Ihr Herz pochte, und sie fühlte sich umzingelt. Sie horchte, wie Werners Schritte sich entfernten. Den Rest des Tages versuchte sie, vollkommen geräuschlos zu leben, damit nur ja kein Nachbar mitbekam, was sie gerade tat oder nicht tat. Diese trugen das Gehörte jedenfalls sofort an all diejenigen weiter, von denen sie wussten, dass es sie interessierte.
Während es in Werner noch brodelte, verfasste er einen kühlen Mahnbrief mit Vereinsbriefkopf. Er würde ihn diesmal per Einschreiben schicken, anstatt ihn Frau Birkenhuhn unter der Pforte durchzustecken.
Ronald erfuhr von der Sache noch am selben Abend. Er hatte bereits in seinem Fernsehsessel gelegen und gelangweilt mit der Fernbedienung gespielt, während seine Frau sich im engen Duschbad die Fingernägel machte. Er war kein Leser und kein Radiohörer, wusste auch mit vielen Fernsehsendungen nichts anzufangen. Sein einziger Luxus war ein Sportkanal-Abonnement, das ihm erlaubte, sämtliche Spiele von Celtic Glasgow zu sehen, der Fußballmannschaft, der er seit seiner Kindheit treu war. In den neunzig Minuten Spielzeit wurde er wieder zum Vollschotten: Trank Bier aus Dosen, fluchte auf Englisch, jubelte auf Englisch und trug dabei stets das schon stark ausgewaschene Fan-T-Shirt über das Oberhemd gezogen, welches ihm sein Bruder einmal geschickt hatte, es war ihm viel zu groß. Doch jetzt wäre er beinahe weggedöst, als er Fitze rufen hörte: „Ej Ronny!“
Fitze war mal Klempner gewesen, Vereinsmitglied in dritter Generation, nur im Sommer hier. Seine Frau hatte früher den Bürokram gemacht, aber jetzt genossen beide das Leben. Sie hatten bereits eine Mittelmeerkreuzfahrt absolviert und planten für den Herbst den Besuch eines Musicals mit Busanreise und Übernachtung. Auf seiner Parzelle hatte Fitze ein solides, schiefergedecktes Häuschen gebaut, am Giebel ein Hirschgeweih, dessen Träger er einmal selbst erschossen hatte. Noch vor zehn Jahren hatte er unter anderem Ronald regelmäßig mit frischem Wildschwein- oder Rehfleisch beglückt, aber heute hing seine Flinte verschlossen im Schrank, denn mit seinen Hüftproblemen konnte er nicht mehr weit laufen. Seine beiden Enkel würden bald für eine Woche anrücken, und er hatte ein Plantschbecken für die beiden gekauft.
Jetzt hängte er sich mit seinen Armen über Ronalds Gartenpforte ein, und Ronald ließ sich ächzend auf der Treppenstufe vor seinem Häuschen nieder. So hatten sie wohl schon an die zehntausend Mal geplaudert. Ronald, eben noch schwer vor Müdigkeit, war wie elektrisiert, als Fitze erzählte, was er über drei Ecken wusste. „Der Birkenhuhn ihr Köter hat dem Werner auf die Sandalen geschissen!“
„Nein!“ Ronald schlug sich auf die Oberschenkel, dass es klatschte. „ Holy shit, man !“
Das verstand Fitze nicht, aber er antwortete: „Doch!“
Das war das Entree zu einem langen Palaver, in dem noch einmal sämtliche Vorfälle zu Tage befördert wurden, auch die längst vergessenen. „Weeste, wie se Dir ma vor de Füße jespuckt hat?“ , erinnerte Fitze.
Ronald schlug sich gegen den kahl werdenden Kopf, „Kann she nicht einfach machen, was she will! Das muss eine Ende haben. Mein Abend soll ich genießen, stattdessen reg ich mich hier auf!“
„Jenau! Det es doch keene Jemeinschaft! So funktioniert det doch nich“, feuerte Fitze ihn an und beide bekamen hochrote Gesichter.
„ I tell you , der Werner, der macht nothing . Das verpufft alles wie immer“, zischte Ronald.
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