Karlchen: „Wir erleben die Grenzen des Tierschutzes.“
Nach einer etwas längeren Wanderung kamen wir bei der Gaststätte von Marios Freund an. Der Freund war nicht da. Langsam brauchte ich etwas zu essen. Die Katzen in Heinis Rucksack wurden auch immer unruhiger und miauten kläglich. Heini und Mario fielen jetzt nur noch die Tafel und der Pastor ein. Es musste etwas geschehen. Heini entschied sich für den Pastor, der bestimmt einen Rat wüsste und bestimmt auch mit Nahrung für den ersten Hunger helfen könnte. Also auf in Richtung Kirche. Neben der Kirche war ein Haus, in dem der Pastor lebte und in dem er auch so etwas, wie ein Büro hatte. Wir mussten also weitergehen. Schließlich fanden wir das Haus des Pastors, der natürlich auch nicht da war. Dafür war aber Else, die Haushälterin des Pastors, im Haus. Heini und Mario erzählten ihr unsere Erlebnisse und baten sie um Hilfe. Else war ein liebenswerter Mensch und machte sich sofort an die Arbeit. Erst einmal wurden Heini, Mario und ich mit Nahrung versorgt. Es gab noch Reste vom Vortag, die uns sehr gut schmeckten. Ich hätte noch mehr verdrücken können, aber es war dann ganz schnell alles vernichtet. Mit den Katzen funktionierte das nicht wirklich. Else und Heini waren ratlos. Mit lauwarmer mit Wasser verdünnter Milch konnten sie wenigstens etwas Flüssigkeit bekommen. Die Katzenmutter hat dann etwas von dem Käse und dem Frühlingsquark genommen, den Else ihr gab. Das war es dann aber auch. Glücklicherweise erschien der Pastor und Heini und Mario erzählten erneut unsere Geschichte. Der Pastor sagte, dass sie sofort ins Tierheim müssten, sonst hätten die Katzen nach seiner Einschätzung keine Chance. Mit dem alten Auto des Pastors ging es dann ab in die Nachbarstadt zum Tierheim. Mit großen Hoffnungen klopften wir an die Tür mit dem Schild „Tierheimleitung“. Wir wurden von einer Frau empfangen, die uns allen großen Respekt einflößte. Heini und Mario wurden peinlich genau gefragt, wie sie welches Tier gefunden hatten. Die Frau stellte dann fest, dass Heini und Mario mich würden wahrscheinlich behalten können. Das müsse aber erst noch genau geklärt werden. Ich sollte auf jeden Fall erst einmal im Tierheim auf der Isolierstation bleiben und Heini oder Mario könnten ja immer mal fragen, ob sie mich wieder mitnehmen dürften. Damit waren wir alle nicht einverstanden. Wir wollten nur jetzt noch keinen Streit anfangen. Wir wollten, dass die Katzen versorgt würden. Wir erlebten die nächste Überraschung. Uns wurde mitgeteilt, dass das Tierheim keine Wildkatzen aufnehmen würde und wir hätten die Katzen ja draußen gefunden also wären es Wildkatzen. Wildkatzen wären nicht vermittelbar und deshalb müssten Heini und Mario die Katzen wieder mitnehmen. Jetzt wurde der Pastor aber richtig böse und verlangte, dass man sich mindestens um die medizinische Erstversorgung der Katzen kümmern sollte. Er wollte sich dann eine dauerhafte Lösung für die Katzen überlegen. Mich würden Heini und Mario behalten, er würde dafür bürgen, dass die beiden die Wahrheit gesagt hätten und der Hund die richtige Versorgung erhalten würde. Nach einigem hin und her wurde das dann so gemacht und Heini, Mario, der Pastor und ich fuhren zurück zu Else. Hinter dem Haus des Pastors war ein Geräteschuppen, in dem ein altes Sofa stand auf dem Heini und Mario die Nacht schlafen durften. Für mich wurde die Decke, die ich schon kannte, vor dem Sofa ausgebreitet und so hatten wir alle einen tollen Schlafplatz. Wir wussten zwar noch nicht, ob die Katzen dauerhaft gerettet waren, aber erst einmal war alles geregelt. Heini wollte mit Mario und mir noch einmal in die Stadt, um Flaschen zu sammeln aber daraus wurde nichts, weil alle so lange erzählten, dass es dafür dann doch schon zu spät wurde. Heini, Mario und ich freuten uns über unser Quartier und wären bald eingeschlafen, wenn es nicht plötzlich diesen Höllenlärm gegeben hätte, der ohne Vorankündigung in der Nähe losbrach. Der Lärm kam vom Friedhof, der unmittelbar hinter der Kirche und dem Garten des Pastors lag. Heini, Mario und ich schlichen uns aus dem Schuppen und versuchten herauszukriegen, was da los war. Wir sahen einige dunkle Gestalten, die sich an den Gräbern zu schaffen machten, Grabsteine umstießen, mit Farbspraydosen hantierten und laut brüllten. Ich verstand so etwas wie SA marschiert, die Reihen fest geschlossen und da drehte sich plötzlich einer der Randalierer um und sah uns mit finsterer Miene an.
