Thomas Löffler
HEIMATLOS
DOCH VON LIEBE GETRAGEN
Erzählung über einen blinden Jungen in der DDR
Engelsdorfer Verlag
2014
Bibliografische Information durch
die Deutsche Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://dnb.d-nb.deabrufbar.
Alle Handlungen und Personen sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen wären also rein zufällig und unbeabsichtigt.
Copyright (2018) Engelsdorfer Verlag
Illustrationen © Beatrice Griguhn
Alle Rechte beim Autor
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
Cover
Titel Thomas Löffler HEIMATLOS DOCH VON LIEBE GETRAGEN Erzählung über einen blinden Jungen in der DDR Engelsdorfer Verlag 2014
Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Alle Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen wären also rein zufällig und unbeabsichtigt. Copyright (2018) Engelsdorfer Verlag Illustrationen © Beatrice Griguhn Alle Rechte beim Autor Hergestellt in Leipzig, Germany (EU) www.engelsdorfer-verlag.de
Intro
Erster Teil
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Zweiter Teil
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Ausklang
Danksagung
Quellennachweis
Begriffserklärung
Mit dampfendem Motor quälte sich der Trabant 500 den steilen Berg hinauf. Der Spätsommertag war, wie der Wetterbericht verkündet hatte, für Anfang September zu warm. Links und rechts des Weges lagen, so weit das Auge reichte, Felder der LPG.
Im Auto war es stickig und heiß. Selbst der Fahrtwind, der durch die offenen Fenster drang, brachte keine Kühlung. Uwe saß auf dem Rücksitz und schob spielerisch ein kleines Rennauto neben sich hin und her. Er war von klein auf blind. Vor ihm lag ein langer Weg, den er ab jetzt, oft ohne den Rückhalt seiner Eltern, würde gehen müssen. Mit fünf Jahren konnte das kleine Kerlchen davon noch nichts wissen. Seinen Eltern fiel es schwer zu akzeptieren, dass sie ihr Kind von nun an nicht immer bei sich hatten. An diesem Tag begann für die Familie ein neuer Abschnitt.
Die Steigung war bewältigt und es schien Uwe, als würde das Auto, dankbar für die Erlösung, schneller fahren, bis es abbremste und in eine holprige Seitenstraße einbog. Der Junge sah aus dem Seitenfenster. Mit seinem Sehrest erkannte er vorbeifliegende Schatten. Für ihn war dies Normalität. Er kannte es nicht anders. „Wo sind wir hier?“, fragte das Kind seine Mutter, die vor ihm auf dem Beifahrersitz saß.
„Wir sind schon in Oberlensbach.“
„Bleibt ihr bei mir?“
„Nein, wir müssen wieder nach Hause.“
„Warum?“
Frau Jäger schwieg.
Warum? Dieses kleine Wort schwirrte ihr durch den Kopf. Es ließ sie nachts nicht schlafen. Viel zu oft hatte ihr Sohn schon von zu Hause weggemusst. Vor einigen Jahren war er längere Zeit im Krankenhaus gewesen.
„Darf ich wieder mit nach Hause?“
„Das geht nicht.“
„Warum nicht?“
Da war es wieder. Wie ein Hammer schlug das Wort auf ihren Kopf. „Du wirst dort viele Kinder kennenlernen.“ Frau Jäger sagte das mehr, um sich selbst zu beruhigen. Was erzählte sie da eigentlich? Betrog sie sich nicht selbst? „Gestern hat die Kindergärtnerin angerufen. Sie freut sich sehr auf dich.“
Auch Herrn Jägers Gedanken drehten sich, während er das Auto ans Ziel brachte, nur um dieses eine Thema. Sein Beruf nahm ihn voll in Anspruch. Als Pfarrer setzte er sich mit ganzer Kraft für seine Kirchengemeinde ein. Für die Familie blieb wenig Zeit. Und nun brach sein Sohn in eine Welt auf, die politisch gesehen dem Elternhaus entgegenwirkte, dessen war er sich sicher. Notgedrungen musste er die Erziehung seines Kindes dem Staat überlassen.
Das Gespräch war verstummt. Das Surren des Schwungrades in Uwes Spielzeugauto vermischte sich mit dem Motorengeräusch des Trabants.
Immer wieder waren es dieselben Fragen, die den Eltern durch den Kopf gingen. Es gab keine Alternative zu der Entscheidung, ihren Sohn ins Internat zu geben. Zum Glück wohnten sie in der Nähe. Zunächst blieb abzuwarten, wie sich der Junge einleben würde.
Trotz des einsetzenden Berufsverkehrs kamen sie gut voran, bis sie wenig später vor dem Eingang der Blindenanstalt an einem Pförtnerhäuschen hielten.
„Darf ich Ihnen behilflich sein?“, fragte ein älterer Herr, dessen Gesicht an einem kleinen Schiebefenster erschien.
„Wir möchten zum Kindergarten“, sagte Herr Jäger.
„Fahren Sie immer geradeaus. Nach etwa hundert Metern sehen Sie ein großes Gebäude.“
Langsam rumpelte das Auto den mit Kopfsteinpflaster belegten Weg entlang, bis das vom Pförtner beschriebene Gebäude zwischen einigen Bäumen erkennbar wurde. Aus einem offenen Fenster klang das Lachen von Kindern herüber.
„Da sind wir.“ Herr Jäger öffnete die Fahrertür. „Am besten ist es, wenn wir zusammen ins Haus gehen.“
Seine Frau öffnete ihre Tür und stieg, gefolgt von Uwe, aus dem Trabant.
Zögernd ging die Familie zum Eingang des Hauses. Die Mutter legte Uwes Hand auf ein Geländer und stieg mit ihm eine breite Steintreppe hinauf bis zu der großen Eingangstür, durch die sie das Gebäude betraten.
Eine ältere Frau kam strahlend auf die Besucher zu. „Sie sind bestimmt Familie Jäger. Kommen Sie bitte herein. Ich bin Frau Möllenberger.“ Sie führte die Neuankömmlinge in ihr Dienstzimmer. „Nehmen Sie doch Platz.“
Die Eltern setzten sich mit Uwe auf ein großes Sofa, während die Kindergärtnerin gegenüber der Familie an ihrem Schreibtisch Platz nahm. Prüfend schaute sie Uwe an. In ihrem Beruf hatte sie gelernt, Kinder einzuschätzen, und sie sah gleich, dass der Kleine es nicht leicht haben würde. Er machte auf Frau Möllenberger einen äußerst sensiblen Eindruck. Im Gruppenbuch stand über ihn, dass er mehrmals im Krankenhaus, also oft von zu Hause fort gewesen war. Das würde sein zukünftiges Leben im Internat nicht leicht machen. Er schien in sich gekehrt zu sein, und da war Fingerspitzengefühl gefragt.
Nach einer eingehenden Unterhaltung, in der auch die Formalitäten geklärt worden waren, drängte Herr Jäger zum Aufbruch. Leise begann Uwe zu weinen. Frau Jäger nahm ihn fest in ihre Arme. Diesmal war es nicht die Trennung, sondern das Heimweh des Jungen, das sie so anrührte. Wie hätte sie ihr fünfjähriges Kind richtig auf diesen Moment vorbereiten sollen?
Langsam gingen alle zum Auto. Herr Jäger drückte seinen Sohn zum Abschied fest an sich. Dann stieg er mit seiner Frau in den Trabant und fuhr langsam davon.
Mit Tränen in den Augen stand Uwe da. Dies war der Beginn eines neuen Lebens.
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