Thomas Ays - Ihr Versuch zu leben

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Der Zweite Weltkrieg tobt schon ein Jahr, als Katharina, 22 Jahre alt, ihr Elternhaus hinter sich lässt, um in gutem Hause eine Anstellung als Hausmädchen anzutreten. Sie kann unermüdlich arbeiten und hat durch hartes Training gelernt, wie man sich still verhält und ungesehen durchs Leben kommt. Von Männern will sie nichts wissen und eine eigene Familie ist für sie ein unerreichbarer Gedanke. Doch dann schleicht sich Johann in das erkaltete Herz von Katharina. Er ist ein Bauerssohn und beliefert Katharinas Arbeitgeber. Johann merkt schnell, dass er wenig Chancen bei Katharina hat, doch da ist etwas an ihr, was ihn nicht wieder loslässt: Der Schmerz in ihren Augen…

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Thomas Ays

Ihr Versuch zu leben

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Inhaltsverzeichnis Titel Thomas Ays Ihr Versuch zu leben Dieses ebook wurde - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Thomas Ays Ihr Versuch zu leben Dieses ebook wurde erstellt bei

Kapitel 1 Kapitel 1 Prolog Wenn sie lächelte, lag keine Freude darin. Es war eine geborgte, vorrübergehende Grimasse. Sie legte dieses Lächeln an wie eine Halskette, die sie nicht besonders schickte. Doch dieses Gefühl, in diesem Moment, war echt. Als stamme es aus einer anderen Zeit, einem anderen Leben. Es war der Moment, in dem Katharina starb. Sie war 87 Jahre alt und hatte ihr Leben gelebt. Ein Leben, in dem sie ihr geborgtes Lächeln öfter gebraucht hatte, als ihr echtes. Sie spürte einen Sommerregen auf der Haut und sah einen Bauernjungen mit einer großen Nase und abstehenden Ohren, wie er sie anlächelte. Sie sah ihr kleines Mädchen und ihren Jungen, wie sie beide in ihren Armen lagen, nach der Geburt blutverschmiert und in eine Decke gewickelt. Sie sah ihre Schwägerinnen und sie sah ihre Mutter. Ihr wollte sie doch noch so viel sagen und hatte die Gelegenheit doch immer verpasst. Nun gab es eine zweite und sie wusste, dass sie es nun endlich tun konnte. Dass sie es tun konnte, aber nicht mehr musste. Weil es gut war. Weil es nun nichts mehr gab, was ihre Seele schwer machte. Sie lächelte. Sie lächelte bis das Leben aus ihr wich und es endlich friedlich in ihr wurde.

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Impressum neobooks

Kapitel 1

Prolog

Wenn sie lächelte, lag keine Freude darin.

Es war eine geborgte, vorrübergehende Grimasse.

Sie legte dieses Lächeln an wie eine Halskette, die sie nicht besonders schickte.

Doch dieses Gefühl, in diesem Moment, war echt.

Als stamme es aus einer anderen Zeit, einem anderen Leben.

Es war der Moment, in dem Katharina starb.

Sie war 87 Jahre alt und hatte ihr Leben gelebt.

Ein Leben, in dem sie ihr geborgtes Lächeln öfter gebraucht hatte, als ihr echtes.

Sie spürte einen Sommerregen auf der Haut und

sah einen Bauernjungen mit einer großen Nase und abstehenden Ohren, wie er sie anlächelte.

Sie sah ihr kleines Mädchen und

ihren Jungen,

wie sie beide in ihren Armen lagen,

nach der Geburt blutverschmiert und in eine Decke gewickelt.

Sie sah ihre Schwägerinnen und

sie sah ihre Mutter.

Ihr wollte sie doch noch so viel sagen und hatte die Gelegenheit doch immer verpasst.

Nun gab es eine zweite und sie wusste, dass sie es nun endlich tun konnte.

Dass sie es tun konnte, aber nicht mehr musste.

Weil es gut war.

Weil es nun nichts mehr gab, was ihre Seele schwer machte.

Sie lächelte.

Sie lächelte bis das Leben aus ihr wich und es endlich friedlich in ihr wurde.

Kapitel 2

DAS MÄDCHEN

Bayern, Großdeutschland, 1940

Die Farbe war aus absolut allem gewichen, was sonst selbstverständlich satt und berauschend war. Das Grün der Wiesen, das Blau des Himmels, selbst das abgeblätterte Braun der Ställe. Doch ein Jahr nach Kriegsbeginn gab es diese Art Farben nicht. Das Leben auf dem Land war trist und blass. Trist und blass wie die Menschen.

Ein nicht gelebtes Leben.

