„Ja, ich habe ihn verarztet und ihm das Pflaster auf die Lippe geklebt.“ „Aha“, machte Anni „und dann, was ist dann passiert?“ Mit großen Augen schaute sie Mareike nun an und versuchte jetzt jede auch noch so kleine Regung wahrzunehmen.
„Nichts ist passiert. Er hat sich bedankt und ist gegangen.“ Diese Antwort enttäuschte Anni sichtlich. „Wie? Es ist nichts passiert? Er war hier in Deinem Studentenzimmer und Du warst ganz dicht an ihm dran und es ist nichts passiert?“ Sie schüttelte den Kopf. „Du spinnst doch. Wieso hast Du Dir so eine Gelegenheit entgehen lassen?“
„Anni, ich habe mich geändert. Ich mache diese Schnellschüsse nicht mehr. Sie bringen einfach nichts.“ Anni grinste. „So, so, dass soll ich Dir wirklich glauben?“ Mareike nickte heftig mit ihrem Kopf.
„Nein, nein das kann ich mir nicht vorstellen. So sehr wie Du Ben magst, hättest Du ihn angraben müssen. Daher stimmt hier irgendetwas nicht.“ Mit grimmigem Blick schaute Anni Mareike nun an. Doch Mareike wollte nicht reden. Daraufhin verschränkte Anni ihre Arme von ihrer Brust und setzte ein noch grimmigeres Gesicht auf. Da musste Mareike plötzlich laut lachen. Sie kannte diese Geste. Anni würde sich nicht mit einer Plattitüde abspeisen lassen. Sie wollte die ganze Wahrheit.
„Na gut“, Mareike seufzte, setzte sich wieder auf ihren Drehstuhl von ihrem Schreibtisch und bot ihrer Freundin den Stuhl daneben an. Anni setzte sich schnell. Sie glühte plötzlich vor Neugier und hoffte auf eine spannende Neuigkeit.
„Du weißt doch, wie viel Pech ich mit den Männern in der Vergangenheit hatte?“ Anni nickte zustimmend auf diese Frage ihrer Freundin. „Na ja“, fuhr Mareike fort. „Ich habe versucht zu analysieren woran es gelegen hat. Meine Schlussfolgerung ist, dass ich zu schnell zur Sache gekommen bin, wenn mir ein Mann gut gefiel. Ich bin zu früh mit ihm ins Bett gegangen, ohne zumindest einigermaßen geprüft zu haben, ob daraus eine längere Beziehung werden kann.“
Anni grinste. „Mag sein, aber immerhin hast Du nun Erfahrung im Bett und weißt was Du willst oder etwa nicht?“ Mareike nickte. „ Es stimmt, ich habe viel Erfahrung. Ich bin zwar erst 22 Jahre alt, habe aber schon mit einem halben Dutzend Männern geschlafen. Oh je. Das kommt mir gerade enorm viel vor. “ Sie seufzte innerlich.
„ Alle waren unterschiedlichen Alters gewesen und jeder hat mir etwas anderes beigebracht. Doch wirklich gemocht habe ich keinen dieser Männer. Immer hatte etwas gefehlt. Immer war der Sex das Wichtigste in meinen Beziehungen gewesen, die alle nicht sehr lange gedauert haben. Ich suche etwas bei den Männern, dass ich noch nicht gefunden habe. Sex ist die eine Sache. Doch Liebe gibt es auch noch. Nur wie finde ich einen Mann, der mir beides gibt? “
„Stimmt, ich weiß was ich will und genau deshalb möchte ich es mit Ben auch langsam angehen lassen. Er ist genau mein Typ. Groß, schlank, muskulös, leicht behaarte Brust, männliche Ausstrahlung, dunkle Haare und Augenbrauen, braune Augen, sowie ein Laubsbubenlächeln, das so charmant ist, das ich ihm nicht widerstehen kann, wenn er es einsetzt.“
„Oh, oh, das klingt gefährlich. Achtung, Du bist auf dem besten Weg Dich in ihn zu verlieben. Sei vorsichtig.“ Mareike hörte die Warnung ihrer Freundin und nickte. „ Ich weiß, dass Anni Recht hat. Doch ich will auch nicht aufhören in Bens Nähe zu sein. “
„Ich weiß“, stöhnte sie. Dann wurde sie ernst. „Es gibt da noch ein riesiges Hindernis.“ „Ja, welches?“, fragte Anni sofort nach. „Ben hat eine Freundin.“ Während Mareike nun traurig aussah, wischte Anni diese Tatsache mit einer Handbewegung weg. „Ach, das muss nichts heißen. Solange er sie nicht heiratet ist noch alles möglich.“
„So, meinst Du.“ Mareike, empfand diese Tatsache nicht als so leicht überwindbar. „ Ich habe nicht die Absicht einer anderen Frau den Freund auszuspannen. Er sollte sich schon von ganz allein von seiner Freundin trennen. Ich will ihm diese Entscheidung nur ein wenig leichter machen. “ Sie grinste schelmisch.