Murkel: „Meine Flucht, das seltsame Messer und der Drohbrief.“
Ich war mir nicht sicher, ob die dunkle Gestalt mich wirklich gesehen hatte. Ich war jetzt sehr aufgeregt und hatte fürchterliche Angst. Ich drückte mich mit dem Messer immer weiter ins Gebüsch und auf einmal gaben die Äste hinter mir nach und ich verschwand in einer Höhle aus Ästen und Blättern, in die man vom Weg aus nicht hereinschauen konnte.
Mein Zugang zur Blätterhöhle hatte auch Geräusche verursacht und ich hoffte, dass das wegen der Nachtgeräusche aus dem Wald unbemerkt geblieben war. In der Zwischenzeit wurde ich auf dem Hof vermisst und Paulchen, Julia und Emily machten sich gemeinsam mit Sandy und Fussel auf die Suche nach mir. Ich hörte in der Nähe lautes Rufen und erkannte die Stimmen von Emily, Julia und Paulchen, deshalb bekam ich wieder etwas Hoffnung. An der Stelle des Weges, wo mein Versteck lag, hörte ich plötzlich, wie Sandy laut bellte. Ich vermutete also, dass die dunkle Gestalt nicht mehr in der Nähe war und antwortete und versuchte gleichzeitig aus dem Versteck zu kommen, was nicht so einfach war. Mit ein paar Schrammen und Kletten im Fell gelang es mir schließlich, mich zu befreien. Das Messer hatte ich immer noch im Maul und so wurde ich von meinen Leuten entdeckt. Julia erkannte sofort, dass ich sehr aufgeregt war und beruhigte mich mit ihrer lieben Stimme so, dass es mir gleich besser ging. Die Freude war groß und „Mecker“ gab es diesmal auch nicht. Von der dunklen Gestalt war nichts mehr zu sehen. Paulchen nahm mir das Messer ab und betrachtete es nachdenklich. So etwas hatte er noch nie gesehen. Jetzt ging es nach Hause und alle wollten noch etwas schlafen und am nächsten Morgen sollte dann beschlossen werden, was wir mit dem Fund anfangen könnten. Allerdings spekulierten Fussel und ich, der ich von der dunklen Gestalt berichtet hatte, wo diese Figur denn wohl geblieben war. Wir wussten nicht, ob ich gesehen wurde und ob erkannt wurde, dass ich das Messer hatte.
Am nächsten Morgen nach dem Frühstück einigten sich Emily und Paulchen so, dass Paulchen weiter auf der Weide und am Zirkuswagen arbeiten würde und Emily sich über die Herkunft des Messers schlau machen sollte. Neben dem Bild mit der Faust und dem Totenkopf war darüber etwas auf den Griff geschrieben. Da stand in merkwürdiger Schrift:
Schwarze Faust - Deutsche Front – Totenkopfbrigade -
Wer oder was war die Schwarze Faust? Deutsche Front – Totenkopfbrigade –stellte für Emily einen Bezug zu Nazis her. Aus ihrem Geschichtsunterricht wusste sie, dass es mal so etwas wie eine Einheit der SS, einer Polizeitruppe der Nazis, die für ihre Grausamkeit bekannt war, gegeben hatte, die der Orden unter dem Totenkopf genannte wurde. Was hatte das alles zu bedeuten? Um Antworten zu finden, wurde von Emily erst mal das Internet befragt und mit Suchmaschinen nach dem Begriff der Schwarzen Faust gesucht. Alles, was Emily da fand, passte nicht zum Messer und eine schwarze Faust mit einem Totenkopf gab es gar nicht. Eigentlich müsste man die Polizei um Hilfe bitten. Vielleicht war man ja jetzt eher bereit, etwas zu unternehmen. Emily war fest davon überzeugt, dass das Messer etwas mit der Zerstörung ihres alten Bauwagens zu tun hatte. Bevor sie jedoch zur Polizei gehen würde, wollte sie lieber zunächst mit dem Bürgermeister reden und seinen Rat einholen.
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