Christopher nickte. „Früher oder später musste er zu schwach sein, um noch gegen das Böse in ihm anzukämpfen...!“
„Die Jagd nach ihm...!“ führte Douglas weiter aus. „...schien sich dann zunächst wieder so zu präsentieren, wie schon Jahre zuvor, doch das stimmte nicht!“ Er sah Christopher direkt an.
Christopher nickte wieder. „Mit der Ankunft von Francesco...!“ Er schaute zu Francesca, in deren Augen er bereits Tränen sehen konnte. „...sollte sich alles ändern!“
Für einige Momente herrschte Totenstille in der Halle, in denen wieder alle ihren Gedanken nachhingen.
„Aus der Jagd nach einem Massenmörder...!“ hob Douglas schließlich wieder an. „...wurde die Jagd nach einer Kreatur des Bösen! Wir hatten weder die Zeit, zu realisieren, worauf wir uns da einließen, noch auch nur die leisestes Ahnung, was uns erwarten würde! Alles ging in einem so unfassbar hohem Tempo vor sich, dass niemand kaum Zeit hatte, richtig Luft zu holen!“
„Fremde Personen tauchten auf. Doch die, die sich für unsere Freunde ausgaben, entpuppten sich als Feinde. Und die, von denen wir eigentlich Hilfe oder zumindest Verständnis erwartet hätten, arbeiteten gegen uns!“
„Nur der, von dem wir so sicher waren, er wäre unser Feind, zeigte sich als wahrer Freund und Verbündeter...!“ Douglas schaute zu Talea und nickte ihr traurig zu. Die junge Frau hatte ebenfalls schon Tränen in den Augen.
Als Christopher sie jetzt so sah, wirkte sie viel mehr, wie die trauernde Witwe, der er im Central Park begegnet war und er wusste, dass sie lange nicht so stark war, wie sie bisher getan hatte und dass sie aus den vielleicht offensichtlichen Gründen wohl auch noch aus einem anderen Grunde hier sein mochte.
„...dein Mann Eric!“ endete Douglas.
„Aber egal, wie viele wir am Ende auch waren...!“ fuhr Christopher weiter fort. „Wir waren nicht genug, um das Böse zu besiegen und verloren schließlich...gute, aufrechte Männer...!“ Christopher schaute zunächst Francesca an, dann Talea. „....und am Ende sogar den Menschen, der mir…mehr bedeutet hat, als…alles andere...auf dieser Welt!“ Christophers Stimme wurde leiser und brüchiger, als ihn seine Emotionen übermannten.
„Ja!“ Douglas nickte. „Das ist es, was wir erlebt haben. Das ist es, was wir gesehen haben. Das ist das, was sich in unseren Herzen eingebrannt hat und was ich Cynthia und schließlich auch Talea geschildert habe. Der ungleiche Kampf gegen die Mächte des Bösen, den wir niemals gewinnen, bei dem wir lediglich eine Niederlage gerade noch verhindern konnten und der in letzter Konsequenz das Leben dreier wundervoller Menschen gefordert hatte!“ Wieder nickte Douglas und schien in Gedanken weit weg. „Das ist es, was wir erlebt und was wir gesehen haben!“ Er atmete einmal tief durch. „Und doch...!“ Er betonte das letzte Wort und wartete, bis Christopher ihn ansah. „...ist es nicht das, was geschehen ist!“ Er schaute seinen ehemaligen Partner direkt und offen an, ohne Zweifel, nur mit Sicherheit.
