Ja, im Jobcenter, da kann man sich einen Job aussuchen und mit nach- hause nehmen. Und es gibt sie in allen Preisklassen. Es gibt teure Jobs und ganz billige. Es gibt duftende und stinkende Jobs.
Es gibt Jobs mit und ohne Socken. Auch welche mit und welche ohne
Schuhe. Es gibt auch Jobs mit und welche ohne Noppen. Jobs mit und ohne Sex.
Es gibt saubere und schmutzige Jobs. Große und kleine Jobs. Je nach
Wunsch und Bedarf kann man sich den passenden Job aussuchen. Es gibt dort süße Jobs, scharfe Jobs, saure Jobs und auch bittere. Da hat
man Jobs mit und ohne Schaum. Es gibt Jobs zum rein beißen und auch
welche zum lutschen. Es gibt Jobs mit und ohne Bakterien. Es gibt sonnige Jobs und auch neblige. Es gibt Jobs mit und ohne Schnee. Sogar
welche mit und ohne Eis. Ja, und es gibt richtig intelligente Jobs.
Und es gibt auch Depperl-Jobs. Es gibt Jobs mit und ohne Windeln. Auch Jobs mit und ohne Waffen. Und es gibt Jobs mit und ohne Lohn.
Doch die meisten sind ohne. Das braucht man heutzutage nicht mehr so.
Wer einen schweren Job will, kann sich einen schweren Job aussuchen. Und wer einen leichten Job will, der kann sich einen leichten Job aussu-
chen. Für jeden Geschmack gibt es den passenden Job. Ehrlich, die haben so ein super Jobangebot, da in diesem neuen Job-Center, in
diesem Jobbi-Jobbi-Jobbi-Center. Und wenn du ein richtiges Jobberl bist, dann gehst du gleich hin da in dieses Job-Center und holst dir einen
schönen geilen Job.
Im Jobcenter, da bekommt man immer gleich ein Glas Sekt in die Hand gedrückt, sobald man es betritt. Wer keinen Sekt mag, der kann auch ein
Pils haben, oder ein Cola, einen Saft oder ein Wasser. Ja, und eine richtig
knackige Bratwurst spendieren sie einem zur Begrüßung.
Und die Vegetarier bekommen einen Blumenkohl mit gerösteten Sem- melbröseln.
Überall stehen Berater und Jobfachleute, die einem die unterschiedlichs-
ten Jobs vorführen und einen auch zu den Tischen und Ständen mit den verschiedenen Jobs begleiten. Man kann die Jobs auch gleich anprobie-
ren. Wenn einer zu eng ist, nimmt man einfach einen größeren. Das ist wie bei den Kondomen. Die einen brauchen nur die ganz normalen und
die anderen brauchen eben XXL, aber das ist alles im Jobcenter nicht das geringste Problem.
Sogar 1-Euro-Jobs gibt es jetzt körbeweise im Jobcenter, denn die sind bei ihrer guten Qualität für diesen Preis natürlich sehr begehrt. Deshalb
sind sie auch immer gleich wieder weg. Man muss sehr früh aufstehen und bevor sie das Jobcenter öffnen schon draußen vor der Tür in einer
Schlange warten, wenn man noch so einen super-schönen 1-Euro-Job bekommen will. Obwohl die Jobanbieter diese 1-Euro-Jobs sogar mit
großen LKWs anliefern, auf Paletten aufgestapelt, sind sie immer gleich wieder weg, weil sich alle um so ein Schnäppchen reißen.
Da im Jobcenter, da gibt es aber auch Jobs mit viel Ansehen und Jobs mit wenig Ansehen. Und welche mit und welche ohne Anerkennung. Es gibt
bunte und es gibt auch einfarbige. Es gibt Jobs zum Stehen und es gibt
Jobs zum Sitzen. Neulich hatten sie auch welche zum Liegen da. Ja, sogar zum Fliegen habe ich auch schon welche gesehen.
Neuerdings haben sie dort einen Spiegel. Da braucht man nur rein-
schauen und schon wird einem automatisch der richtige Job ausgesucht. Ein Berater hilft einem dann noch bei der Job-Anprobe und erklärt
einem die Bedienungsanleitung für diesen Job, die man aber auch selbstverständlich noch schriftlich mit nachhause bekommt. Mit viel
Spaß und Lust und Freude kann man sich dann in diesen schönen, neuen Job einarbeiten.
Interessant sind vor allem die neuen Energiesparjobs, weil sie einem auch zusätzlich noch beim Energie-sparen helfen. Also ich informiere
mich da immer sehr gerne, in diesem schönen, neuen Jobcenter, wenn ich dort so angenehm durch die Jobläden schlendere. Die Job-Berater in
diesen Jobcenter sind wie die Einkaufberater in den Einkaufscenter bestens ausgebildet und können einem über alles eine deutliche Aus-
kunft geben.