„Welchen Eindruck hast Du nun von Ben? Mag er Dich oder hat er kein Interesse?“ Annis sachliche Art kam wieder zum Vorschein. Mareike zuckte ratlos mit den Schultern. „Ich weiß noch nicht, ob er mich mag. Aber attraktiv findet er mich schon.“ Sie grinste und dachte an die Ausbeulung in seiner Hose, die sie während ihrer Behandlung von ihm wahrgenommen hatte.
„Das klingt doch gut für den Anfang. Wann planst Du ihn wiederzusehen?“ Verdutzt über Annis zielstrebige Frage, antwortete Mareike dennoch wahrheitsgemäß. „Ich beabsichtige mir Hilfe für das Fach Statistik zu suchen. Da ist so viel Mathe drin, dass schaffe ich nicht allein. Ben soll gut in Mathe sein. Daher hoffe ich, dass er Nachhilfe anbietet. Dann könnte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.“ Sie lächelte hoffungsvoll.
Anni grinste. Ihre Freundin liebte es Sprichwörter zu verwenden. Aber mit diesem Fall hatte sie nun wirklich Recht.
Etliche Tage später traf sie Ben wie erhofft, in einem Arbeitsraum in dem einige Studenten anderen Studenten Hilfe beim Lernen im Studium anboten. Hier wurden unterschiedliche Studienfächer abgedeckt. Mareike, die inzwischen wusste, dass Ben wie sie BWL studierte, steuerte erfreut direkt auf ihn zu. Er saß lässig auf einer Tischkante und war in ein Buch vertieft, das er in den Händen hielt.
„Hallo, hast Du schon Leute zum Lernen gefunden?“ Sie lächelte ihn fröhlich an. Er schaute auf und sah sie erstaunt an. Leicht den Kopf schüttelnd antwortete er. „Nein, wieso fragst Du?“ Doch sein plötzliches Grinsen verriet, dass er genau wusste weshalb sie fragte.
Mareike amüsiertes es. „ Er versucht sein Interesse zu verschleiern “, analysierte sie schnell sein Verhalten. Betont sachlich antwortete sie ihm. „Dann kannst Du ja mit mir lernen. Ich brauche dringend Hilfe beim Thema Statistik. Denn Mathe war noch nie ein Lieblingsfach von mir.“
Er grinste breit und offenbarte dadurch nicht nur, dass er sich freute seine Mathematikkenntnisse weitergeben zu können, sondern auch, dass sein Riss in der Unterlippe schon fast komplett verheilt war.
„Hast Du Deine Bücher dabei“, fragte er sachlich und versuchte nicht zu eifrig zu klingen. „Nein“, antwortete Mareike. „Meine Bücher muss ich erst noch holen.“ Sie lächelte und freute sich, dass er mit ihr Lernen wollte. „Ich erspare Dir das schleppen Deiner Bücher und komme mit. Wo hast Du sie gelagert?“
Irritiert von seiner Formulierung „gelagert“ schaute sie ihn einen Moment lang an. „Meine Bücher nehme ich immer mit in mein Studentenzimmer. Die lasse ich nicht irgendwo liegen.“ In ihrer Stimme lag ein wenig Protest, weil er ihr unterstellt hatte nicht sorgfältig mit ihren Büchern umzugehen.
Doch Ben hörte es nicht. Er dachte daran wieder allein mit ihr in ihrem Studentenzimmer zu sein. Das war ein erregender Gedanke für ihn. Dennoch hoffte er in ihrer Gegenwart nicht die Beherrschung zu verlieren.
Seine Freundin Sandra war sauer auf ihn, weil er nicht mit ihr in ein Konzert gehen wollte, auf das sie sich schon lange freute. Als Strafe hatte sie sich Sexentzug für ihn ausgedacht. Daher war es schon länger her, dass er Sex gehabt hatte.
„ Ich weiß wie stark mein Körper auf Mareikes Reize reagiert. Trotzdem will ich allein mit ihr in ihrem Studentenzimmer sein, um mit meinen Mathekenntnissen vor ihr glänzen zu können. “ Er grinste schelmisch.
„Gut, eh wo war noch Deine Studentenbude?“ Er wirkte etwas zerstreut. Doch Mareike ignorierte es. Für sie zählte nur, dass sie mit Ben einige Zeit allein sein würde und endlich das leidige Thema Statistik in Angriff nehmen konnte.
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