„Nun sehen sie sich einmal diese Asylanten an. Sprechen kein Deutsch und können einkaufen, bis der Einkaufswagen überläuft. Und wir Deutschen müssen sehen, wie wir mit unserem Arbeitslosengeld II zurechtkommen. Das ist doch eine Schande, wie diesen Leuten, auf gut Deutsch gesagt, Zucker in den Arsch geblasen wird und wir müssen mit unseren Steuern und Abgaben dafür aufkommen.“
Kadir und Jamila Eiland hatten diese lauten Vorwürfe gehört und sahen sich hilfesuchend nach Horst Uhlig um. Als sie ihn lächelnd hinter der Blondine sahen, waren sie etwas beruhigt.
„Ja, ja, sie haben bestimmt gerade auf Malle am Hotelpool geurlaubt.“
„Sieht man mir das an?“, fragte sie stolz und fügte hinzu, dass man ja doch mal zwei Wochen ausspannen müsse.
„Ihre Bräune ist wirklich beneidenswert. Diese Asylanten brauchen bestimmt noch ein paar Wochen, bis sie sich das auch leisten können.“
Als Jamila das hörte, beruhigte sie sich sofort, lächelte und wartete, was Horst Uhlig weiterhin sagen würde.
Die Blondine legte auch gleich los: „Sehen sie sich doch nur einmal an, wie diese angeblich armen Leute einkaufen können. Die haben Dinge in ihrem Wagen, von denen ich noch nie etwas wahrgenommen habe.“
„Gibt’s denn auf Malle kein Mehl und keinen Zucker?“
„Ach hören sie doch auf. Schauen sie sich doch nur mal an, welch teuren Schinken die kaufen.“
„Den habe ich ausgesucht. Auch den Champagner hier“, antwortete Horst Uhlig und zwängte sich an der Blondine vorbei, die ganz entsetzt blickte.
„Gnädige Frau. Ihre Aufregung ist ganz unnötig. Der volle Einkaufswagen gehört zu mir. Ich erwarte heute Abend wichtige Gäste. Und die beiden Asylanten habe ich mir im Asylantenheim besorgt, damit sie als meine Dienstboten heute Abend auftreten können. Ich kann mir keine zwei Wochen Malle leisten. Aber die Asylanten bekam ich umsonst, damit sie mich und meine Gäste heute Abend bedienen können. Schauen sie sich doch nur einmal diese toll aussehende Araberin an. Ist doch wirklich ein natürliches Rasseweib. Die wird kochen. Und der Mann soll bedienen. Sauber sieht er doch aus und tätowiert ist er auch nicht. Muss ja nicht unbedingt etwas sagen, wenn er kein Deutsch kann. Ich meine, ich habe da einen guten Fang gemacht, oder?“
Die Blondine war sprachlos, Eilans schwiegen und lächelten und die Kassiererin lobte Horst Uhlig mit den Worten: „Endlich sagt einer mal etwas.“
Dabei hielt sie den Daumen hoch und blickte Eilans an.
Die Blondine schüttelte nur mit dem Kopf und stotterte regelrecht: „Wer soll das noch verstehen?“
Horst Uhlig antwortete ihr nicht.
Horst Uhligs Kühlschrank war für alle Sachen viel zu klein und Jamila musste auch den Kühlschrank in ihrem Gästezimmer benutzen.
„Eins wollen wir ein und für alle Male klarstellen. Verschont mich mit dem ewigen Danke. Ich habe beschlossen, euch zu helfen. Dafür möchte ich keinen Dank. Für mich ist es das Normalste und Humanste der Welt, Menschen in Not zu helfen“, erklärte Horst Uhlig und schlug vor, dass Jamila endlich Kaffee kochen möge, weil er sich nach dem Einkauf in seiner Küche nicht mehr auskennen würde.
„Horst, du glaubst ja gar nicht, wie glücklich ich bin, endlich nach so langer Zeit wieder eine eigene Küche zu haben. Ich kann wieder einmal syrisch kochen und könnte vor Freude die ganze Welt zum Essen einladen.“
„Ich bin zwar nicht arm. Aber so reich, dass ich die ganze Welt verköstigen kann, bin ich nun wiederum doch nicht. Was hältst du davon, wenn du zur Feier des Tages nur für uns drei ein typisches syrisches Essen zubereitest. Du kannst auch meine Küche benutzen, wenn deine unten im Gästetrakt zu klein ist“, schlug Horst Uhlig seinen „Untermietern“ verschmitzt lächelnd vor.
Jamila war sofort, ohne Kadir zu fragen, einverstanden und hüpfte vor Freude herum.
Als Vorspeise gab es Sujuk-Rollen. Der Hauptgang waren Mahshi. Und als Dessert servierte sie Atayef.
Horst Uhlig genoss die verschiedenen Wurstsorten aus Aleppo, die gefüllten Gemüse und den Nachtisch in Form von mit Sahne gefüllten Waffeln.
