Wieder holt Carol tief Luft, sie sieht, dass er für einen Moment von dem Indianer abgelassen hat und kreischt: „Dass Sie ein absolut widerwärtiges Subjekt sind, hatte ich schon eine ganze Weile im Gefühl, aber dass Sie so ein feiges Schwein sind, habe ich nicht gedacht. Sie sind ein Mistkerl, wie er im Buche steht. Aber das können Sie ja nicht wissen, Sie blödes Arschloch! Ich bezweifle mittlerweile, ob Sie überhaupt lesen können. Wenn ich Ihre Frau wäre, ich hätte Ihnen, bevor ich Sie verlassen hätte noch ein langes, scharfes, spitzes Messer in den miesen Balg gejagt. Ein Kerl, der seine Frau misshandelt ist das allerletzte, nee, der ist das Allerhinterletzte!
Sie sind ja zu allem zu blöd! Das einzige, was Sie können, ist bescheuerte Schilder aufzustellen, Schilder die so blöde sind, dass ich mich krank lache, Sie mieser Angeber!“
Rambo ist während Carols Worten knallrot angelaufen und jetzt platzt ihm endgültig der Kragen, er lässt den Indian Indian sein und geht auf das rothaarige Girl zu, bleibt einen Moment vor ihr stehen, holt weit aus und verpasst ihr eine schallende Ohrfeige.
Carol, die in ihrem jungen Leben schon so einiges mitgemacht hat, was schlimmer war, als eine Ohrfeige, zuckt mit keiner Wimper, obwohl ihre Zähne klirren, ihre Haut wie Feuer brennt und sie das Gefühl hat, als wäre ihr die ganze Wange aufgeplatzt, so dass das Blut nur so schießen müsste.
Das einzige, was ihr einen Funken Genugtuung verschafft, ist die Tatsache, dass sie dadurch ihrem Boss ein wenig Atemluft verschafft hat. Sie bedankt sich bei Rambo dafür auch sofort mit einer reizenden Gegengabe. Sie platziert einen kräftigen Tritt vor Rambos Schienbein und sie trifft trotz der ‚liebevollen Umarmung’ durch Rambos Cowboy sehr genau. Gerne hätte sie etwas höher getreten, aber dafür ist ihre Reichweite dann doch zu stark eingeschränkt.
„Du kleines Stück Dreck!“, flucht der getroffene Rancher.
Dieses Kompliment trifft das Mädchen nun allerdings nicht im Geringsten, sie hat schon ganz andere Titulierungen zu hören bekommen, dagegen ist das Stück Dreck fast harmlos.
Sie spuckt in hohem Bogen vor dem Rancher auf die Erde und sagt mit auf einmal ganz ruhiger, leiser Stimme, aber immer noch laut genug, dass es alle hören können: „Danke gleichfalls, aber von klein kann bei Ihnen ja wohl nicht die Rede sein. Sie sind ein ganz großer, mieser Haufen Scheiße!“
Der Texaner ist nahe daran, seine Beherrschung erneut und endgültig zu verlieren, doch dann besinnt er sich plötzlich, dass er eine Frau vor sich hat, eine Frau, die eigentlich fast noch ein Kind ist. Abrupt macht er eine Kehrtwendung und geht zu seinem Pferd.
Der Mann, der Carol noch immer umklammert hält, lockert seinen Griff und das Kind macht eine blitzschnelle Drehung und rammt ihm ihr Knie mit solcher Gewalt in den Unterleib, dass er nur noch wie ein Klappmesser vorschnellt und zu Boden geht. Voller Genugtuung schaut sie in die Runde und ihr Blick scheint zu fragen: ‚Noch jemand, der das gleiche Vergnügen möchte?’
Einer der Männer, die den Indian noch immer festhalten, stürzt sich auf die Kleine, doch Rambo macht eine abwehrende Handbewegung, so dass seine Männer sich damit begnügen, ihrem Boss schweigend zu folgen, wobei sie die Gefangenen vor sich her stoßen. Die Waffen der Willow-Tree Leute hatten Rambos Männer schon vorher eingesammelt.
Weder Carol noch ihr Vormann sind scharf darauf nochmals mit Rambos Zorn zu kollidieren, daher lassen sie sich ohne Gegenwehr die Hände fesseln, bevor sie zu Regina und dem Kind in den Zweispänner klettern. Auch die beiden noch immer bewusstlosen echten Entführer werden nicht am Schauplatz des Geschehens zurückgelassen.
Rambos kleine Familie hat den ganzen Vorgang voller Entsetzen und mit schreckensgeweiteten Augen beobachtet. Die junge Frau versucht immer wieder mit Ihrem Mann zu reden, um die ganze Sachlage richtig zu stellen, doch dieser schenkt ihr keinerlei Beachtung, denn er kann und will ihren Worten keinerlei Glauben schenken. Zu groß ist seine Verachtung, ja, man kann fast schon sagen, sein Abscheu vor Gina. Sie hat ihm im Grunde genommen niemals viel mehr bedeutet, als ein hübsches Anhängsel, das ihm, irgendwann mit der Zeit, eher lästig geworden ist.
