Alfredo gab sie ihm mit großen Augen. „Gott, was soll das denn?“
„Spezialmunition!“ erwiderte Christopher, während er die beiden Waffen bestückte. „Die...! Ach was, sie werden es ja gleich sehen!“ Er hatte die beiden Waffen geladen und entsichert. „Fertig!“ Er blickte zu Francesca. „Das Beste ist, wenn sie...!“
Die Alte drehte ihren Kopf zu ihm. „Ich weiß schon, was zu tun ist...! Sie lächelte kurz. „Ich fahre. Sie schießen!“
Christopher war sprachlos, doch dann nickte er. „Abgemacht!“
Francesca nahm den kürzesten Weg, so, wie es auch Christopher getan hätte.
Als der Mustang so schnell wie ein heißes Messer durch warme Butter zwischen den beiden schwarzen Lieferwagen hindurch schoss, ohne auch nur einmal anzuecken, wobei die Lücke, die sie bildeten, kaum breiter als der Mustang selber war, musste Christopher kurz breit grinsen.
Die Alte war ganz nach seinem Geschmack. Silvia hatte wirklich nie gelogen.
Dann aber konzentrierte er sich auf ihr Vorhaben. Er wollte sich gerade umdrehen und ihre Gegner attackieren, als ihn Francesca zurückhielt. „Ich mach das!“ Und noch bevor Christopher irgendetwas denken konnte, zog sie die Handbremse des Mustangs ruckartig an und gleichzeitig das Steuer nach rechts. Der Wagen wirbelte blitzschnell um die eigene Achse. Fast schon instinktiv richtete Christopher die Waffe in seinem rechten Arm auf den linken Lieferwagen und drückte ab. Ein lautes Mähgeräusch war zu hören und sofort danach schien es, als würde der Motorblock des Lieferwagens Funken schlagen. Zumindest aber flog die Motorhaube in tausend Fetzen auseinander, der Wagen wurde merklich langsamer und brach aus. Die Reifen platzten und das Chassis krachte auf den Asphalt.
Mittlerweile hatte der Mustang eine halbe Drehung vollführt. Francesca löste die Handbremse wieder, legte den Rückwärtsgang in die Automatik, stellte das Lenkrad gerade und gab wieder Vollgas.
Christopher warf die leergeschossene Waffe in seiner rechten Hand achtlos über die Schulter auf den Rücksitz, ersetzte sie durch die zweite Waffe aus seiner linken Hand und feuerte sofort auf den rechten Lieferwagen. Bevor der Fahrer dort reagieren konnte, donnerten die Kugeln in den Motorblock und zerfetzten ebenfalls alles, sodass auch dieser Wagen eine Sekunde später mit Totalschaden zurück blieb.
Christopher war sichtlich zufrieden und wollte Francesca schon sagen, sie solle den Mustang wieder wenden, damit sie Douglas und den anderen zur Hilfe eilen konnten, als plötzlich rechts neben ihm der alte Mercedes auftauchte. Höchst verwundert blickte er auf das stark eingedellte Dach. Der Fahrer saß tief geduckt hinter dem Steuer, die beiden Männer auf der Rückbank versuchten krampfhaft sich so zu setzen, dass sie wieder angreifen konnten.
Innerlich belustigt, blickte er mitleidlos auf den Wagen, erinnerte sich daran, dass in seiner Waffe noch etwas Munition war, richtete sie ohne zu zögern darauf aus und drückte ab. Eine Sekunde später hatte er die beiden Reifen auf der Beifahrerseite und Teile der Achsen zerschossen, sodass jetzt auch der Mercedes funkensprühend über den Asphalt schlidderte.
Dann sorgte Francesca wieder für eine blitzschnelle Wende und der Mustang raste den Freeway hinab.
Christopher war sofort überrascht, dass der dritte schwarze Lieferwagen nicht mehr neben dem Ford war. In den Augenwinkeln sah er ihn seitlich auf der Leitplanke liegen und konnte nur beeindruckt erahnen, was geschehen sein musste.
„Chris?“ Das war Douglas über Headset.
„Ja?“
„Siehst du noch Jemanden?“
Christopher blickte sich um. „Nein! Das waren alle!“
„Prima!“ Douglas war sichtlich erleichtert.
„Wie habt ihr den Lieferwagen auf die Leitplanken gekriegt?“
„Mit einer Panzerfaust!“ erwiderte Cynthia ungerührt.