Aus dem Internet hatte er Musik aus Syrien gespielt und alle drei waren glücklich; die Welt war plötzlich völlig in Ordnung.
Auf der Bank
Nach dem Essen betrachtete Horst Uhlig interessiert die elektronischen Aufenthaltstitel der Eheleute Eilan; beide hatten neben der Aufenthaltsgenehmigung auch jeder eine Arbeitserlaubnis.
Kadir sagte: „Morgen müssen wir gleich auf der Bank ein Konto einrichten, damit mein Dolmetschergehalt überwiesen werden kann. Kannst du uns eine Bank empfehlen?“
„Ich bin mit meiner Bank sehr zufrieden. Wenn ihr wollt, begleite ich euch. Es ist gar nicht so einfach. Ihr braucht ja auch eine Bankkarte usw.“, schlug Horst Uhlig vor und die Eheleute Eilan waren sofort einverstanden und glücklich über das Angebot.
Auf der Bank wurde Horst Uhlig, so wie immer, freundlich begrüßt und auch gleich in einen abgetrennten Sektor geführt, weil er kundtat, dass er wichtige Dinge zu erledigen habe.
„Meine Untermieter sind syrische Asylanten und brauchen ein Konto. Bevor sie groß fragen; sie haben beide einen elektronischen Aufenthaltstitel und Herr Eilan hat auch schon Arbeit gefunden.“
„Dann dürfte ja die Eröffnung eines Kontos keine größeren Probleme bereiten. Nur mit der Gewährung eines „Dispo“ wird es problematisch“, erklärte der Bankangestellte.
„Warum denn das?“, wollte Horst Uhlig wissen.
„Wir dürfen Neukunden erst einen Dispositionsrahmen gewähren, wenn über einen gewissen Zeitraum regelmäßige Einkünfte vorliegen. Und bei Ausländern ist es noch schwieriger.“
„Das ist ja hochinteressant“, sagte Horst Uhlig und fragte, ob er bei seinem Konto auch einen Disporahmen habe.
„Herr Uhlig, bei ihren Vermögensverhältnissen ist doch eine kurzfristige Überziehung des Kontos einmal gar nicht erforderlich und zum anderen problemlos möglich.“
„Na gut, dann behandeln sie meine Freunde und Untermieter bitte genauso wie mich.“
„Das geht leider nicht, Herr Uhlig. Bitte haben sie dafür Verständnis.“
„Wieviel Guthaben muss denn auf dem Konto der Eheleute Eilan sein, damit sie als gleichberechtigte Kunden anerkannt werden“, fragte Horst Uhlig schon ernsthaft leicht ungehalten.
„Das kann man so einfach nicht sagen“, erklärte der Bankangestellte leicht verlegen.
„Reichen 5.000,-€ als Guthaben aus?“
„Das wäre eine akzeptable Summe. Aber haben die Eheleute Eilan denn diesen Betrag so einfach?“
„Das weiß ich nicht und will es auch nicht wissen. Nehmen sie bitte von meinem Konto den Betrag“, sagte Horst Uhlig sehr bestimmend.
„Das machen wir gern und problemlos. Sollen wir ihnen einen Sicherungsvertrag aufsetzen?“, fragte der Bankangestellt und war froh, dass Problem gelöst zu haben.
„Sie sind wirklich ein richtiger Banker und Pfennigfuchser. Eilans sind Flüchtlinge. Ich war vor Jahren auch einmal einer. Unter Flüchtlingen vertraut man sich. Also keinerlei Vertragskram.“
Nach dieser kurzen Auseinandersetzung mit dem Bankangestellten stand Horst Uhlig auf, um die Bank zu verlassen und sagte: „So, den Rest könnt ihr sicher ohne mich erledigen, lasst euch eine ganz normale Kreditkarte ausstellen und keine Zusätze zu eurem Konto abschließen! Ich warte im Eiscafé auf euch.“
Als er bereits an der Ausgangstür war, kam der Bankangestellte nachgelaufen und bat noch um die Unterschrift auf dem Überweisungsträger.
Horst Uhlig hatte sich gerade den dritten Kaffee bestellt, als endlich die Eheleute Eilan eintrafen. Sie sprachen kein Wort und wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten.
Er ahnte, dass er wieder einmal eigenmächtig und ohne Rücksprache die arabischen Seelen verletzt haben musste und sagte: „Bitte verzeiht mir meine Eigenwilligkeiten. Ich bin nun mal so und ändere mich bestimmt auch nicht mehr. Für mich war es ein Freundschaftsdienst, eine Selbstverständlichkeit. Glaubt aber ja nicht, dass ich euch das Geld geschenkt habe. Wenn ihr richtig Fuß gefasst habt in unserem deutschen Lande, müsst ihr es mir zurückgeben. Den Zeitpunkt für die Rückzahlung überlasse ich euch.“
Читать дальше