet, dass eine Erlaubnis der BaFin nicht erforderlich ist und damit auch keine Aufsicht durch diese besteht. Insofern zählen diese zum Grauen Kapitalmarkt[4].
b) Primär- und Sekundärmarkt
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In Bezug auf den Kapitalmarkt ieS kann zwischen dem Primärmarkt und dem Sekundärmarkt unterschieden werden. Die Platzierung geschieht durch Begebung (Emission) der Wertpapiere. Die Erstplatzierung vollzieht sich ohne den Handel an der Börse. Sie ist ein außerbörslicher Markt. An den Sekundärmärkten findet sodann der Handel mit Kapitalmarkttiteln nach der Platzierung bei den Ersterwerbern statt.
⇒ Definition:
Primärmarktist der Markt, auf dem Kapitalmarktpapiere (wie etwa Aktien) zum ersten Mal angeboten werden.
⇒ Definition:
Sekundärmarktist jeder börsliche und außerbörsliche Markt, der dem Handel von bereits emittierten Wertpapieren durch wiederholte Kauf- und Verkaufsvorgänge dient.
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Der wichtigste Platz für die Sekundärmärkte ist nach wie vor die Börse. Auch am grauen Kapitalmarkt kann zwischen Primär- und Sekundärmarkt unterschieden werden. Für die Anteile gibt es jedoch nur einen kleinen Sekundärmarkt[5].
2. Organisierte und nicht organisierte Märkte
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Der deutsche Kapitalmarkt ist im Wesentlichen ein organisierter Kapitalmarkt. Nicht organisierte Märkte können etwa bestehende Kreditbeziehungen (Darlehen, Beteiligungen, Hypotheken) sein.
⇒ Definition:
Organisierter MarktiS des § 2 Abs. 11 WpHG ist ein multilaterales System, das erstens im Inland oder in einem EU- oder EWR-Staat betrieben oder verwaltet wird, das zweitens durch staatliche Stellen genehmigt, geregelt und überwacht wird und das drittens die Interessen einer Vielzahl von Personen an Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten, nicht abdingbaren Regeln in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt.
Damit ist u.a. der börsliche, dh der regulierte Markt gemeint[6]. Nicht erfasst ist der Freiverkehr/Open Market, da dieser nicht von staatlich anerkannten Stellen geregelt ist, sondern durch privatrechtliche Freiverkehrsrichtlinien[7].
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Der Begriff „organisierter Markt“ wird dagegen im KAGB etwas anders umschrieben, da dieses Gesetz auf andere EU-Richtlinien zurückzuführen ist als das WpHG[8]. In § 1 Abs. 19 Nr. 29 KAGB wird unter einem organisierten Markt ein Markt verstanden, der anerkannt, für das Publikum offen und dessen Funktionsweise ordnungsgemäß ist, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Als Merkmal eines organisierten Markts gilt die Reglementierung durch eine staatlich anerkannte Stelle, eine zeitliche und örtliche Konzentration des Handels, standardisierte Handelsobjekte, vereinfachte Rechtsübertragungsformen, strenge Preisermittlungsmethode, Sicherung der Vertragserfüllung, Haftungsbeschränkung des Titelinhabers sowie Publizität.
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Der Börsenhandel fand ursprünglich ausschließlich als Parkett- oder Präsenzhandel statt. Das änderte sich 1991 mit der Einführung des elektronischen Handels im IBIS-System an der Frankfurter Börse. Dieses wurde 2011 mit der Einstellung des Parketthandels durch das Computerhandelssystem Xetra(Exchange Electronic Trading) ersetzt[9]. Der Handel findet hier an einem Zentralcomputer durch automatische Geschäftsabschlüsse statt. Ein Börsengeschäft kommt zustande, wenn nach Abschluss der Systemprüfung übereinstimmende Willenserklärungen zusammengeführt werden, dh es werden verbindliche Angebote eingegeben, und der Computer führt deckungsgleiche Angebote zum Vertragsschluss zusammen (Matching). Der Börsenhandel geschieht über sog. Skontroführer, seit Mai 2011 an der Börse in Frankfurt über sog. Designated Sponsors, welche die Rolle der Skontroführer übernehmen[10].