„Wow!“ Christopher war sofort wieder beeindruckt. „Und wie habt ihr das Dach des Mercedes so platt gemacht?“
„Mit der selben Panzerfaust!“ Wieder antwortete Cynthia, dieses Mal etwas säuerlich.
Christopher blies die Luft in die Wangen. „Also ehrlich, Doug, deine Frau wird mir langsam unheimlich!“
Douglas lachte leise auf. „Na, frag mich erst mal!“
Mittlerweile hatte Francesca zu dem Ford aufgeschlossen.
Als Douglas den Sportwagen sah, war er sofort beeindruckt. „Wie zum Teufel bist du an diesen Wagen gekommen?“
„Das willst du nicht wirklich wissen!“ erwiderte Christopher trocken.
„Ein wunderbares Auto!“ meinte Francesca. „Sollten sie auch mal fahren!“
Douglas erstarrte in seinem Sitz, denn er erkannte erst jetzt, dass Silvias Großmutter fuhr. In seinem Gesicht war totale Verblüffung zu sehen. „Francesca, aber...?“
„Was?“ fragte die Alte sofort. „Darf ich keinen Sportwagen mehr fahren, nur weil ich über siebzig bin?“
„Nein, es ist nur...!“
„Und mal ganz unter uns, Doug!“ meinte Christopher und schaute Francesca direkt an. „Großmama fährt einen echt heißen Reifen!“ Damit zauberte er ein breites Grinsen auf ihre Lippen. „So, und nun genug der Plauderei! Francesca würden sie bitte die Führung übernehmen?“ Die Alte nickte ihm zu und setzte den Mustang vor den Lieferwagen.
„Wohin willst du?“ fragte Douglas.
„Zum Hafen. Ich kenne da eine Lagerhalle, da finden wir erst mal Schutz und können uns neu ausrichten!“
„Ja!“ Douglas stöhnte gestresst auf. „Und ausruhen!“
„Ha!“ Christopher lachte laut auf. „Das könnte dir so passen, was? Aber du weißt doch ganz genau...!“
„Was weiß ich?“ fragte Douglas voller böser Vorahnungen.
„Wir beide und Friede, Freude, Eierkuchen, das passt doch einfach nicht!“
„Ja...!“ presste Douglas gequält hervor und nickte. „...leider!“
Die Fahrt in das Hafengebiet von Los Angeles verlief ohne weitere Zwischenfälle.
Christopher ließ Francesca zügig, aber nicht zu schnell fahren und sorgte dafür, dass sie Straßen benutzten, in denen wenig Verkehr und wenig Passanten waren, um nicht aufzufallen.
Es dauerte keine zehn Minuten und sie fuhren durch eine Gegend, die immer häufiger große Lagerhallen zeigte.
Christopher führte Francesca um einige Ecken herum, dann ließ er sie abbremsen. Er öffnete das Handschuhfach, holte einen kleinen Schlüsselbund hervor und sprang mit einem Lächeln aus dem Wagen. Dann rannte er zu einem alten Schuppen auf der rechten Seite und öffnete eine kleine Seitentür. Nach wenigen Sekunden, in denen er vollkommen entschwunden war, öffnete sich ein Rolltor, durch das Francesca und letztlich auch Douglas in das Innere der Lagerhalle fahren konnten.
Als beide Wagen hindurch waren, schloss Christopher, der direkt neben dem Eingang stand, das Tor wieder und sorgte für Licht.
Francesca und auch Douglas stoppten ihre Fahrzeuge und schalteten den Motor aus.
Während alle Personen ausstiegen, konnte sich Douglas ein wenig umschauen. Das Innere der Halle sah nur wenig besser aus, als die äußere Fassade. Überall waren erste Roststellen im Metall zu erkennen und die Farbe war vielfach abgeblättert und ausgeblichen. Der Innenraum bestand aus einem großen Raum für Lagerzwecke und einem kleinen abgeteilten Büroraum mit einer Glasscheibe.
An der linken Wand konnte Douglas einige große Kisten, Fässer und Ballen auf einem Hochregal erkennen, doch gab es keinen Hinweis auf ihren Inhalt. Davor war eindeutig ein Anhänger postiert, auf dem ein etwa fünf Meter langes Boot befestigt war. Zwar war eine zerschlissene, dicke, grüne Plane darüber gespannt, doch die Umrisse ließen keinen Zweifel aufkommen. Weiter konnte Douglas nichts in dem Raum erkennen, außer einigen kleinen Holzkisten, die verstreut herum standen.
„Was ist das hier?“ fragte er deshalb, als er neben Christopher trat.
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