Weiter rechts kam ein Bettteil in Sicht, es war eins von diesen Betten, die hinten und vorne ein hohes Holzteil haben. Mein Blick sauste immer zwischen Tür und Bett hin und her.
Sollte ich den Pfarrer beim Schlafen erwischt haben?
Dieses Geräusch hatte nicht viel mit Schnarchen zu tun, es hörte sich eher so an, als wenn er schwer arbeitete und dabei heftig atmen würde.
Aber was in Gottes Namen hätte der Pfarrer um diese Zeit schwer arbeiten sollen? Zumal schwer arbeiten gar nicht zu ihm passte. Langsam ließ ich den Blick weiter durch das Zimmer wandern. Es kam die Matratze in Sicht, auf der ein paar Füße zu sehen waren, aber diese Füße lagen ja umgekehrt mit den Spitzen nach unten und bewegten sich auch so seltsam. Dann kamen noch ein paar Füße in Sicht, etwas zarter und schlanker. Jetzt vergaß ich alle Vorsicht, eine weitere Bewegung nach links und ich hatte das ganze Bett vor Augen. Mir stockte der Atem! Ich sah den Pfarrer auf seiner Haushälterin, in einer mir damals natürlich noch nicht eindeutigen Stellung. Aber ich wusste was sie taten.
Eine eiskalte Erregung überkam mich, das war selbst mir schon klar, dass das mit dem Zölibat nichts zu tun hatte. Hatten wir es nicht erst letzte Woche gelernt, Enthaltsamkeit, Zurückhaltung, Glaube an die Menschen? Ich machte kehrt und ging ganz offen und langsam über den Hof und weiter Richtung Wald.
‚Wer sollte mir denn jetzt noch etwas verbieten? Der Pfarrer bestimmt nicht, der macht ja selbst verbotene Sachen‘, dachte ich mir.
Der Tag war nicht mehr so heiß wie am Anfang und alles war noch stiller als vorher. Ich wollte es auf jeden Fall für mich behalten, denn es gab mir die Kraft, alles zu überstehen, egal was er in Zukunft von der Kanzel predigen würde, sei es auch die Anprangerung meiner Mutter. Der Wald nahm mich auf. Ich ging weiter Richtung Schießstand und mir kam es so vor, als wenn der Wald mich verschlucken würde.
* * *
Langsam tauchte ich aus meinen Erinnerungen auf, hörte wieder die Wellen, spürte die Sonne auf meinem Körper und auch meinen Schatz in meinem Arm, wie sie sich räkelte. Ich hatte noch ein paar andere Empfindungen und als ob sie es ahnen würde, legte sie mir ihre Hand auf meinen Oberschenkel und ließ sie langsam kreisen. Die Finger der anderen Hand spielten mit meinen Haaren und das machte mich noch nervöser. Wie durch Zufall drehte sie sich so, dass ihr Po an meinem Oberschenkel lag. Ich ließ meine Hand langsam über ihre Hüfte in Richtung Busen gleiten, streichelte ganz zärtlich ihre Knospen, die durch den dünnen Stoff zu spüren waren und immer härter und größer wurden. Meine Hand wanderte kreisend immer tiefer über den Bauch und den Bauchnabel zum Bikinirand. Hier machte ich eine kleine Pause, um ihn dann langsam auszuziehen. Sie tat das Gleiche bei mir und wir lagen wie im Paradies nackt in der Sonne.
Wir liebten uns zärtlich, verwöhnten uns gegenseitig und konnten kein Ende finden. Es war so schön, diese Entspannung danach, ihren Körper zu spüren und sich ganz dicht an sie zu schmiegen. Dann liefen wir ins Wasser, um uns etwas abzukühlen, tranken kühles Wasser und lagen uns schon wieder im Arm. Es war so schön warm und still, nur das Meeresrauschen war zu hören. Ich hörte Eva ganz ruhig atmen, was mich noch schläfriger machte.
Allmählich verfiel ich wieder in diesen schwebenden Zustand des Tagträumens. Langsam glitt ich wieder zurück in die Vergangenheit und nahm den Faden wieder da auf, wo ich ihn verlassen hatte.
Meine Mutter wollte mir unbedingt einen Vater geben. Denn, wie sagte man damals so schön:
Das Kind braucht einen Vater, sonst wird nichts aus ihm.
