Norbert Bertelsbeck:
Konflikte einvernehmlich lösen und vermeiden –
ein Lernprogramm
Impressum
Konflikte einvernehmlich lösen und vermeiden – ein Lernprogramm
Norbert Bertelsbeck
Copyright: © 2015 Norbert Bertelsbeck
Published by: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
ISBN 978-3-7375-3930-2
Einführung
Teil I Nutzen und Merkmale eines Lernprogramms
Es könnte manches viel schöner sein: Vom Nutzen eines Lernprogramms
Das Lernprogramm
Teil II Grundlagen
Konfliktbegriff
Bedürfnis- und Wertbeeinträchtigung
Wertvorstellungen für das Vermeiden und Lösen von Konflikten
Teil III Konflikte vermeiden
Vermeidung von unannehmbarem Verhalten
Beseitigung von unannehmbarem Verhalten
Umgang mit Widerstand nach Ich-Botschaften
Teil IV Konflikte lösen
Der Umgang mit Bedürfniskonflikten
Der Umgang mit Wertkonflikten
Konfliktvermittlung
Teil V Perspektivwechsel
Wenn der andere ein Problem mit mir hat
Teil VI Zum Schluss
Fazit und Ausblick
Literaturliste
Über den Autor
Dank
Einführung
(1) Die große Bedeutung von Kontakten
Dieses Buch beschäftigt sich mit der Vermeidung und Beseitigung von zwischenmenschlichen Konflikten. Es handelt sich um eine Thematik, die von erheblicher Bedeutung für das alltägliche Leben ist, denn Kontakte zu anderen Personen - und damit auch die Möglichkeit des Vorliegens von Konflikten - sind für die meisten Menschen ein wesentlicher Bestandteil des Lebens.
So wachsen Kinder zunächst in der Familie auf, wo auch heutzutage noch meist die Mütter als primäre Bezugspersonen und andere Familienmitglieder wie Väter und Geschwister von Bedeutung sind. Allmählich vergrößert sich dann die Personenzahl um den weiteren Verwandtenkreis wie Großmütter und Großväter, Tanten und Onkel, Cousinen und Cousins. Später kommen Gleichaltrigengruppen und andere Erwachsene in Gestalt von Erzieherinnen/Erziehern im Kindergarten und Lehrerinnen/Lehrern in der Schule hinzu. Kinder treffen sich ebenfalls mit ihresgleichen nach der Schule, treten Vereinen oder anderen Freizeitorganisationen bei. Es entwickeln sich länger andauernde Freundschaften zum gleichen, später auch zum anderen Geschlecht. Schließlich sind Kinder Erwachsene, die eine Ausbildung beginnen und so neue Kontaktmöglichkeiten erhalten. Sie ergreifen einen Beruf und arbeiten so mit anderen Menschen zusammen, binden sich langfristig an einen Partner in Form einer Ehe oder Lebenspartnerschaft, bekommen Kinder und darüber vermittelt wieder weitere Kontakte zu anderen Eltern, Erziehern, Lehrern, Freunden ihrer Kinder etc. Später, d. h. im fortgeschrittenen Alter, wird ggf. der vertraute häusliche Bereich mit dem Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim verlassen, und es ergibt sich noch einmal ein veränderter Kontaktbereich.
Sind bisher unterschiedliche Kontakte in Abhängigkeit vom Lebenslauf erwähnt worden, so lässt sich eine Vielfalt von Beziehungen auch vor Augen führen, wenn man sich an einem Tagesablauf orientiert.
So haben Personen an einem Tag, jeweils in Abhängigkeit von besonderen Lebenssituationen und Ereignissen, häufig Kontakt zu bestimmten Menschen: dem Ehepartner oder Lebensgefährten, den Kindern, Arbeitskollegen, Nachbarn, Freunden, Bekannten oder Verwandten. Darüber hinaus entstehen Kontakte zu mehr oder minder fremden Personen bei der Bewältigung spezifischer Alltagserfordernisse wie Einkaufen (andere Käufer, Verkäufer), Arztbesuche (andere Patienten, Ärzte und Sprechstundenhilfen) oder der Inanspruchnahme von öffentlichen Verkehrsmitteln (andere Fahrgäste und Fahrer). Schließlich ergeben sich Kontakte auch bei bestimmten Arten von Freizeitbeschäftigungen wie z. B. dem Besuch von Sportveranstaltungen (andere Zuschauer), der Sportausübung (andere Vereinsmitglieder) oder beim Gaststättenbesuch (andere Gäste, Kellner, Wirt) etc.
(2) Unterschiedliche Bewertung von Kontakten
Verfügen Menschen im Allgemeinen über häufige Kontakte, so werden diese dabei als mehr oder weniger angenehm erlebt.
