„Seid unbesorgt, das werde ich. Ich weiß, dass wir so wenig Last wie möglich transportieren müssen. Ich werde alles sorgsam bedenken.“
„Gut.“ Der Konstrukteur blickte auf seine Notizen. „Zudem ist die Reise wohl gefährlich und wir kennen ihre Dauer nicht. Wir müssen Ersatzmaterial für den Schiffsbetrieb einkalkulieren und ebenso die Gefahr durch Korsaren oder Meeresungeheuer.“
„Die Schiffe müssen gepanzert und bewaffnet sein“, fügte ta Markos hinzu.
„Das wäre unsinnig“, wehrte Petzler ab und sah den Hochgelehrten entschuldigend an. „Bedenkt, wie groß die Schiffe sein müssen und wie schwer diese wären. Ebenso schwerfällig wären sie zu manövrieren und somit bei einem Manöver gegen Feinde zu unbeweglich. Nein, Ihr Herren, wir brauchen eine Art von Transportschiff und eine Art von Kriegsschiff, welches die Transporter wirkungsvoll verteidigen kann.“
„Vielleicht sollte man die Schiffe spezialisieren? Solche für das Vieh und …“
„Nein, nein, nein.“ Petzler klang nun leicht verärgert. „Der Verlust von Schiffen, auch einer großen Zahl, darf sich nicht auf die Überlebensfähigkeit des Restes auswirken. Daher muss alles zu möglichst gleichen Teilen auf den Transportschiffen verteilt sein. Die Kampfschiffe können hingegen klein sein. Wendig, schnell und gut bewaffnet. Wie Herdenhüter, die um ihr Hornvieh kreisen.“
„Nun, Ihr werdet da sicher etwas ersinnen“, brummelte der Hochgelehrte, der sich ein wenig übergangen fühlte. Dennoch war er bereit, einzulenken, da ihm die Konstruktion von Schiffen eher fremd war.
„Es bleibt die Frage nach der Beschaffenheit der Rümpfe und der Art des Antriebes“, sinnierte Petzler. „Ich sah einst dem Elfen Mionas zu und könnte die Dampfantriebe noch verbessern.“
Diesmal war es Hombort, der den Kopf schüttelte. „Als der Feuergraben am Spaltpass mit Brennstein gefüllt werden musste, da gab es Knappheit im ganzen Reich. Nun soll eine zweite Grenze angelegt werden und sicher gibt es dann auch dort einen Feuergraben.“ Er blickte zu ta Markos, der zustimmend nickte. „Tausende von Dampfantrieben würden Unmengen des Brennsteins benötigen. Zudem braucht er viel Laderaum.“
Petzler nickt zögernd. Dem Argument konnte er sich nicht verschließen. „Das gilt es zu bedenken. Vielleicht muss ich doch Segelschiffe konstruieren. Obwohl mir die Abhängigkeit vom Wind nicht gefällt.“
„Nehmt eine Kombination aus Dampf und Segel“, schlug der Hochgelehrte vor. Er wies auf ein weiteres Fuhrwerk. „Ein oder zwei von Windkraft angetriebene Transporter könnten doch nötigenfalls sicher von einem anderen geschleppt werden, der über die Kraft des Brennsteins verfügt.“
„Das könnte der Weg sein.“ Petzler machte sich Notizen. „Ich muss das durchrechnen.“
Es ging auf den Abend zu, als sie die Begehung des Geländes endlich abschlossen.
„Zur morgigen Tageswende benötigen wir Pferde.“ Den Hochgelehrten ta Markos schmerzten die Füße. „Wir müssen uns die umliegenden Hügel ansehen, um die zweite Grenze zu planen.“
Hombort schob sich die letzten Krümel getrockneten Käses in den Mund und kaute missmutig darauf herum. „Nun, auch dort brauchen wir Wege, Arbeiter und viel Material. Der Kronrat wird nicht erfreut sein, wenn er die Liste meiner Anforderungen erhält.“
„Er würde wohl noch weniger erfreut sein, wenn seine Mitglieder ums Leben kommen, weil es an Mitteln fehlte, die man nicht bewilligt hat“, stellte Petzler sarkastisch fest.
Hochgelehrter Britman ta Markos nickte zustimmend. Todesgefahr war immer ein enormer Ansporn.
