»Fängst du schon wieder an wie vor dem Brautmodengeschäft, meine Süße?«, suchte Violett eine gewisse Strenge zu zeigen. Wie süß du bist, wenn du so darauf bist , dachte sie dabei, gefolgt von: »Wir wollen uns doch nicht bei seiner Lordschaft blamieren, oder?« Sie warf ihr einen strafenden Blick zu. »Denk' dran, wenn du nicht brav bist, muss ich dich bestrafen! Du kennst deine Rolle, oder muss ich dir die immer noch beibringen?«, ermahnte sie ihre Freundin.
»Nein, natürlich nicht, Herrin!« Tamora senkte devot den Kopf. Aber du liebst meine leicht überdrehte Art. Ich weiß es . Sie grinste in sich hinein. Und schließlich muss ich dir ja irgendeinen Anlass geben, sonst wäre es ja langweilig!
»Na, geht doch!«, lobte Violett, neben ihrer Verlobten stehend. »Wenn du dich zusammenreißt, na …, vielleicht belohne ich dich dann ja noch am Ende des Abends?«
Tamora wäre ihr dafür am liebsten um den Hals gefallen, hielt ihren Kopf aber weiter gesenkt. Erst als Violett sie anstupste um sich zur Tür aufzumachen, bot sie ihr ihren Arm an, damit sie sich bei ihr unterhaken konnte. Eine kleine Spitze, die sie sich einfach nicht verkneifen konnte und keck grinsen ließ.
Violett lachte hell auf und ergab sich ihrem Schicksal. »Glaubst du, dass du mir das als deine Herrin schuldig bist? Also du …« Ihr Satz brach ab, denn in diesem Moment hatte sich ihr rechter Flip-Flop derart ins Kiesbett geschoben, dass ihr Fuß eine unnatürliche Haltung einnahm. Im ersten Augenblick verspürte sie nichts, aber sie kam aus dem Gleichgewicht und griff schnell nach Tamoras dargebotenen Arm, um ihren Sturz zu verhindern. »Oh, Fuck!«, fluchte sie wenig ladylike. »In High Heels mit Mörderabsätzen ist mir sowas noch nie passiert. Kaum trage ich diesen blöden Latschen, da breche ich mir am Ende noch den Fuß!« Sie ärgerte sich über ihre Ungeschicklichkeit.
»Vio! Ist alles okay?«, fragte Tamora sofort besorgt nach. »Hast du dir wehgetan?«
»Nein, ich hab' nichts! Du hast mich ja glücklicherweise aufgefangen«, versuchte sie zu lächeln. »Und jetzt lass' uns duschen gehen, damit wir mit dem Kochen anfangen können!«, dirigierte sie ihre Prinzessin in Richtung Haus. Aber schon bei der ersten Belastung des Fußes spürte sie den heftigen Schmerz. Sie verzog leicht das Gesicht und versuchte es vor ihrer Geliebten zu verbergen.
»Du hast doch was, Vio!«, reagierte Tamora aber prompt. Ihr war der leicht schmerzverzerrte Zug um Violetts Lippen nicht entgangen. »Tut dir der Fuß weh?«
»Ach, Tammy, Süße. Ist nicht so schlimm, hab' mich nur vertreten«, spielte sie den Schmerz herunter. »Ich lauf einfach ein bisschen langsamer, setz' mich gleich mal auf unser Bett und dann schauen wir weiter.«
»Meinst du?«, hakte Tamora ungläubig nach.
Violett blieb ihr die Antwort schuldig, denn in diesem Augenblick war George in der Auffahrt erschiene und sah sie fragend an. »Miss Tamora, Miss Violett, ist alles Ordnung?«
»Ja« und »Nein«, antworten Violett und Tamora gleichzeitig. Dann sahen sie sich kurz an und fochten ein kleines Duell mit ihren Blicken aus – das Tamora am Ende gewann, die sich um ihre Geliebte sorgte. »Sie hat sich den Fuß verknackst, kann nicht richtig auftreten und will es nicht zugeben«, klärte sie die Situation. »Würden Sie mir bitte helfen sie zu stützen und mit ins Haus zu bringen, George?«, bat sie den Diener seiner Lordschaft um Hilfe, ohne auf den gefährlich funkelnden Blick ihrer Freundin einzugehen.
»Aber selbstverständlich, Miss Tamora!« Mit eiligen Schritten kam er auf sie zu, wobei er einen flüchtigen Blick auf Violetts Füße warf. »Aber Ihr Fuß, Miss Violett, er beginnt anzuschwellen. So können Sie unmöglich laufen«, erklärte er umgehend. »Bitte verzeihen Sie mir meinen Vorstoß!« Ohne auf eine Reaktion zu warten beugte er sich vor, legte Violett einen Arm unter die Knie und den anderen um die Schulter. Dann hob er sie sanft an und hielt sie behutsam auf seinen Armen.