Ja, aber ich sage heute, lieber keinen Vater, als den falschen. Wobei ich auch hier nicht zu hart urteilen sollte, mein Stiefvater war zwar Alkoholiker, aber er hat uns nie etwas getan! Wenn er betrunken war, ist er einfach umgefallen, dann konnten wir zwar immer sein Blut oder das Erbrochene aufwischen, aber gewalttätig ist er nie geworden. Die Heirat meiner Mutter hatte leider auch einen Umzug zur Folge, wir zogen zu meinem Stiefvater ins Sauerland.
Der Unterschied zwischen dem Sauerland und Bayern liegt in der Sprache und die war ein großes Handikap für mich. Man stelle sich nur einen Bayern im Sauerland vor! Spricht und schreibt kein bisschen Hochdeutsch. Alle haben sich halb totgelacht und ich wurde zum Klassenclown. Das funktionierte auch ganz gut, zumindest in meiner Klasse. Aber eine Lösung für immer war es nicht, da ich mich in dieser Rolle überhaupt nicht wohl fühlte. Auf Dauer musste ich mir etwas anderes einfallen lassen, es kam mir auch schon so eine Idee.
Da mein Weg über einen einsam Waldweg führte, dachten die anderen immer, sie könnten mir auflauern, mir Angst machen oder mich sogar aus Spaß verprügeln. Das ging eine Zeitlang so, bis ich die Nase voll hatte und ich mir dachte:
‚Dreh doch mal den Spieß um und erschrecke sie so richtig.‘
Im Wald und in der Natur kannte ich mich sehr gut aus. Ich bin oft alleine durch Wald und Flur gestreift und habe meinen Instinkt geschärft, diese Kenntnisse habe ich mir zunutze gemacht.
Unser Schulweg führte über einen Berg, links vom Weg ging es steil bergab und rechts gab es eine steile Felswand.
Ich übte so lange in der Felswand, bis ich diese schnell und sicher erklettern konnte. In den nächsten Tagen sammelte ich mir Steine, die ich in den verschiedenen Nischen der Felswand zu kleinen Häufchen stapelte und sicherte sie so, dass sie jederzeit mit einem Handgriff gelöst und in die Tiefe stürzen konnten.
Es war ein nasser, nebeliger Tag, genau der richtige Zeit-punkt, um meinen Plan zu verwirklichen. Sie jagten mich wieder auf dem Weg zur Schule über den Waldweg, bis sie vor lauter Nebel nichts mehr sehen konnten. Ich hörte sie laut und aufgeregt hinter mir reden. Weil sie nichts mehr von mir sehen konnten, riefen sie nach mir:
„He, wo steckst du?“, und ich antwortete ihnen:
„He, wo seid ihr denn? Passt auf, hier gibt es Wald- und Nebelgespenster, die fressen kleine Kinder!“
So schnell ich konnte, lief ich den Hang hinauf und fing an zu klettern, dabei machte ich sonderliche Geräusche, um denen unter mir ein wenig mehr Angst zu machen. Beim ersten Steinhaufen gab ich geräuschmäßig noch ein wenig hinzu und löste die Sicherung. Wenn ich es selbst nicht besser gewusst hätte, hätte ich es auch mit der Angst bekommen. Meine schauerlichen Geräusche, die in der Felswand widerhallten und die fallenden Steine, die sich wie springende Geister anhörten, das war schon unheimlich.
Das war schon toll, ich war stolz auf mich. Aber zum Freuen blieb mir keine Zeit, ich musste schnell weiter, denn der nächste Steinhaufen wartete und dann noch einer. Endlich war ich oben. Unten hörte ich die Kerle ängstlich nach mir rufen, sie versuchten schnell, diesen Bereich des Weges hinter sich zu lassen, was, Gott sei Dank, im Nebel nicht ganz so schnell ging. Sie liefen gegen Bäume und einen Zaun und taten sich, oh wie schade, ganz schön weh.
Jetzt musste ich aber schnell wieder runter zum Weg. Hier oben war der Nebel nicht ganz so dicht und ich kam gerade noch rechtzeitig unten am Weg an, ich hörte schon wie sie hinter mir angerannt kamen.
„He, hast du das auch gehört?“, fragten sie mich. Ich tat ganz cool und sagte:
„Wenn ihr das Gemurmel meint, das war doch wirklich nicht der Rede wert.“
Das war der kleine Anfang der erhofften Veränderung. Langsam sah man mich mit anderen Augen, man sprach mich jetzt nur noch mit dem Vornamen an. Beim Spielen glänzte ich durch waghalsige Sprünge bergab über Stock und Stein und durch mutige Kletterpartien. So machte ich mir so langsam einen Namen als „der Verrückte“.
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