Wie in fast ganz Texas bekannt ist, macht sich Manolito Rambo seine Gesetze selbst, wogegen bisher niemand eingeschritten ist. So ist es auch in diesem besonderen Fall nicht anders. Er hat beschlossen, dass für den Indianer und seine kleine Freundin die Todesstrafe die einzig mögliche Konsequenz für ihren Verrat an seiner Gastfreundschaft sein kann. An einer dreckigen Rothaut ist ihm nichts gelegen und Kind oder nicht Kind ist ihm bei seinen Rachegedanken ebenfalls völlig gleichgültig. Ist die dumme Göre selber schuld, wenn sie sich auf so einen verbrecherischen Kerl einlässt. Er verschwendet keinerlei Gedanken an mögliche Konsequenzen aus seiner Selbstjustiz, denn nach der Hinrichtung werden die beiden verscharrt und dann soll noch einer versuchen, ihm an den Karren zu spucken.
In seiner grenzenlosen Selbstherrlichkeit kennt Rambo keinerlei Gnade, sondern er hat im Gegenteil sogar noch großen Spaß daran, seine Opfer nach Möglichkeit auch noch bis an die Grenzen des Erträglichen zu quälen und sich dabei an ihrer Verzweiflung zu weiden.
Der Rancher hat den ganzen Weg zurück zu seiner Ranch hin und her überlegt, wie er die beiden möglichst langsam und qualvoll ins Jenseits befördern kann, denn schließlich fühlt er sich von den beiden Willow-Tree Leuten schrecklich gedemütigt und hintergangen. Außerdem möchte er natürlich auch noch hübsch viel Freude an dem ganzen doch recht aufwändigen Geschehen haben. Nun, er hat ja auch noch die ganze Nacht Zeit, sich ein paar nette Dinge auszudenken. Doch zunächst werden die Gefangenen erst mal unbequem verschnürt in den Stall gesperrt und seine Frau darf das Lager dort mit ihnen teilen.
Am folgenden Morgen, Rambo und seine Männer sind noch nicht ganz nüchtern von ihrem nächtlichen Gelage, hat der sadistisch veranlagte Texaner den Entschluss gefasst, den Indianer aufzuhängen, wobei das Mädchen zusehen muss. Es wird der Kleinen sicher furchtbar wehtun, wenn sie mit ansehen muss, wie der von ihr so bewunderte Boss stirbt. Und danach wird er sich mit dem hübschen, hoffentlich noch unschuldigen Kind ein paar vergnügte Stunden machen und wenn dann seine Männer noch was von ihr übrig gelassen haben sollten, wird sie ihrem Kameraden auf die gleiche Art und Weise an dem gleichen Strick folgen.
Lange hat der Rancher darüber nachgedacht, wie er seine Frau in die Strafe einbeziehen kann, denn eigentlich ist sie an dieser Entwicklung ja nicht ganz unschuldig und nach heftigen Diskussionen mit seinen Cowboys ist er zu dem Schluss gekommen, dass sie mit ansehen soll, wie hübsch er es sich mit einer süßen Jungfrau machen kann und wie viel mehr Vergnügen er an einem kleinen Mädchen findet, als an seiner lästigen Angetrauten und vor allen Dingen muss sie dabei sein, wenn das rothaarige Hexchen aufgeknüpft wird. Das wird ihr dann vielleicht eine Warnung sein, so dass sie in Zukunft nicht wieder auf dumme Gedanken kommt, damit sie nicht irgendwann den gleichen Weg geht, wie alle seine Feinde.
Ganz wie es sein Art ist, verkündet er seinen Beschluss sofort, nachdem Carol und David ins Freie gezerrt worden sind. Er lässt seinen Opfern nicht mehr viel Zeit, über ihr Schicksal nachzudenken, dazu war die ganze Nacht seiner Meinung nach Gelegenheit genug und so schreitet er sofort zur Tat, nachdem er seine Frau zu seinem Sohn ins Haus geschickt hat.
An einem Ast einer riesigen Kastanie neben dem Stallgebäude ist ganz schnell ein kräftiger Strick befestigt und schon legt einer von Rambos Männern David die Schlinge um den Hals.
Carol weint, wie sie selten bisher in ihrem Leben geweint hat. Dabei kreischt sie immer wieder: „Ihr feigen Hunde ihr! Was wisst ihr denn schon von Recht und Ordnung? Habt ihr Schweinebacken eigentlich schon mal was von Gesetzen gehört? Ihr verdammten Mistkerle, es gibt neuerdings Richter, die Recht sprechen. Was seid ihr doch für Scheißkerle!“ Sie heult immer lauter.
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