Ob Michael das auch so sah, die Sache mit der Auferstehung? Er las ja auch in der Bibel, und mit den Leuten aus dem Hauskreis hatte er sich auffallend gut verstanden. Sie hatten nie über diese Dinge gesprochen. Stephanie hatte sich nicht getraut, das Thema anzuschneiden, aus Angst, sich restlos vor ihm zu blamieren. Über Ostern und Karfreitag hatten sie im Hauskreis auch erst beim letzten Mal gesprochen, da war Michael schon weg. Sie hatte die leise Vermutung, dass er wahrscheinlich auch das dachte, was Britta und die anderen vertraten. „Ist doch sowieso egal“, versuchte sie, die Gedanken wegzuwischen. „Er ist weg, ich werde ihn nie wieder sehen. Und das ist auch gut so!“ Das redete sie sich immer wieder ein, aber so ganz gelang es ihr nicht. Sie wollte ihn vergessen, sie sah keinerlei Hoffnung auf eine Vertiefung der Freundschaft, und sie hatte herzlich wenig Lust, sich unglücklich zu verlieben. Noch wollte sie sich nicht eingestehen, dass das eigentlich längst passiert war.
Eine Stimme aus dem Lautsprecher holte sie in die Wirklichkeit zurück. „Meine sehr verehrten Damen und Herren, in wenigen Minuten landen wir in Hamburg-Fuhlsbüttel. Bitte legen Sie Ihre Sicherheitsgurte an und stellen Ihre Rückenlehnen gerade.“ Hamburg. Irgendwo da unten stand jetzt Jana und wartete auf sie. Rollentausch. Sie musste lachen. Dass sie einmal als Urlauber auf dem vertrauten Flughafen landen würde, hätte sie sich vor weniger als einem Jahr auch nicht träumen lassen. Sie drückte die Nase wieder ans Fenster. Da unten war die Elbe, und langsam wurden Einzelheiten erkennbar. Der Michel. Der Fernsehturm. Die Alster. Jetzt erkannte sie den Ohlsdorfer Friedhof, und im nächsten Moment setzte die Maschine auf. Sie war zu Hause.
Eine halbe Stunde später lagen sich die Freundinnen wieder in den Armen. Jana hatte hoch und heilig versprechen müssen, dass sie niemandem von dem Besuch erzählte. Stephanie wollte in erster Linie vermeiden, dass Carsten es auf irgendeine Weise erfuhr. Die wenigen Tage, die sie für den ersten Besuch in der alten Heimat hatte, wollte sie nicht mit Diskussionen mit ihrem Ex–Freund verbringen und unnötige Wunden aufreißen. „Und? Wohin gehen wir jetzt?“ wollte Jana wissen. „Nach Hause!“ stöhnte Stephanie. Sie war seit fünf Uhr auf den Beinen, hatte sich nach dem Frühdienst zu Hause nur schnell ihre Tasche geschnappt und war mit dem Bus nach Salzburg gefahren. Nach dreimaligem Umsteigen war sie am Flughafen angekommen, hatte dort noch die übliche Wartezeit hinter sich gebracht und war nun hundemüde. Sie wollte nur noch die Füße hochlegen, ein Bier trinken und die Augen zumachen.
„Morgen können wir alles machen, was du willst“, versprach sie, „aber heute ist Sense. Ich kann nicht mehr.“ Jana verstand das. Sie kannte den anstrengenden Beruf der Freundin von Anfang an, und die Reise von Salzburg nach Hamburg hatte sie kürzlich selber erst gemacht. „Aber die Bahn muss ich dir noch zumuten“, Jana zog Stephanie in Richtung S-Bahn–Station. „Mein Auto wird gerade operiert.“ Steph verdrehte die Augen. Noch dreimal umsteigen. In dem unterirdischen Bahnhof bemerkte sie zum ersten Mal in ihrem Leben den diesen Tunneln ganz eigenen Geruch. Das war ihr früher nie aufgefallen. Es hatte etwas fürchterlich Vertrautes. Komisches Gefühl nur, dass sie auf dem Weg nach Hause in die ‘falsche’ Bahn–Linie stieg. Auf nach St. Pauli.
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