Halb durchsichtig und glitzernd, sobald Licht darauf fiel.
Einfach – ich holte angespannt Luft – umwerfend.
Was machte ich nur mit den Flecken? Mein Abdeckpuder würde nicht helfen. Ich müsste in dem Zeug baden, damit die Dinger auch nur ansatzweise verdeckt wären. Ich seufzte Augen rollend. Wieso erfand niemand etwas gegen solche Peinlichkeiten? Vielleicht würde Zahnpasta helfen. Irgendwo hatte ich das mal gelesen. Einen Versuch war es wert, obwohl es ziemlich eklig war. Ich verbrauchte eine ganze Tube davon, zog mein Pyjamaoberteil darüber und ging ins Bett.
Ich blöde Kuh hätte sofort danach schauen sollen.
Stattdessen hatte ich mir nochmal Devereaux’ Grundstücksriss angesehen. Das Hineinkommen war jetzt, nachdem Wiesel mir die guten Neuigkeiten durchgegeben hatte, das reinste Kinderspiel. Natürlich hatte ich mir – gleich nach dem Verlassen von Mister Knutschfleck-Desasters Haus – das Anwesen auch vor Ort betrachtet, obwohl Wiesels Recherchen sehr präzise waren. Ich wusste, wie ich morgen reinkäme, wann, was ich holen konnte, wo ich es fand und wie ich wieder rauskäme.
Ein Klacks.
Sofern ich das Mittagessen mit Alan überlebte.
Ich war schon kurz vor sieben aus dem Bett gekrochen. Nicht, weil ich munter war, sondern weil mich die eingetrocknete Zahnpaste auf Hals und Dekolleté in den Wahnsinn trieb. Ich hatte geduscht, mich angezogen, mir Kaffee gemacht. Laura angerufen, sie eine halbe Stunde lang von der Arbeit abgehalten und es mir dann vor dem Fernseher bequem gemacht. Inzwischen war es kurz nach zehn, ich war nicht sonderlich guter Laune und weiß Gott hundemüde. Trotzdem schleppte ich mich zurück in mein Zimmerchen und zog mich um. An allem war nur Alan schuld.
Dieser… eingebildete… Lackaffe!
Ich zählte die Tage, bis ich ihn endlich los wäre. Zumindest als meinen nicht ganz freiwilligen Partner. Ein größeres Problem stellte meine ebenso unfreiwillige Rudelzugehörigkeit dar. Aber da ich bis jetzt nichts dafür hatte tun müssen, wäre es vielleicht gar nicht so schlimm. Abgesehen davon dass ich Alan als Alpha zu akzeptieren hatte.
Rein theoretisch!
Unglücklich sah ich in den Spiegel. Ein Anblick zum Heulen. Das Kleid passte. Wie angegossen. Ich sah darin sogar sexy aus. Abgesehen von allem, was oberhalb des Kleides lag. Und damit meinte ich nicht mein Gesicht. Das Abdeckpuder, was ich aus dem hintersten Winkel des Spiegelschranks gekramt hatte, war ein Reinfall. Wenigstens fand ich ein Tuch, was ich mir um die Schulter drapieren konnte. Somit war wenigstens ein Teil der Abscheulichkeit nicht mehr zu sehen. Rasch schlüpfte ich in meinen Wollmantel, zog die Pumps an, die Alan ebenfalls besorgt hatte und schaute zum wiederholten Mal aus dem Fenster. Da auch heute das Wetter einen Vorgeschmack auf den Winter lieferte, hatte ich mir für halb elf ein Taxi bestellt.
Es war halb.
Aber weit und breit kein Taxi in Sicht.
Endlich, zehn Minuten später, kam das gelbe Fahrzeug in Sichtweite. Ein letztes Mal flitzte ich ins Bad, spritzte mir noch ein wenig mehr des Parfums, dass ich eigentlich nicht tragen sollte, auf und eilte nach draußen. Chris hatte ich einen Zettel hingelegt, obwohl ich nicht glaubte, dass es ihn interessierte, wann ich heimkam oder ob ich überhaupt ausging.
Ich hatte nicht erwartet, dass es dem Taxi verboten sein könnte auf Alans Anwesen zu fahren. Aber es war so. Tja, also musste ich bis vor die Tür laufen.
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mir alles abfror.
Wenigstens sahen mich die beiden Wachmänner mitleidig an. Durch deren gemurmelte Entschuldigung wurde mir nicht wärmer, aber sie konnten sich schließlich auch nicht gegen die Anweisungen ihres Chefs durchsetzen. Ich war froh, dass Sven mich bereits an der Tür erwartete. „Samantha, um Gottes Willen, Sie sind ja halb erfroren!“ Pflichtbewusst wie Sven nun mal war, holte er mir eine Decke, die er um meine Schultern hängte, nachdem er mir aus dem Mantel geholfen hatte. „Alan erwartet Sie bereits.“ Mit einem Nicken wies er auf eine Tür, die sich in diesem Moment öffnete. Alan winkte mich zu sich. Missbilligend betrachtete er die Decke, bevor er Kopf schüttelnd seufzte und etwas murmelte, dass wir Menschen zu empfindlich seien.