„Was...?“ Christopher war sofort sichtlich verwirrt. „Was soll das heißen?“
„Das heißt...!“ begann Douglas. „...das in dieser Nacht nicht drei Menschen gestorben sind, sondern nur... zwei !“
„Was?“ Christopher war vollkommen verwirrt, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
„Francesco und Eric...!“ Douglas hielt inne und atmete nochmals tief durch. „...starben. An ihren Verletzungen, durch die Hand des Dämons. Silvia aber...!“ Er schaute Christopher wieder direkt an. “...wurde von ihm nicht getötet, er hat sie nur... mit sich genommen !“
„ Mit sich genommen ? Aber...wohin?“
„In die Hölle!“
„Was? Aber...!“ Christopher war verwirrt, nervös, aufgelöst. „...ich. Wo ist da der Unterschied?“
„Oh das ist sehr wohl ein Unterschied, Christopher!“ hob plötzlich Francesca neben ihm an. Sein Kopf flog herum und in den Augen der Alten konnte er nun keine Tränen mehr sehen, sondern klare Erkenntnis. „Nicht jeder, der in die Hölle hinabsteigt, muss dabei zwangsläufig sterben. Als Toter, der in die Verdammnis geschickt wurde, ist das etwas anderes. Er lebt dort als gequälte Seele bis in die Unendlichkeit. Aber...glauben sie mir...es gibt noch andere Mittel und Wege, in die Hölle zu gelangen!“
„Aber...!“ Christopher schüttelte den Kopf. „Ich verstehe immer noch nicht!“ Er schaute zunächst Francesca mit großen Augen an, dann Douglas, dann die anderen. „Ich habe es doch selbst gesehen. Wie sie in den Sog der Pyramide geraten war, wie sie nicht mehr dagegen ankämpfen konnte, wie sich ihr Körper veränderte, als würde er verblassen, durchsichtig werden, sich auflösen!“
„Ja!“ Francesca nickte. „Das ist es, was sie gesehen haben. Ich glaube ihnen das. In die Hölle kann man nicht einfach gehen, wie von einem Raum in einen anderen. Der Körper wird erst aus seinem festen Zustand in einen...gasförmigen Zustand gewandelt, der dann als Sphäre in die Unterwelt hinab sinken kann. Deshalb glaube ich ihnen, wenn sie sagen, meine Enkeltochter hat sich vor ihren Augen aufgelöst. Aber dennoch...ist Silvia dabei nicht gestorben!“
Christopher schaute Francesca mit großen Augen an. „Dann, ....dann hätte ich ihr also auch folgen können!?“ Sein Kopf wirbelte herum zu Douglas. Sein Blick wurde ernst, denn in seinen Erinnerungen kamen die Ereignisse der letzten Sekunden wieder hervor, bevor sich die Pyramide wieder geschlossen hatte. Er, Christopher, wollte Silvia folgen, hatte sich von seinem Sicherungsseil losgemacht und einfach fallen lassen. Doch Douglas am Boden hatte das mit einem Hechtsprung in allerletzter Sekunde verhindern können, sodass sich die Pyramide schloss, ohne dass Christopher durch das Tor gegangen war.
„Nein!“ Francescas Erwiderung kam gerade in dem Moment, da Christopher aufspringen und Douglas umbringen wollte. In den Augen seines ehemaligen Partners konnte er sehen, dass der wusste, was er vorhatte. Douglas spannte seinen Körper daher schon an und seine Hände ballten sich zu Fäusten. Jetzt aber drehte sich Christopher verwirrt zu der Alten um und starrte sie an. „Sie hätten ihr nicht folgen können. Jedenfalls nicht so!“
„Was? Aber...warum nicht? Warum konnte sie es, aber ich nicht?“
Francesca lächelte einmal kurz, dann griff sie in ihre Jackentasche und holte ein dünnes, aber massives Armband aus Gold hervor. „Kommt ihnen das hier bekannt vor?“ fragte sie und reichte es ihm.
Christopher nahm es in seine Hände und betrachtete es. „Nein, ich...!“ Plötzlich stockte er, denn in seinen Erinnerungen bildete sich schlagartig eine Szene ab. „Moment...!“ Er sah sich in einem Krankenzimmer an einem Bett stehen, in dem Silvia schlafend lag. Himmel, das war im Mount Sinai Hospital gewesen! Francesco war bei ihm gewesen. Silvia hatte bei dem ersten, unfreiwilligen Zusammentreffen mit dem Dämon in der alten Fabrik Verletzungen davon getragen, die eine ärztliche Versorgung erforderlich machten. Christopher erinnerte sich, dass er sich wahnsinnige Sorgen um Silvia gemacht hatte, gleichzeitig aber froh war, dass sie im Krankenbett in Sicherheit war. Wie sehr er sich doch getäuscht hatte, denn niemand konnte offensichtlich seinem Schicksal entgehen. Auch Silvia nicht ! Doch, was tat der Alte da? Er holte etwas aus seiner Jackentasche. Verdammt, dass war das gleiche Armband, dass er jetzt von Francesca bekommen hatte! „Aber ja, natürlich...!“ Er starrte die Alte an. „Francesco hat Silvia ein solches Armband angelegt. Im Mount Sinai Hospital!“ Er schaute mit großen Augen zu Douglas, der ihm milde zulächelte. „Ich hatte ihn gefragt, was das sei...!“ Er wandte sich wieder an Francesca. „...und er sagte mir, es wäre ein altes Erbstück, dass er ihr geben wollte, bevor...!“
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