Die meisten existierten nur wegen ihrer Höfe, ihrer Tiere und ihrem Geschick der Selbstversorgung. Es ging ihnen nicht schlecht, wohl auch, weil der Führer, Adolf Hitler, sie scheinbar vergessen hatte. Oder sie waren mit ihrem vermeintlich landwirtschaftlichen Intellekt nicht wichtig genug. Der Fokus lag auf den Städten, groß und klein, und nicht auf dem Land, nicht bei den Bauern. Die kamen erst später ins Spiel um Nachschub und Vaterlandsverteidigung. Hier, im Jahr 1940 und ein Jahr nachdem die große Hoffnung NSDAP der Welt den Krieg erklärt hatte, waren viele schon involviert und dabei sich auf Feindkontakt vorzubereiten – wenn sie ihn nicht schon kennengelernt hatten.

In dem Wenige-Seelen-Ort Dürrbrunn war Katharina 1918 zur Welt gekommen. Sie war eines dieser Kriegskinder des Ersten Weltkrieges, die in eine Zeit und in eine Welt hineingeboren wurden, in der das Wort Zukunft keinerlei Bedeutung hatte. Das Hier und Jetzt zählte und wie man den kommenden Winter hinter sich bringen konnte ohne zu erfrieren oder zu verhungern. Ob man innerlich verkümmerte, daran zu denken hatte keinen Platz. Zur Verfügung stand eine erkaltete und mürrische Mutter.

Katharina wusste später nicht mehr, wie ihre Mutter den Gasthofbesitzer Karl kennenlernt hatte. Sie konnte sich weder an die Hochzeit, noch an die ersten Jahre zu Dritt wirklich erinnern.

Es hatte seine Gründe.

Karl ignorierte Katharina. Dessen Sohn Erwin allerdings ignorierte Katharina nicht. Im Gegenteil. Er schubste, ärgerte und beschimpfte sie, wann immer er konnte.

Als ihre Mutter wieder ein Kind bekam, war Katharina acht Jahre alt. Gleichzeitig wurde sie zu einem ärgerlichen Störfaktor, weil es nun andere Kinder gab, die wichtiger waren. Ein Störfaktor, der weg musste. Anni gebar noch weitere zwei Söhne, was Katharinas Stellung immer schwächer werden ließ.

Es gab keine Liebe, noch immer nicht.

Keine Liebe zu Karl, keine zu Katharina und auch keine zu irgendeinem anderen Kind in dieser Familie. Katharina hätte eine Emotion dazu entwickeln können, doch sie wusste nicht, wie das geht und so entschied sie sich dazu, dass es ihr schlichtweg nichts ausmachte. Sie war ein aufgewecktes Mädchen mit klarem Verstand und einem klugen Kopf für die Welt, in der sie lebte. Sie verbrachte wenige, freie Stunden mit Freundinnen, die sie in ihrer viel zu kurzen Schulzeit kennengelernt hatte. Von Lehrern wurde sie nicht gefordert und zuhause hielt man sie bestenfalls für eine dumme Magd. Eine dumme Magd, die keine Wiederworte gab. Katharina spielte die Rolle im Elternhaus mit, schluckte jede gemeine Demütigung und konzentrierte sich darauf den jeweiligen Tag hinter sich zu bringen. Darum ging es: Zu überleben. Sie wuchs auf wie ein Kind zweiter Klasse und ihr Lebensmotto war von Beginn an gewesen:

Du gehörst zu niemandem.

Im Jahr der Machtergreifung, im Januar 1933, Katharina war 15 Jahre alt, starb ihre Mutter. Wie bei jedem anderen Kind auch, war das auch für Katharina ein einschneidendes Erlebnis. Doch sie fühlte nichts. Sie schaffte es zwar, ein paar Tränen zu vergießen, doch das Mädchen begriff nicht, welchen Verlust sie gerade erlebt hatte. Sie hatte auch keine Zeit es zu realisieren, denn nur kurze Zeit später begann sie im stiefväterlichen Gasthof zu arbeiten. Doch auch hier war sie nichts wert.

Die Mutter tot, wollte Karl nicht für immer ein Kind in seinem Haus haben, dessen Vater er nicht war. Im Sommer 1940, mit 22 und ihm nicht mehr nutze, zog sie deshalb in das 18 Kilometer entfernte Forchheim. Ihr Stiefvater hatte ihr, nicht ganz uneigennützig, eine Stellung bei Fabrikfamilie Schmid verschafft. Katharina sollte dort als Hausmädchen das heimische Familienleben zuhause nicht weiter stören. Es hatte Karl einiges gekostet, das ungebetene Balg derart effizient loszuwerden, wohl auch, weil Familie Schmid nichts von ihm und seinem Gasthaus hielt. Sie hatten eine gute Menschenkenntnis.

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