Pah! Der hatte gut reden.
Er saß in einem warmen Zimmer, mit langen Hosen, langärmeligen Hemd, einer Weste und einem Sakko. Er konnte sich wirklich nicht beklagen.
Seine Nasenflügel blähten sich und er funkelte mich – wieder mal – wütend an. Würde ich darüber eine Strichliste führen, wäre meine Hand schon nach zwei Stunden taub und ein ganzer Schreibblock aufgebraucht. In einem zuckersüßen Tonfall teilte er mir mit, dass ich mich seinen Anweisungen widersetzte. Mit einem Lächeln, was sämtliche Alarmglocken in mir schrillen ließ, nahm er das Telefon, drehte sich mit dem Rücken zu mir und führte ein sehr kurzes Gespräch. Vermutlich in Italienisch. Aber was wusste ich schon.
So wie er aufgelegt hatte, drehte er sich wieder zu mir, legte den Kopf schief, verschränkte seine Arme und trommelte mit den Fingern auf seinen Bizeps. „Was soll ich nur mit dir tun, hm? Ich sage dir, benutz das Parfum nicht und du trägst es trotzdem.“ Er schien die Ruhe selbst zu sein. Aber meine Alarmglocken bimmelten sich nicht umsonst halb zu Tode.
„Ach Mist, das hab ich ganz vergessen.“, log ich hoffentlich überzeugend. „Vergessen?“ Ich nickte schnell, weil ihn das zu besänftigen schien. „Nun, das nächste Mal wirst du es nicht vergessen, nicht wahr?“ Na aber sicher doch! „Ja.“, murmelte ich. Mit seiner rauchig, samtigen Stimme fuhr er fort. „Nimm die Decke weg.“ Das tat ich, denn hier war es wirklich angenehm warm. „Warum trägst du dieses Tuch? Nimm es ab.“ Ich riss entsetzt meine Augen auf; kam seinem Befehl jedoch nach.
Hätte ich geahnt, was er vorhatte, wäre ich aus dem Zimmer gestürmt. Aber ich ignorierte meine innere Stimme. „Sehr schön. Und nun das Kleid.“
„Wie bitte?“
„Das Kleid. Zieh es aus.“
„Ich denke nicht dran. Bist du bescheuert?“ Er grinste, kam auf mich zu, umfasste meine Taille und warf mich über seine Schulter. „Wie du willst.“ Ich zappelte und kreischte, wofür ich mir einen deftigen Klaps auf den Po einfing. „Autsch! Lass mich runter, du Halbaffe!“, brüllte ich, was mir einen weiteren Schlag einbrachte.
Das würde er mir büßen.
Ich krallte meine Nägel in seinen Hintern, woraufhin er knurrte. Allerdings ließ er sich dadurch überhaupt nicht von seinem Vorhaben abbringen. Wenig später stand ich wieder auf meinen Füßen.
In seinem Bad.
„Zieh dich aus. Unter die Dusche mit dir.“, fauchte er. „Erst, wenn du raus gehst.“ Wieder grinste er. „Ich denke nicht dran. Es soll dir eine Lehre sein.“ Entschlossen schüttelte ich den Kopf. „Auf gar keinen Fall!“
Eine viertel Stunde später war ich fertig. Er war tatsächlich aus dem Bad gegangen, obwohl ich mir sicher war, dass er nichts lieber getan hätte als mich zu demütigen. „Mein Tuch.“, bat ich ihn zerknirscht, was er rigoros ablehnte. „Du gehörst zu mir. Es wird erwartet, dass ich dich kennzeichne.“
Wütend kniff ich die Lippen zusammen und huschte in meinen Mantel, den er bereits geholt hatte. „Das nächste Mal werde ich dich schrubben. Persönlich. Vergiss das nicht!“, zischte er. Oh, das würde ich nicht. Aber ich würde auch nicht unbedingt das tun, was er von mir erwartete. Wenn er dachte, dass er mich eingeschüchtert hatte, war er schief gewickelt.
Ich war lediglich stinksauer!
Kurz nach fünf hatte ich mit einem Taxi sein Anwesen verlassen, auch wenn er darauf bestand, mich zu fahren. Hah, damit er wusste, wo ich untergeschlüpft war?
Auf gar keinen beschissenen Fall!
Gott war ich froh, dass ich nicht Alans echte Freundin war.
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