So kann es sein, wenn Sie berufstätig und zugleich verheiratet sind, dass Ihr ebenfalls berufstätiger Partner sich morgens allzu lange im Badezimmer aufhält, während Sie in Eile sind. Im vollen Bus auf dem Weg zur Arbeit werden Sie, während Sie stehen, von hinten angerempelt. Im Büro raucht neuerdings ein Arbeitskollege, dem Sie gegenüber sitzen; ein anderer ist ungewohnt schweigsam. Ihr Chef hat Ihnen heute schon wieder eine Sonderarbeit verpasst, die es unmöglich macht, eine Terminarbeit zu erledigen. Kommen Sie nach Hause, so sagt Ihre Frau mit stockender Stimme, dass ihre Freundin eine Verabredung nicht eingehalten habe und möchte mit Ihnen hierüber sprechen, oder die Kinder wollen sofort mit Ihnen spielen, obgleich Sie erschöpft sind. Abends würden Sie gern mit Ihrem Partner einen Film im Kino anschauen, dieser möchte jedoch zu Hause bleiben. Ihre älteren Kinder kommen spätabends nach Hause und machen Lärm, während Sie schon schlafen und dadurch aufgeweckt werden.
Wenngleich Kontakte aufgeführt wurden, die im Allgemeinen als unangenehm angesehen werden, so hat der Alltag jedoch auch eine Vielfalt von angenehmen Begegnungen zu bieten, die das Leben lebenswert machen.
Das Essen steht schon auf dem Tisch, als Sie nach Hause kommen, obwohl Sie damit nicht gerechnet haben. Der Chef teilt Ihnen mit, dass eine Beförderung ansteht. Die Tochter sagt zu Ihnen: „Vati, ich hab’ Dich lieb“. Sie sehen sich mit Ihrem Partner einen schönen Film an. Sie fahren nächste Woche mit ihrer Familie in den Urlaub und freuen sich schon darauf. Ihre Freundin bedankt sich bei Ihnen mit einem kleinen Präsent dafür, dass Sie in ihrem Urlaub für sie die Treppe geputzt haben etc.
Wird der Beziehungsalltag also sowohl positiv wie negativ erlebt, so ist es trotzdem von großer Bedeutung für das persönliche Wohlbefinden und die Qualität von Beziehungen, wie mit Verhaltensweisen von anderen umgegangen wird, die ein Problem darstellen. Damit sind wir beim Thema dieser Arbeit.
(3) Konflikte in verschiedenen Gruppen
Möchte man Konflikte zum Gegenstand von Erörterungen machen, so ist dieses auf verschiedenen Ebenen möglich. Auf gesellschaftlicher Ebene lassen sich Konflikte in verschiedenen Bereichen benennen, von denen beispielhaft einige genannt werden sollen:
- Im Politikbereich beziehen sich Konflikte darauf, welche Ereignisse zu politischen Themen werden sollen und wie sie zu lösen sind. Hier gibt es Kontroversen innerhalb der Regierungsparteien wie auch zwischen Regierung und Opposition.
- Daneben gibt es Konflikte zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen um das Ausmaß der Mitbestimmung und um Lohn- und Arbeitsbedingungen.
- Auch gibt es Konflikte zwischen den verschiedenen Anbietern im Gesundheitsbereich (Ärzte, Pharmaindustrie, Apotheker und Krankenhäuser) einschließlich der Krankenkassen, welche Leistungen von ihnen zu welchem Preis zu erbringen sind.
Die Öffentlichkeit ist bei diesen Auseinandersetzungen einerseits Zuschauer, andererseits jedoch zugleich auch Betroffene von Konfliktlösungen.
So verfolgen Sie z. B. im Radio, Fernsehen, Internet und in der Zeitung interessiert Berichte von Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen um höhere Tariflöhne, weil Sie Nutznießer von derartigen Vereinbarungen sind. Sie schauen sich des Weiteren Wahlsendungen im Fernsehen an, um bei der Bundestagswahl die für Sie richtige Partei zu wählen etc.
Konflikte sind darüber hinaus auf der Ebene des Alltagslebens angesiedelt. Dieses ist nun Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Es werden hier Konflikte zwischen jeweils zwei Personen in verschiedenen Lebensbereichen behandelt, d. h. solche in Gruppen wie z. B. der Ehe (Ehepartner), Familie (Eltern-Kind), einer Arbeitsgruppe (Arbeitskollegen oder Vorgesetzter-Mitarbeiter) oder einer Schulklasse (Lehrer-Schüler oder Schüler). Konfliktträchtige Themen lassen sich dabei für unterschiedliche Bereiche benennen:
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