In den nördlichen Regionen des Herrschaftsgebietes des Schwarzen Lords waren Pferde und Hornvieh selten. Es gab sie nur in kleinen Gruppen und sie wichen instinktiv den Orks aus, die jederzeit bereit waren, eine schmackhafte Zwischenmahlzeit zu erlegen. Selbst die Anordnungen des Oberherrschers vermittelten den Legionären nicht das Verständnis, dass es sinnvoll gewesen wäre, das Hornvieh zu züchten, um eine ständige Nahrungsquelle zu besitzen. Die Rundohren mochten aufgrund ihrer Disziplin als Herdenwächter geeignet erscheinen, doch die Fressgier und Schläue der Spitzohren erstickten jeden Versuch der Zucht im Keim. Selbst härteste Strafen hatten nichts bewirkt.
In den südlichen Regionen gab es hingegen große Herden des Hornviehs und auch einige größere Gruppen von Pferden. Das Volk der Rumaki verstand sich auf die Zucht und die Tiere waren ein wesentlicher Bestandteil der Nahrungsbeschaffung. Obwohl die Rumaki die Vorteile berittener Einheiten erkannten, ließen sie sich jedoch nicht dazu bewegen, das Reiten zu erlernen. Sie waren so fest in ihrer Tradition als Fußsoldaten verwurzelt, dass nur eine Handvoll bereitwillig auf die Pferde stieg. Diese wenigen wurden als reitende Boten eingesetzt, ansonsten sah man die potenziellen Reittiere als Fleischlieferant und Zugtiere für die Wagen, welche ständig im Gebiet des Allerhöchsten unterwegs waren und für den Transport von Waren und Nahrung sorgten.
Das Reich des Schwarzen Lords war groß und machte die Nachrichtenwege dementsprechend lang. Früher war dies unproblematisch gewesen, da Signalfeuer und die magischen Sprechsteine als Verständigungsmittel ausreichten. Die Sprechsteine erlaubten jedoch nur die direkte Verbindung zum obersten Herrscher und nicht die Kommunikation untereinander. Zudem konnten sie nur von den Grauen Wesen, von denen es nur noch wenige gab, und einer Handvoll Orks genutzt werden.
Mit dem Einsatz der rumakischen Bruderschaft des Kreuzes als Spione in den Ländern der freien Völker war nach alnoischem Vorbild eine Signalsprache für Metallspiegel entwickelt worden, welche die Kommunikation erheblich erleichterte und vor allem beschleunigte. Es gab allerdings keine festen Signalstationen und noch immer gehörten schnelle Läufer oder die Handvoll reitender Boten zu einem wichtigen Bestandteil für die Übermittlung von Informationen.
Wenn einer dieser Reiter zum Turm von Antas-Nataar kam, dann musste er also eine sehr wichtige Nachricht zu überbringen haben.
Legionsoberführer Einohr wartete mit dem Grauen Wesen Bar´Ses und einigen Legionsführern auf das Erscheinen des Allerhöchsten. Sie waren alle in dem runden Raum unter der Spitze des Turms versammelt und Einohr und Bar´Ses waren die Einzigen, die sich bis dicht an den durchsichtigen Klarstahl heranwagten und die Aussicht genossen. Für das kleine Spitzohr bedeutete es eine Genugtuung, zu erleben, dass die sonst so mutigen Rundohren vor der Höhe zurückschreckten. Einer Höhe, die allerdings auch ihm alles abverlangte, doch es würde seinen Ruf als wagemutiger Führer stärken, wenn man ihn so dicht vor dem bodenlosen Abgrund sah.
Die Rundohren standen um den Kartentisch des Allerhöchsten herum und versuchten die unzähligen Markierungen zu deuten. Einohr sah ihnen amüsiert zu. „Ich glaube nicht, dass sie die Zeichen zu deuten wissen“, flüsterte er Bar´Ses zu. „Im Voranstürmen und an der Spitze ihrer Legionen mögen sie recht gut sein, aber ihnen fehlt die Gabe des Überblicks.“
„Nur gut, dass wir einen so fähigen Legionsoberführer haben“, erwiderte das Graue Wesen.
Einohr konnte die Gesichtszüge des Reptiliers nicht recht deuten und interpretierte die Worte als Anerkennung seiner Fähigkeiten. „So ist es. Der Allerhöchste hat für alles seine Gründe. Seine guten Gründe, wie ich betonen möchte.“ Er wippte unmerklich auf den Fersen. „Allerdings frage ich mich, warum er uns heute so lange warten lässt und was er mit den Rundohren will. Dinge von Belang sollten nur mit den wichtigsten Persönlichkeiten besprochen werden.“
„Wie du schon sagtest, Spitzohr, er wird seine Gründe haben.“
Diesmal war die Verachtung in Bar´Ses´ Stimme deutlich zu erkennen und Einohr blähte kurz die Wangen und marschierte dann leicht verärgert zu der riesigen Panoramascheibe. Aus diesem Grund war er der Erste der Versammelten, der den Reiter nahen sah.
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