Also zum Beispiel gibt es dort Jobs, wo man für 5 Euro in der Stunde die
Straße pflastern kann. Dann haben sie auch Jobs, wo man für 3 Euro in der Stunde Arsch auswischen im Altersheim kann. Diese Jobs habe ich
aber an manchen Tagen auch schon für 2 Euro die Stunde gesehen. Die waren dann immer gleich weg. Die Polen und die Rumänen hätten
beinahe zum Raufen angefangen, wenn sie so einen Job haben wollten.
Na ja, und wie gesagt, am begehrtesten sind natürlich die 1-Euro-Jobs, denn die bereiten so viel Freude. Die Arbeitgeber freuen sich da immer
so, wenn man so billig für sie arbeitet. Dann wird man während der
Arbeit gelobt und gelobt. Also, wenn man ein richtiger Lakai ist, da freut man sich dann doch. Da will doch keiner mehr noch mehr. Da kann
man doch nur noch zufrieden sein.
Da weiß man wenigstens noch, für was man arbeitet. Arbeiten tut man doch immer für die anderen und nicht für sich selber. Das ist doch auch wohl der Sinn der Arbeit. Da freut man sich doch, wenn man seinem Arbeitgeber, der einem einen Job so billig zur Verfügung stellt, eine so große Freude machen kann. Da freut man sich doch. Es gibt doch nichts Schöneres im Leben als so eine Freude. Das ist Liebe. Ja, das wollte ich dir sagen. Im neuen Jobcenter, da kannst du dir kostenlos Liebe holen. Die Berater informieren einen dann, welche Art der Liebe am besten zu einem passt. Wie bei einer Massage gibt es sie in den unterschiedlichsten Varianten, hart, schroff und weich, zart und einfühlsam, mit und ohne Duft, nass und trocken, mit und ohne Sex, je nach Bedarf. Wer gerne küsst, der kann selbstverständlich gerne küssen. Das mögen die Jobcen- ter-Angestellten auch so gerne, das Küssen und Schmusen. Die sind doch so glücklich und so frei mit ihrem Job. Und genau so wollen sie es auch für die Kunden, die sich im Jobcenter einen Job holen und sich von ihnen dafür gerne beraten lassen. Da setzt man sich gerne auch stunden- lang dafür zusammen auf ein Sofa, wenn die Beratung mal länger dauert. Das Jobcenter ist so wie ein Paradies. Man findet garantiert darin den richtigen Job und freut sich riesig, wenn man ihn mit nachhause neh- men kann und dann immer anderen damit eine Freude macht wie bei einem Liebesakt. Man fühlt sich dadurch so richtig frei. Deshalb steht auch am Eingang beim Jobcenter in ganz großen Buchstaben über der Türe geschrieben „ARBEIT MACHT FREI“ und high, ja high, ja so high high high. Man könnte bald statt Jobcenter schon Glückscenter sagen. Denn es macht einen so glücklich. Wenn man wieder rauskommt, fühlt man sich wie rund-erneuert und man könnte Luftsprünge machen vor Glück.
Ja, ´Glückscenter`, das wäre der richtige Name für das Jobcenter.
Denn das Jobcenter ist so wie das Einkaufscenter ein Center, ein moder- nes Paradies, wo man sich das Glück nur abholen muss.
Und ich warte gerade auf meinen jungen Verlobten, der gleich kommt und mich abholt, weil wir gehen jetzt dann miteinander ins Jobcenter
und suchen uns die passenden Jobs für uns.
Er wollte eigentlich schon hier sein, denn wir hatten es abgemacht, dass er um 8:00 Uhr hier ist.
Das Aufgebot haben wir beim Standesamt für die Eintragung und
Begründung unserer Lebenspartnerschaft schon gemacht. Wir haben also schon einen Termin an dem wir heiraten. Unser Altersunterschied
ist zwar sehr groß, denn ich bin schon 51 Jahre alt und er erst 21 Jahre jung. Es liegen also ganze 30 Jahre zwischen uns, doch wir lieben uns mit
Herz und Seele.
Wir ergänzen uns vollkommen. Er ist wirklich alles für mich und ich bin es für ihn. Noch wohnt er bei seiner Mutter. Unser aller Glück besteht in unserer Liebe.
Ach, da klingelt er ja schon an der Tür. Ich freue mich schon so auf ihn und auf das Jobcenter heute. Schnell öffne ich ihm die Türe.
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