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Zwischen den Marktsegmenten regulierter Markt und Freiverkehr bzw Open Market besteht keine räumliche Abgrenzung. Der Handel erfolgt häufig in demselben Börsensaal oder elektronischen Handelssystem. Organisationsrechtlich lassen sie sich durch die Zulassung bzw Einbeziehung in das jeweilige Marktsegment abgrenzen[11]. Im Interesse einer marktgerechten Preisfeststellung besteht ein Verbot der Doppelnotierung[12].
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Von den hoch organisierten börslichen Märkten bis hin zum grauen Kapitalmarkt fand sich lange eine Abstufung hinsichtlich des Organisationsgrads. Diese wurde insbesondere durch das Vermögensanlagengesetz von 2012 und das Kapitalanlagegesetzbuch von 2013 extrem verringert. Den höchsten Organisationsgrad weisen nach wie vor die Wertpapierbörsen als staatlich genehmigte Handelsplätze für den Handel in Wertpapieren auf. Ein Börsenhandel von Wertpapieren kann nur erfolgen, wenn sie zum Börsenhandel zugelassen sind. Für die Zulassung zum regulierten Markt bestehen strenge Anforderungen (§§ 32 ff BörsG). Nach § 42 BörsG kann die jeweilige Börsenordnung ergänzende Voraussetzungen vorsehen. Die Einbeziehung eines Wertpapiers in den Freiverkehr erfordert dagegen die Erfüllung geringerer Vorgaben (§ 48 BörsG).
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Der regulierte Markt ist öffentlich-rechtlichausgestaltet. Die Voraussetzungen für die Zulassung sowie die Zulassungsfolgepflichten ergeben sich aus den öffentlich-rechtlichen Regelungen (BörsG, BörsZulV, Börsenordnungen der Börsen, WpHG). Die Zulassung erfolgt im Wege eines Verwaltungsakts. Für den Freiverkehr sind dagegen privatrechtlicheFreiverkehrsrichtlinien maßgeblich. Eine Einbeziehung der Wertpapiere in den Freiverkehr erfolgt auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrags.
II. Abgrenzung zu anderen Teilen des Finanzmarkts
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Der Kapitalmarkt stellt neben den Geld-, Devisen- und Derivatemärkten einen wichtigen Teil des Finanzmarkts dar. Unter dem Begriff „ Finanzmarkt“ versteht man allgemein jeden Markt, an dem Angebot und Nachfrage nach Geld oder geldwerten Titeln zusammenkommen. Eine Abgrenzung des Kapitalmarkts von diesen anderen Märkten ist insofern schwierig, als sich die Märkte teilweise überlappen.
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Der Geldmarkt ist auf wenige finanzstarke Teilnehmer und solche mit sehr guter Bonität, dh im Wesentlichen auf Kreditinstitute und die Zentralbanken, begrenzt. Teilweise erstreckt er sich auch auf große Wirtschaftsunternehmen. Er dient dem Liquiditätsausgleich zwischen den Marktteilnehmern. Die genannten Marktteilnehmer handeln untereinander in Euro-Guthaben, die sie auf ihren Girokonten bei der Bundesbank haben (§ 19 Nr. 2 BBankG). Nicht nur der Handel in Zentralbank-Guthaben, sondern auch der Handel mit Geldmarkttiteln gehört zum Geldmarkt. Diese sind aufgrund ihrer kurzen Laufzeitfür den Kapitalmarkt ungeeignet[13].
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Häufig wird der Kapitalmarkt vom Geldmarkt dadurch abgegrenzt, dass er als der Markt für mittel- und langfristige Kredite und für die Beteiligung an Gesellschaften verstanden wird, der Geldmarkt dagegen als Markt für kurzfristige Kredite[14]. Allerdings ist diese Abgrenzung insofern nicht hilfreich, als auch langfristige Anlagen mit kurzfristigen Zinsanpassungen zum Geldmarkt gerechnet werden (Floating Rate Notes[15]).
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Devisenmärkte sind eine Vielzahl meist telefonischer und fernschriftlicher Kontakte zwischen Devisendisponenten bei Nichtbanken und Devisenhändlern bei Kreditinstituten sowie zwischen den Devisenhändlern der Kreditinstitute untereinander. Der Devisenmarkt ist damit grds ein Interbankenmarkt. Mit einem Tagesumsatz von mehr als 5 Billionen Dollar ist der Devisenhandel das größte Segment des internationalen Finanzmarkts[16]. In manchen Ländern existieren Devisenbörsenals institutioneller Rahmen für diese Geschäfte.
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