»Aber, … George!«, reagierte Violett überrascht. »Was tun Sie denn da? Ich kann laufen! Lassen Sie mich auf der Stelle wieder runter!«, verlangte sie von ihm, hielt sich aber gleichzeitig, wie sich selbst widersprechend, mit einem Arm an ihm fest.
»Es tut mir aufrichtig leid, das sagen zu müssen, aber ich habe den Auftrag seiner Lordschaft, mich um ihr leibliches Wohl zu sorgen«, entgegnete er lächelnd. »Und ein solches Vorkommnis darf ich selbstverständlich nicht unbeachtet lassen. Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass ihr Fuß versorgt und begutachtet werden muss, Miss Violett. Anschließend sehen wir weiter«, erklärte er ihr sein Dilemma. »Und jetzt strampeln Sie bitte nicht weiter herum. Es wäre nicht im Sinne ihres zukünftigen Adoptivvaters, wenn ich sie unbeabsichtigt fallen lasse.«
»Sei doch froh, Vio! So wirst du mal real auf Händen getragen. Ich kann dir auf diese Weise nur im Traum huldigen«, kommentierte Tamora spitz, was ihr einen strengen, missbilligenden Blick ihrer Königin bescherte, der klar besagte: »Bist du vollkommen übergeschnappt? Du hast gerade die rote Linie überschritten, und glaub' mir, meine Süße, das gibt noch Ärger!« Aber Tamora ignorierte die unausgesprochene Rüge und wandte sich wieder George zu. »Ich wusste gar nicht, dass Sie so stark sind …« Sie schenkte ihm einen lasziven Augenaufschlag und bemerkte provozierend noch: »Richtig sexy ist das!«
»Sollte ich mich jetzt an dieser Stelle bedanken, Miss Tamora?« Er deutete mit seinem Blick auf Violett in seinen Armen. »Ich bin leider etwas indisponiert, wie Sie ja sehen. Würden Sie mir freundlicherweise die Tür öffnen.«
»Oh, aber natürlich!« Tamora eilte auf die Eingangstür zu und hielt sie für die beiden auf.
George bewegte sich mit seiner kostbaren Fracht geschickt um jede Ecke, wie ein Schlachtschiff, das jede Sandbank kannte und als gefährliche Mine betrachtete, die es zu umschiffen galt. »Möchten Sie, dass ich Sie in den Salon trage, Miss Violett?«, erkundigte er sich höflich.
»Nein, George«, widersprach Tamora, »bringen Sie sie bitte gleich auf unser Zimmer. So kann sie sich direkt hinlegen und ihren Fuß schonen.«
»Ganz wie Sie wünschen, Miss!« Er nickte und wandte sich der Treppe in die obere Etage zu.
»Wie wäre es, wenn ihr nicht so einen Wirbel wegen meinem blöden Fuß machen würdet?!«, echauffierte sich Violett jetzt, die es nicht gewohnt war, derart umsorgt zu werden. »Also wirklich! … Ich bin doch kein zerbrechliches Porzellanpüppchen!«
Aber sie kam mit ihrem Einspruch nicht weit, denn George ignorierte sie stoisch und schritt mit kräftigen, ausholenden Schritten die dunklen Stufen aus Mahagoniholz hinauf – direkt zu ihrem Zimmer, während ihre Verlobte voranging und bereits die Tür öffnete.
Vorsichtig beugte sich George am Bett vor und legte seine Schutzbefohlene sanft darauf ab. »Wenn es mir gestattet ist, Miss Violett, so möchte ich mir ihren Fuß gern anschauen?«, bemerkte er anschließend respektvoll.
»Wenn es sich nicht vermeiden lässt«, knurrte Violett stinkig und ließ ihn gewähren. Sie spürte die seidige wohltuende Kühle der perfekt drapierten Tagesdecke an ihrem Knöchel, die sie kurz wohlig aufstöhnen ließ. Doch dann wechselte das Gefühl und sie spürte die ausstrahlende Wärme ihres Fußes.
»Er ist leicht angeschwollenen«, konstatierte George. »Ich müsste ihn einmal durchbewegen, um zu sehen, ob es nur eine leichte Bänderdehnung ist oder vielleicht mehr.« Er sah sie fragend an. »Erlauben Sie?«
»So wie ich das sehe, habe ich hier doch eh nichts mehr zu sagen«, grollte Violett und nickte zustimmend.
Tamora hatte am Kopfende des Bettes neben ihrer Königin Platz genommen und hielt besorgt deren Hand. Sie konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass es ihrer Vio schlecht ging.
Читать дальше